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Aphoristischer Kommentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft (1. Auflage)


Vorrede



Die Vernunft muss Fragen, die sie nicht beantworten kann, beantworten, weil sie von ihr selbst handeln.

Deshalb erfindet sie falsche Grundätze, die ihre Erfahrung übersteigen.
Sie kann nur erkennen, dass es Irrtümer sind, aber nicht, welche, weil sie die Erfahrung schon abgelehnt hat
Deshalb wird über diese Grundsätze gestritten, ohne zu erkennen - das ist Metaphysik

Metaphysik war die Königin der Wissenschaften, jetzt wird sie verachtet.
Sie herrschte zunächst durch uneiniges Dogma.
Locke versuchte, sie aus der Erfahrung zu begründen, scheiterte aber damit.
Viele tun nun so, dass Metaphysik ihnen gleichgültig ist, da sie nicht vorrankommt.

Aber Metaphysik kann einem nicht gleichgültig sein, da ihr Gegenstand die Vernunft selbst ist.
Wer sagt, dass Metaphysik ihm gleichgültig ist, greift trotzdem auf sie zurück
Diese Gleichgültigkeit ist kein Zeichen von Leichtsinn, sondern eins von Erkenntnis, dass man von den falschen Grundsätzen nicht betrogen werden will.
Um nun der Vernunft die Selbsterkenntnis zurückzugeben, muss sie die Metaphysik, also die Selbsterkenntnis aus ewigen und unveränderlichen Prinzipien ableiten.
Die Grundlage der Prinzipien ist die Kritik der reinen Vernunft, daraus folgt die Eingrenzung der Metaphysik selbst.

Hierdurch werden alle Irtümer beseitigt und alle Fragen beantwortet.
Denn diese reine Vernunft muss alle Fragen, die sie sich stellt, einordnen können, ansonsten ist sie nicht zuverlässig.
Das ist auch möglich, da die Vernunft im Gegensatz zur Metaphysik in unserer Reichweite liegt.

Gewissheit wird erreicht, indem keine Hypothese in der Argumentation verbleibt.
Ob das erreicht ist, sei dem Leser überlassen.

Die aufwendigste und wichtigste Betrachtung ist die Deduktion der reinen Verstandesbegriffe.
Sie besteht aus der Erklärung, warum die Begriffe des Verstandes a priori richtig sind.
Sie enthält aber auch die Erklärung, wie der Verstand überhaupt denkbar ist.

Der Inhalt ist logisch deutlich, nicht unbedingt aber intuitiv.
Denn der Inhalt wird dadurch deutlich, dass er nicht deutlich gemacht ist.
Denn gewollte Deutlichkeit hilft nur im Teil, verhindert aber eine Übersicht im ganzen.

Die Metaphysik ist also die einzige Wissenschaft, die bald vollendet ist.
Sie erklärt alle Begriffe der reinen Vernunft notwendigerweise vollständig.
Dieses System wird Metaphysik der Natur heißen, ist aber noch nicht Teil der Kritik, die erst die Grenzen der Metaphysik zeigen soll.
Während über die Kritik zu richten ist, ist das System mitaufzubauen, bis es vollkommen ist.



Einleitung



Idee der Transszendentalphilosophie


Erfahrung ist das erste Produkt des Verstandes. Sie ist unerschöpflich.
Aber Erfahrung zeigt nur, was ist, aber nicht, dass es so sein muss.
Erkenntnisse, dass etwas so sein muss, heißen a priori und sind unabhängig von Erfahrung. Dagegen heißen Erkenntnisse durch Erfahrung a posteriori.

Doch auch in der Erfahrung gibt es Erkenntnisse, die a priori feststehen, da wir glauben, mehr sagen zu können, als wir erfahren.

Bestimmte Erkenntnisse verlassen sogar jede Erfahrung
Sie schaffen Begriffe, die sich nicht in der Erfahrung finden, und erweitern dadurch anscheinend unsere Urteile

Dieser Art ist auch die Kritik der reinen Vernunft. Sie ist so wichtig, dass wir auch das Risiko des größten Irrums eingehen anstatt aufzugeben

Hierbei ist es wichtig zu fragen, wie man zu den Erkenntnissen a priori gelangt und welchen Umfang, Wert und Gültigkeit sie besitzen.
Aber der Reiz der Erweiterung ist so groß, dass man zuerst das System fertig macht, bevor man prüft, ob es überhaupt eine sinnvolle Grundlage hat
Man kann nämlich nur durch einen klaren Widerspruch darauf stoßen, dass die Grundlage fehlt, der aber kann vermieden werden.
Denn man wird getäuscht durch die Mathematik, und überträgt den Erfolg der Mathematik auf den Erfolg aller Wissenschaft a priori (so wie Platon)
Der größte Teil des Denkens besteht darin, unsere Begriffe zu zergliedern und dadurch Erkenntnisse zu sammeln, die in den Begriffen schon vorhanden waren.
Das sind wirkliche Erkenntnisse a priori, und da sie so we neue Einsichten geschätzt werden, erschleicht sich die Vernunft Sicherheit auch in anderen Bereichen.
Sie hält alle Vorsicht beim Bau eines Systems fern und täuscht Gründlichkeit vor, ohne das die Vernuft es merkt.

Urteile der Form „A ist B“ sind auf zwei Arten möglich:
Wenn B im Begriff A schon enthalten ist, heißt das Urteil analytisch
Wenn B aber nicht im Begriff A schon enthalten ist, so heißt das Urteil synthetisch.
Durch analytische Urteile wird unsere Erkenntnis nicht erweitert, nur verständlich gemacht.
Synthetische Urteile erweitern unsere Erkenntnis. Dafür braucht der Verstand aber einen anderen Gegenstand X.

Bei Urteilen a posteriori ist X die ganze Erfahrung, darin ist sowohl A als auch B enthalten.

Zu synthetischen Urteilen a priori gibt es aber keine Erfahrung, also stellt sich die Frage, was das X ist.
Diese Frage muss umfassend beantwortet werden, um die Verstandeserkenntnis selbst zu sichern und zu bestimmen

Die Aufzählung von Prinzipien, die zu allen synthetischen Erkenntnissen a priori führen können, würde ein Organon der reinen Vernunft bilden
Die Anwendung dieses Organons auf alle Begriffe würde zu einem vollständigem System der reinen Vernunft führen.
Nun ist die Frage, ob das möglich ist. Hieraus ergibt sich eine Wissenschaft, die die gefundenen Regeln nur beurteilt, nicht aufstellt.
Sie ist nur eine Kritik der reinen Vernunft, da sie nur negative Erkenntnis bringt, indem sie alle Irrtümer fernhält.

Erkenntnis heißt transszendental, wenn sie sich nicht mit Gegenständen, sondern mit ihren Begriffen a priori von Gegenständen beschäftigt.
Ein System solcher Begriffe wäre also eine Transszendental-Philosopie.
Dieses System würde analytische und synthetische Erkenntnisse beinhalten, hier beschäftigen wir uns aber nur mit den synthetischen.
Und auch bei den synthetischen geht es hier nur darum, welche Erkenntnis a priori überhaupt möglich ist.
Aus dieser transszendentalen Kritik wird sich irgendwann ein Organon oder blos ein Kanon der Vernunft entwickeln, daraus später ein vollständiges System.
Dieses System ist möglich, da es nicht um die Natur der Dinge, sondern nur um das Denken an sich geht.


Einteilung der Transszendentalphilosophie


Die Kritik der reinen Vernunft liefert den Plan für die Transszendentalphilosophie.
Sie ist sie aber noch nicht selbst, da sie die analytischen Urteile und die analytisch gewonnen Begriffe noch nicht enthält
Sie liefert aber die Prinzipien der Synthese, aus denen alles weitere hergeleitet werden kann.
Damit macht sie die Transszendentalphilosophie aus, ist ihre Idee, aber sie noch nicht selbst.

Da sich die Transszendentalphilosophie nur auf die Erkenntnisse a priori bezieht, beschäftigt sie sich nicht mit Moral oder praktischer Erkenntnis

Sie muss eine Elementar- und eine Methodenlehre der reinen Vernunft enthalten
Es gibt zwei Arten menschlicher Erkenntnis: Sinnlichkeit und Verstand
Durch Sinnlichkeit werden uns die Gegenstände gegeben. durch Verstand werden sie gedacht.
Die Bedingungen der Sinnlichkeit liegen vor denen des Verstandes, sie bildet den ersten Teil der Elementarlehre als transszendentale Sinnenlehre



I - Transszendentale Elementarlehre



Erster Teil: Die transszendentale Ästhetik



Alles Denken bezieht sich auf Anschauung.
Anschauung findet nur dann statt, wenn ein Gegenstand dem Denken gegeben ist.
Gegenstände aber sind nur dann gegeben, wenn sie das Gemüt beeinflussen.
Die Fähigkeit, von den Gegenständen beieinflusst zu werden, heißt Sinnlichkeit
Also muss sich alles Denken auf Sinnlichkeit beziehen.

Die Wirkung eines Gegenstands auf die Vorstellungskraft ist Empfindung.
Anschauung, die sich durch Empfindung auf etwas bezieht, heißt empirisch
Der unbestimmte Gegenstand einer solchen Anschauung heißt Erscheinung.

Die Materie der Erscheinung ist das, was mit der Empfindung zusammenhängt
Die Form der Erscheinung bewirkt, dass das Mannigfaltige der Erscheinung geordnet angeschaut wird (ist also die Ordnung selbst)
Der Ort vom Ordnungsprozess und von der Formung der Empfindungen ist nicht selbst Empfindung.
Also ist Materie von allen Erscheinungen a posteriori gegeben
Ihre Form ist aber a priori im Gemüt vorhanden, sodass man sie auch ohne jede Empfindung betrachten kann.

Vorstellungen sind rein, wenn sie nichts mit Empfindung gemeinsam haben.
Die reine (= empfindungsfreie) Form von sinnlichen Anschauungen liegt a priori im Gemüt.
Diese reine Form von Sinnlichkeit heißt reine Anschauung.
Zur reinen Anschaung eines Körpers gehören Ausdehnung und Gestalt.

Die Wissenschaft der Prinzipien der Sinnlichkeit a priori heißt transszendentale Ästhetik
Sie macht den ersten Teil der transszendentalen Elementarlehre aus.
Sie steht im Gegensatz zur transszendentalen Logik, die die Prinzipien des reinen Denkens enthält.

Vom Denken wird also zunächst alles weggenommen, was durch Begriffe des Verstands hinzukommt.
Dann wird alles, was zur Empfindung gehört, weggenommen.
Übrig bleibt reine Anschauung und blose Form, das Ergebnis der Sinnlichkeit a priori.
Es wird herauskommen, dass es zwei reinen Formen der sinnlichen Anschaung gibt, Raum und Zeit.


Erster Abschnitt. Vom Raum.


Wir stellen uns Gegenstände im Raum vor, wo Gestalt, Größe und Verhältniss bestimmbar sind. Das ist der äußere Sinn, ein Teil des Gemüts.
Der innere Sinn, durch den sich das Gemüt selbst betrachtet, liefert dagegen keine Anschauung als Objekt.
Trotzdem hat das Gemüt eine Form, sonst könnte es sich selbst nicht betrachten. So werden alle inneren Bestimmungen zeitlich gedacht.

Man kann Raum und Zeit nicht von aussen ansehen.
Es stellt sich also die Frage, ob es Raum und Zeit wirklich gibt.
Drei Möglichkeiten gibt es:
1. Raum und Zeit sind wirkliche Wesen;
2. Raum und Zeit sind nur Bestimmungen der Dinge, aber kommen ihnen auch ohne Anschauung zu;
3. Raum und Zeit existieren nur in der Anschauung, im Subjekt
Dazu betrachten wir zunächst den Raum:

1. Die Vorstellung vom Raum ist notwendig, um äußere Dinge zu erfahren
Also liegt die Vorstellung eines Raums vor jeder Erfahrung, ist also kein empirischer Begriff.

2. Der Raum ist eine notwendige Vorstellung a priori.
Man kann nicht denken, dass kein Raum ist, er kann höchstens leer sein.

3. Deshalb ist die Geometrie absolut wahr.
Wäre nämlich der Raum ein empirischer Begriff, so wäre es auch die Geometrie empirisch.
Damit wäre sie aber nicht gewiss, sondern nur wahrscheinlich

4. Der Raum ist einig. Verschiedene Räume sind immer Teile des einen Raumes.
Also geht der Raum seinen Teilen vorraus, desshalb ist er auch kein Begriff über die Verhältnisse der Dinge
Damit ist die Anschaung des Raumes a priori gegeben und liegt allen räumlichen Begriffen zu Grunde.

5. Der Raum ist unendlich. Er bestimmt keine Größenverhältnisse
Nur durch die unbegrenzte Anschauung werden Verhältnisse unendlich.

Daraus folgt:

a) Der Raum setzt keine Eigenschaften oder Beziehungen anderer Dinge vorraus, auch keine objektiven.
Denn Dinge können keine Eigenschaften haben, bevor sie da sind.

b) Der Raum ist die Form der äußeren Erscheinungen.
Als solche ist er die subjektive Bedingung für Sinnlichkeit, damit für alle äußeren Anschauungen.
Da die Sinnlichkeit vor der Wahrnehmung liegt, liegt der Raum als Form aller Erscheinungen vor allen Wahrnehmungen.
Damit ist der Raum eine Vorstellung a priori, die alle Gegenstände bestimmt und Prinzipien über ihre Verhältnisse enthält.

Der Raum ist eine subjektive Vorstellung.
Wenn es nämlich kein Subjekt gibt, dass durch Gegenstände beeinflusst wird, gibt es keine Sinnlichkeit.
Dann aber bedeutet der Raum nichts. Es gibt also nur insofern Raum, als uns Dinge sinnlich erscheinen.
Diese Sinnlichkeit ist aber notwendig, damit uns Gegenstände als außer uns erscheinen, damit also ist auch der Raum notwendig.
Die Eigenschaften der Sinnlichkeit übertragen sich aber nur auf die Erscheinungen der Dinge, nicht auf die Dinge selbst.
Der Raum umfasst also nur Dinge, die uns erscheinen, nicht aber alle Dinge an sich.
Wir können schließlich nicht beurteilen, ob andere denkende Wesen dieselben Einschränkungen in den Sinnen haben.
Ein Urteil a posteriori wird damit nur dann richtig, wenn man die Objekte auf die wahrnehmbaren einschränkt.
Damit ist der Raum real in Bezug zu allem, was uns erscheinen kann, aber nichtig im Idealen, im reinen Denken ohne empirische Anschauung.
Diese Nichtigkeit heißt die Idealität des Raums (im Unterschied zur Realität).

Der Raum ist die einzige subjektive Vorstellung, die sich auf was äußeres bezieht und a priori und objektiv ist.
Denn er ist die Vorraussetzung äußerer Objekte, gehört damit auch notwendigerweise zu ihrer Erscheinung und Anschauung.
Alle anderen Begriffe der Dinge sind aber immer durch Wahrnehmung, Sinne und Gefühl gestützt, sie sind immer a posteriori und subjektiv.
Wenn wir nun aber andere Begriffe für objektiv halten, dann begehen wir einen Fehlschluss, die Subreption der Empfindung.
Dagegen ist der Raum a priori und objektiv, da durch ihn erst äußere Gegenstände möglich sind.

Die Erscheinungen der Gegenstände sind nicht die Dinge an sich. Die Dinge an sich sind uns nämlich völlig unbekannt.
Alles, was wir äußere Gegegenstände nennen, sind Vorstellungen unserer Sinnlichkeit.
Ihre Form ist der Raum, sie an sich sind aber unbekannt. Die Dinge an sich sind aber auch gar kein Gegenstand der Erfahrung.


Zweiter Abschnitt. Von der Zeit.


1. Zeit ist kein empirischer Begriff.
Denn ohne die Vorstellung von Zeit a priori kann man nicht erkennen, was gleichzeitig ist und was es nicht ist.

2. Die Zeit ist eine notwendige Vorstellung. Sie ist Grundlage aller Anschauungen.
Damit ist die Zeit a priori gegeben, und nur in ihr ist Wirklichkeit von Erscheinungen möglich. Sie muss da sein, auch wenn die Erscheinungen fehlen.

3. Verschiedene Zeiten sind nicht zugleich, sondern nacheinander. So wie der Raum einig ist, so ist die Zeit zertrennt.
Das ist so gewiss wie die Sätze der Geometrie, weil Zeit a priori ist und kein empirischer Begriff.
Nur durch solche Regeln ist Erfahrung überhaupt möglich.

4. Die Zeit ist eine reine Form der sinnlichen Anschauungen.
Denn verschiedene Zeiten sind nur Teile derselben Zeit.
Dann aber muss die Zeit ein Gegenstand sein, da es nur eine Zeit gibt, ihre Vorstellung ist also reine Anschauung.
Der Satz, dass verschiedene Teile der Zeit nicht zugleich sind, ist ein synthetischer. Er ist also Teil der Anschauung der Zeit, nicht nur aus Begriffen.

5. Die Zeit ist unendlich. Das bedeutet, dass Zeit keine absolute Größe hat, also muss die Zeit insgesamt uneingeschränkt sein.
Wenn aber die Zeit nur durch Begriffe gegeben wäre, so wäre sie zusammengesetzt aus Teilen.
Da aber die Teile keine absolute Größe haben, sie nur durch Einschränkung bestimmt sind, muss Zeit auf unmittelbarer Anschauung basieren

Daraus folgt:

a) Die Zeit existiert nicht selbst und ist auch keine Eigenschaft der Dinge.
Denn wenn sie selbst existiert, ist sie, auch wenn es nichts gibt.
Und wenn sie eine Eigenschaft der Dinge wäre, könnte sie nicht vor ihnen liegen, also nicht a priori erkannt werden.
Also ist die Zeit die subjektive Bedingung, unter der Anschauung stattfinden kann, denn nur so ist sie a priori

b) Zeit ist die Form des inneren Sinnes. Denn sie bestimmt keine äußeren Erscheinungen, nur unsere Vorstellungen
Diese Anschauung hat keine Gestalt. So geben wir vor, die Zeit sei eine Linie.
Wir denken, dass die Linie die Zeit darstellt, mit dem Unterschied, dass die Teile der Linie zugleich, die der Zeit aber nacheinander sind.
So ist auch klar, dass die Zeit reine Anschauung ist, so wie auch die Linie

c) Die Zeit ist die Grundlage a priori aller Erscheinungen.
Denn alle Vorstellungen sind Bestimmungen des Gemüts. Damit gehören sie zum inneren Zustand.
Da die Anschauung dieses Zustands aber die Zeit benötigt, ist die Zeit die Grundlage aller Erscheinungen, innerer und äußerer.
So wie alle äußeren Erscheinungen im Raum sind, so sind alle Erscheinungen überhaupt in der Zeit.

Die Zeit ist an sich nichts. Sie ist nur objektiv in den Erscheinungen.
Sie ist lediglich die subjektive Bedingung der Erscheinungen.
Aber in diesen Erscheinungen ist sie notwendig objektiv.
Also sind alle Dinge nur als Erscheinungen in der Zeit, da Dinge an sich von jeder Anschauung abstrahiert sind.

Damit ist die Zeit objektiv real im Bezug auf alle Dinge, die sinnlich erfahrbar sind.
Da aber alle Anschauung sinnlich ist, ist jeder Gegenstand zeitlich.
Aber sie ist nicht absolut real, da sie sonst eine Eigenschaft der Dinge wäre.
Aber durch Sinne erfassen wir nie die Eigenschaften der Dinge an sich.
Also ist sie nichts, wenn man vom Subjekt und seiner Anschauung abstrahiert.
Erneut heißt hier die Nichtigkeit die Idealität der Zeit (im Unterschied zur Realität).

Diese Idealität unterscheidet sich von den Subreptionen der Empfindungen, ebenso wie die Idealität des Raums.
Denn in denen muss die Erscheinung objektiv real sein. Das fällt hier aber weg, zumindest wenn der Gegenstand sich von seiner Erscheinung unterscheidet.
Wenn man aber den Gegenstand nur als Erscheinung ansieht, dann ist auch die Erscheinung objektiv real.

Es ergibt sich nun natürlicherweise folgender Einwand gegen diese Theorie der Zeit:
Veränderungen sind wirklich. Sie sind aber nur in der Zeit möglich. Also ist die Zeit selbst wirklich und existiert.
Das stimmt, aber nur in meiner eigenen Anschauung. Zeit ist wirklich als die Form der inneren Anschauung.
Damit ist sie aber nur die Vorstellungsart von mir selbst.
Wenn mich aber ein Wesen ohne Sinnlichkeit anschaut, dann sieht es keine Zeit, keine Veränderung.
Damit aber kann die Zeit nichts anderes sein, als die Art, wie wir uns uns selbst vorstellen.
Nur weil unsere Vorstellungen einander folgen, tun das nicht auch die Dinge.
Damit gilt: Zeit hängt nicht an den Dingen, Zeit hängt am Subjekt.

Dieser Einwand taucht deswegen immer wieder auf, da man die Existenz der Welt leugnen kann, nicht aber die des Subjekts.
Aber auch das Subjekt ist nur eine Erscheinung, obwohl die Vorstellung natürlich existiert.
Für Erscheinungen aber ist die Sache selbst und ihre Form unterschiedlich.
Die Sache selbst anzuschauen ist schwierig, die Form aber wird im Subjekt gesucht, ist aber immer ein wirklicher Teil der Erscheinung.

Raum und Zeit sind also grundlegende Erkenntnisquellen.
Aus ihnen kann synthetische Erkenntnis a priori gewonnen werden, so etwa in der Mathematik die Erkenntniss vom Raum
Aber diese Erkenntnis richtet sich nur auf die Erscheinungen, nicht auf die Dinge an sich.
Geht man über die Erscheinungen hinaus, bleiben sie nicht objektiv.
Das ändert aber nichts daran, ob die Erkenntnisse aus Erfahrung sicher sind.
Denn die Erfahrung ist genauso sicher, egal ob es Raum und Zeit wirklich gibt oder nur in unserer Vorstellung.
Wenn man nun annimmt, dass Raum und Zeit in den Dingen sind, dann muss man annehmen, dass es sie gibt obwohl sie nichts wirkliches sind.
Nimmt man dagegen an, Raum und Zeit sind blose Abstraktionen aus Erfahrung, ist die Mathematik nicht mehr gewiss, da sie nur eingebildet ist.
Dann ist die wirkliche Erkenntnis von Raum und Zeit nicht ohne die natürlichen Einschränkungen möglich.
Aber in diesen Einschränkungen stimmt die Erfahrung mit der reinen Mathematik nicht zwangsläufig überein
Die erste Annahme ist verwirrend, die zweite streitet der Mathematik ab, richtig zu sein.
In unserer Theorie aber sind beide Probleme gelöst.

Außer Raum und Zeit gibt es keine Begriffe der transzendentalen Ästhetik.
Denn alle anderen Begriffe setzen Erfahrung voraus: etwa Bewegung das Bewegte, Veränderung das Veränderte und Seiende.


Allgemeine Anmerkungen zur transzendentalen Ästhetik


Wie ist Erkenntnis überhapt beschaffen? Das ist die Grundfrage der Ästhetik
Wir müssen unsere Sicht dazu zuerst erklären, damit keine Missverständnisse entstehen.

Anschauung ist die Vorstellung von Erscheinung.
Die Dinge, die wir sehen, sind nicht das an sich, wofür wir sie halten.
Ohne das Subjekt und ohne Subjektivität in den Sinnen haben die Dinge keine Verhältnisse, Raum und Zeit würden verschwinden,
Als Erscheinungen sind die Dinge nicht an sich, sondern nur in uns.

Wir wissen nichts von den Dingen an sich, nur von der Art, wie wir sie ansehen.
Sie ist nicht allgemeingültig sondern nur menschlich.
Raum und Zeit sind der reine Teil dieser Art, Empfindungen die Materie davon.
Sinnlichkeit ist a priori, Empfindung a posteriori.
Raum und Zeit sind notwendig ein Teil der Sinnlichkeit, Empfindungen sind nie notwendig.
Aber die Dinge an sich werden wir nie erkennen, nur unsere eigene Sinnlichkeit.

Sinnlichkeit ist keine undeutliche und unbewusste Erkenntnis der Dinge an sich.
So eine Idee macht die Ästhetik unnütz und leer.
Deutlichkeit ist ein logischer Begriff, der nichts mit dem Inhalt einer Vorstellung zu tun hat.
So ist eine Vorstellung wie das Recht, also die Moralität der Handlungen, keine Erscheinung.
Denn die allgemeine Vorstellung von Recht ist ebensowenig sinnlich wie die juristische, da sie sich auf die Handlungen selbst bezieht.
Recht kann nicht erscheinen.
Aber die Vorstellung vom Körper enthält keine Eigenschaft des Körpers selbst, nur seine Erscheinung und unsere Reaktion darauf (Sinnlichkeit).
Dadurch unterscheidet sich der Körper als Erscheinung massiv vom Ding selbst, da in ihm nur die Sinnlichkeit, nicht die Sache selbst erkannt werden kann.

Die Leibniz-Wolffische Philosophie hat daher Natur und Ursprung unserer Erkenntnis falsch betrachtet
Sie betrachtete nämlich den Unterschied der Sinnlichkeit vom Verstand blos als einen logischen Unterschied.
Aber dieser Unterschied ist transzendental und besteht nicht in der Deutlichkeit der Vorstellungen, sondern in ihrer grundlegenden Form
Durch Sinnlichkeit können die Dinge an sich überhaupt nicht sehen.
Ohne Sinnlichkeit besteht auch keine Erscheinung, denn Subjektivität ist die Form jeder Erscheinung.
Deswegen ist die Sinnlichkeit keine Undeutlichkeit, sondern Subjektivität.

Normalerweise wird zwischen wesentlichen und zufälligen Eigenschaften einer Anschauung unterschieden.
Dann glaubt man, dass die wesentlichen Eigenschaften auch Eigenschaften der Dinge an sich sind, die zufälligen aber nur welche der Erscheinung der Dinge.
Dieser Unterschied ist aber nur empirisch. Bleibt man bei diesem Irrtum stehen und glaubt die Dinge selbst in ihren Erscheinungen zu sehen, ist der transzendentale Unterschied verloren.
So sehen wir den Regenbogen als Erscheinung vom Regen, den Regen als Sache selbst an.
Das ist auch richtig, wenn wir den Regen nur als etwas verstehen, was in der Erfahrung immer sinnlich ist.
Denn auch dem Regen geht eine Sache an sich vorraus, da er selbst Erscheinung ist.
Die Gestalt der Regentropfen, auch der Raum, durch den sie fallen, ist nichts an sich, sondern nur Teile unserer Sinnlichkeit.
Die Beziehung der Vorstellung auf den Gegenstand ist transzendental. So bleiben uns die Dinge an sich immer unbekannt.


Jetzt, wo die Position klar ist, muss gezeigt werden, dass sie unzweifelhaft richtig ist. Hierzu nehmen wir einen Fall, wo es offensichtlich wird:

Nehmen wir an, Raum und Zeit sind die Vorraussetzung von den Dingen selbst.
Dann werden a priorische, apodiktisch und synthetische Sätze von ihnen abgeleitet. Das sind besonders die Sätze der Geometrie.
Nun gilt es auch umgekehrt, wenn also die Geometrie a priori wahr und allgemeingültig ist, sind Raum und Zeit Vorraussetzungen der Dinge selbst:

Die Sätze der Geometrie sind synthetisch und a priori.
Bei synthetischen Sätzen braucht man aber einen anderen Gegenstand X. Was ist hier dieses X?
Alle solchen X müssen Begriffe oder Anschauungen, a priori oder empirisch sein.
Die Sätze der Geometrie sind a priori richtig, also können sie sich nicht auf empirische Begriffe stützen.
Durch reine Begriffe kann aber nur analytische Erkenntnis gewonnen werden, keine synthetische. Also muss das X eine Anschauung sein.
Eine empirische Anschauung kann es aber nicht sein, denn die Geomtrie ist a priori richtig, also braucht man eine Anschauung a priori
Also liegt in uns die Fähigkeit, a priori anzuschauen, sie ist Bedingung der Anschauung selbst.
Wäre er nämlich an sich und bezöge sich nicht auf die Sinnlichkeit, könnte man seine Eigenschaften nicht erkennen.
Der Gegenstand wäre schon vor der Erkenntnis da, also könnte man nichts an sich erkennen.
Sind Raum und Zeit nicht die Bedingungen von Sinnlichkeit, gibt es auch keine synthetische Erkenntnis a priori.
Raum und Zeit sind also notwendige Bedingungen aller Erfahrung.
Sie sind nur subjektive Bedingungen der Anschauung, sie sind nur Grundlage der Erscheinungen, nicht der Dinge an sich.
Denn über die Form der Erscheinungen lässt sich viel sagen, aber nichts von den Dingen an sich.



Zweiter Teil: Die transzendentale Logik



Einleitung. Idee einer transzendentalen Logik


I. Von der Logik überhaupt


Erkenntnis kommt aus zwei Quellen: Sinnlichkeit und Verstand
Durch Sinnlichkeit wird ein Gegenstand gegeben, durch Begriffe wird die Vorstellung gedacht
Nur Anschauung und Begriffe zusammen ergeben Erkenntnis.
Sie sind empirisch, wenn in ihnen Empfindung vorhanden ist. Empfindung aber benötig die wirkliche Gegenwart eines Gegenstandes
Rein sind sie dann, wenn sie keine Empfindung, keine Materie enthalten, sondern nur reine Form.
Nur reine Anschauung und Begriffe sind a priori, empirische immer a posteriori

Die Fähigkeit, Anschauung zu erlagen, ist Sinnlichkeit. Die Spontaneität der Begriffe heißt Verstand.
Anschauung ist immer sinnlich, Gedanken immer im Verstand.
Keines der beiden ist besser. Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.
Deshalb müssen die Begriffe sinnlich und die Anschauungen verständlich werden.
Sie können sich nicht tauschen, sie sind beide notwendig.
Aber beide müssen unterschieden werden. Sie sind die beiden Arten von Vorstellung.
Deshalb unterscheiden wir Ästhetik und Logik.

Die Logik vom allgemeinen Verstand enthält die notwendigen Regeln des Denkens, die immer vom Verstand gebraucht werden egal über was gedacht wird
Die Logik vom besonderen Verstand enthält dagegen Regeln, wie man über besondere Gegenstände richtig denkt.
Die allgemeine Logik ist die Elementarlehre, die besondere ist Organon und Propädeutik der Wissenschaft.
Die besondere Logik ist das späteste Ergebnis der Vernunft, da man den Gegenstand gut kennen muss, um logische Regeln von ihm angeben zu können

Allgemeine Logik ist rein oder angewandt.
Die reine Logik abstrahiert von allen empirischen Umständen wie Sinne, Einbildung, Gedächnis, Gewohnheit, Neigung, Vorurteile.
Insgesamt also von allen Ursachen von Erkenntnis und Unterschiebung.
Die reine Logik muss das tun, denn man kann solche Ursachen ja nur aus Erfahrung kennen.
Also besteht die reine Logik aus apriorischen Prinzipien über den formalen Gebrauch der Vernunft, also unabhängig vom Inhalt (empirisch wie transzendental).
Damit bildet sie einen Kanon der Vernunft.
Die angewandte Logik dagegen achtet auf Umstände, wie sie in der Psychologie erkennbar sind.
Sie ist also empirisch, auch wenn sie auf alles angewandt werden kann
Damit ist sie kein Kanon der Vernunft, nur ein Reinigungsmittel (Kathartikon) vom Verstand.

Beide Teile müssen in der allgemeinen Logik klar getrennt werden.
Nur die reine Logik ist eigentlich Wissenschaft, obwohl sie kurz ist. Sie ist die schulgerechte Elementarlehre des Verstandes.
In ihr gelten zwei Prinzipien:

1) Sie abstrahiert von allem Inhalt und Gegenständen und beschäftigt sich nur mit der reinen Form des Denkens

2) Sie enthält nichts empirisches, nichts psychologisches.
Sie ist Doktrin, sie muss a priori vollständig gewiss sein.

Die angewandte Logik ist aber nicht die Anwendung der reinen Logik auf Beispiele.
Sie gibt Regeln an, wie der Verstand notwendigerweise unter konkreten Umständen gebraucht werden soll, die den Verstand hindern oder befördern.
Damit ist sie rein empirisch.
Ihre Themen sind etwa (Un-)Aufmerksamkeit, Irrtum, Zweifel, Skrupel, Überzeugung etc.
Die angewandte Logik verhält sich zur reinen wie die Tugendlehre zur reinen Moral.
Sie passt die Prinzipien an die Umstände der Pschologie an und bleibt immer empirisch.


II. Von der transzendentalen Logik


Die allgemeine Logik abstrahiert von allem Inhalt der Erkenntnis und betrachtet nur die reine Form des Denkens.
Es gibt reine und empirische Anschauungen, also könnte es auch reines und empirisches Denken geben.
Dann gibt es eine Logik, die nicht von allem Inhalt der Erkenntniß abstrahiert.
Denn die Logik, die nur die Regeln vom reinen Denken enthält, schließt empirische Erkenntnis aus.
Sie beschäftigt sich auch mit dem Ursprung unserer Erkenntnisse, wenn er nicht in den Gegenständen liegt
Die allgemeine Logik hat nichts mit dem Ursprung von Erkenntnis zu tun.
Sie betrachtet Vorstellungen nur nach den Gesetzen, nach welchen der Verstand sie braucht wenn er denkt.
Sie handelt nur von der Verstandesform. Dabei unterscheidet sie nicht zwischen apriorischen und empirischen Vorstellungen

Nicht jede Erkenntniß a priori heißt transzendental.
Sie muss dafür zeigen, dass bestimmte Vorstellungen a priori sind und a priori angewandt werden.
Diese Unterscheidung ist für den Rest wichtig.

Daher ist Raum und Geometrie a priori keine transzendentale Vorstellung.
Aber daß solche Vorstellungen nicht empirisch sind und wie sie sich trotzdem a priori auf empirische Gegenstände beziehen können, ist eine transzendentale Vorstellung.
Genauso wäre dann auch der Gebrauch eines Raums von Gegenständen transzendental. Wenn er aber auf Gegenstände der Sinne eingeschränkt ist, ist er empirisch.
Der Unterschied vom Transzendentalen und Empirischen gehört also nur zur Kritik von den Erkenntnisse und betrifft nicht die Beziehung zu ihrem Gegenstand.

Wir erwarten, dass es apriorische und nicht sinnliche Begriffe von Gegenständen geben kann.
So planen wir eine Wissenschaft vom reinen Verstand und von der Vernunfterkenntniss, durch die wir Gegenstände völlig a priori denken.
Sie bestimmt den Ursprung, Umfang und die Objektivität von solchen Erkenntnissen.
Sie heißt transzendentale Logik. Sie hat nur mit den Gesetzen des Verstandes und der rein apriorischen, nicht empirischen Vernunft zu tun.


III. Von der Einteilung der allgemeinen Logik in Analytik und Dialektik


Was ist Wahrheit? Mit der Frage bedrängte man die Logiker.
Sie erfanden Fehlschlüsse oder sie mussten zugeben, dass sie nichts wissen und ihre ganze Kunst nichtig ist.
Wahrheit bedeutet, Erkenntnis stimmt mit ihrem Gegenstand überein.
Aber man will wissen, wie man Wahrheit sicher erkennnen kann, mit einem allgemeinen Kriterium.

Klug ist, wer die richtigen Fragen stellt. Aber unnötige Fragen sind nicht nur beschämend.
Wer nämlich unnötige Fragen stellt, verleitet manche zu ungereimten Antworten.

Wenn Wahrheit Übereinstimmung mit dem Gegenstand ist, muss man die Gegenstände unterscheiden.
Denn Erkenntnis ist bei einer Sache falsch, auch wenn sie bei einer anderen richtig ist.
Ein allgemeines Kriterium aber wäre für alle Erkenntnisse richtig.
Wahrheit aber bezieht sich auf den Inhalt. Also gibt es kein allgemeines Kriterium der inhaltlichen Wahrheit.

Logik zeigt Kriterien der formalen Wahrheit, denn sie zeigt die Regeln des Vestands.
Was ihnen widerspricht, ist falsch, denn es widerspricht dem Verstand selbst.
Sie sind aber rein formal. Sie sind richtig, aber nicht hinreichend.
Die Erkenntnis kann inhaltlich falsch sein, obwohl sie allen formalen Regeln entspricht.
Solche Irrtümer kann die Logik nicht erkennen

Allgemeine Logik zerteilt die Form von Verstand und Vernunft in allgemeingültige Prinzipien. Das ist Analytik.
Sie ist ein notwendiges Kriterium von Wahrheit, denn man muss zuerst Erkenntniß formal prüfen, bevor man sie inhaltlich überprüft
Aber die Form sagt über den Inhalt nichts aus. Deshalb darf man nicht rein formal über den Inhalt urteilen
Man kann den Inhalt nur logisch überprüfen, nachdem man ihn woanders gesehen hat.
Aber es ist verleitend, alles wie reinen Verstand aussehen zu lassen. Denn auch wenn man inhaltlich nichts weiß, kann man dann etwas hervorbringen.
So wird die Logik, die nur beurteilt, zum Werkzeug und blendet. Damit wird sie missbraucht.
Diese allgemeine Logik als scheinbares Werkzeug heißt Dialektik

Der Name Dialektik wurde früher zwar auch anders verwendet, aber es ging immer um die Logik vom Schein, um Unwissenheit und Betrug zu verschleiern.
Das warnt uns, die allgemeine Logik ist als Werkzeug immer scheinbar, dialektisch.
Denn sie zeigt nur die formalen Bedingungen der Wahrheit und lässt allen Inhalt weg.
Damit kann man aber nichts neues lernen. Jede solche Behauptung ist Geschwätz, man könnte so alles behaupten oder anfechten.

Das ist der Philosophie nicht würdig.
Deshalb verstehen wir (wie auch andere) hier unter Dialektik die Kritik des dialektischen Scheins.


IV. Einleitung in die transzendentale Analytik und Dialektik


Die transzendentale Logik isoliert den Verstand so wie die Ästhetik die Sinnlichkeit. Dabei betrachtet man nur das Denken, was aus dem Verstand kommt.
Diese reine Erkenntns braucht Anschauung, die uns Gegenstände gibt, sonst ist sie völlig leer.
Die Elemente von reiner Verstandeserkenntnis und die notwendigen Prinzipien des Denkens zu suchen heißt transzendentale Analytik.
Sie ist eine Logik der Wahrheit. Was ihr widerspricht, ist inhaltslos und damit nicht mehr wahr.

Es ist aber sehr verlockend, nur diese reinen Erkenntnisse zu benutzen, auch über die Erfahrung hinaus. Aber nur Erfahrung kann uns Materie für die Begriffe liefern.
Damit ist der Verstand in Gefahr, formale Prinzipien als wirkliche zu sehen. Dann urteilt er über alle Gegenstände, obwohl er sie nicht erfahren hat oder das auch nicht kann.
Eigentlich beurteilt die transzendentale Logik nur das empirische Denken. Sie wird missbraucht, benutzt man sie als unbeschränktes Werkzeug.

Wenn man dann nur mit dem Verstand über Dinge urteilt, behauptet oder entscheidet, ist das dialektisch.
Der zweite Teil der transzendentalen Logik ist die transzendentale Dialektik. Sie ist die Kritik dieses dialektischen Scheins.
Sie ist keine Kunst, die Wahrheit erzeugt, sondern nur eine Kritik an der falschen Verwendung der Vernunft.
Damit deckt sie die Anmaßungen auf und schützt davor, solche hervorzubringen



Erste Abteilung. Die Transzendentale Analytik


Die Analytik ist die Aufteilung aller Erkenntnis a priori in Elemente vom reinen Verstand. Dabei gilt:
1. Die Begriffe sind rein, nicht empirisch.
2. Sie gehören nicht zur Anschauung sondern zum Verstand.
3. Sie sind Elementarbegriffe. Sie unterscheiden sich von abgeleiteten.
4. Sie sind vollständing. Sie füllen den reinen Verstand ganz.

Man kann die Vollständigkeit nicht empirisch annehmen, sondern nur verstehen mit einer Idee vom ganzen Verstand, aus der man dann die Begriffe als System herleitet.
Der reine Verstand ist nicht nur a priori, sondern auch völlig unsinnlich. Er ist beständig und kann nicht wachsen.
Der Inbegriff seiner Erkenntnis ist ein System. Die Vollständigkeit vom System zeigt auch die Richtigkeit und Echtheit von aller Erkenntniss, die da rein passt.

Dieser Teil der Logik besteht aus zwei Büchern: eines über Begriffe, eins über Grundsätze vom reinen Verstand


Erstes Buch. Die Analytik der Begriffe.


Analytik der Begriffe heißt nicht, sie zu zergliedern oder zu verdeutlichen.
Es heißt, das Verstandesvermögen selbst zu zergliedern. Dadurch erforschen wir verstandesmäßig die Möglichkeit von Begriffen a priori.
Der Rest ist die logische Untersuchung von Begriffen in der Philosophie überhaupt.
Wir suchen also die Grundlagen der reinen Begriffe im Verstand. Sie liegen dort, bis sie erfahren oder apriorisch erforscht werden.



Erstes Hauptstück. Vom Leitfaden der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe.


Durch Erkenntnisvermögen entstehen viele verschiedene Begriffe. Wir können nicht wissen, wo das endet.
Gelegentliche Begriffe sind in keinem System. Sie werden nur nach Ähnlichkeit und Komplexität geordnet. Diese Ordnung ist systematisch, wenn auch gezwungen.

Die Transzendentalphilosophie kann, muss aber auch ihre Begriffe prinzipiell begründen.
Denn sie kommen unvermischt aus dem einen Verstand. Sie müssen also durch Begriffe, durch Ideen zusammenhängen.
Ein solcher Zusammenhang bedingt eine Regel. Sie zeigt den Ort der reinen Verstandesbegriffe. Sie zeigt die Vollständigkeit des Systems.
Ohne eine solche Regel wäre das alles zufällig.


Erster Abschnitt. Vom logischen Verstandesgebrauch überhaupt.


Eben hieß es nur, der Verstand ist nichtsinnlich. Aber ohne Sinnlichkeit haben wir keine Anschauung. Damit gehört der Verstand nicht zur Anschauung
Neben Anschauung stehen nur die Begriffe als Erkenntnisquelle. Also ist die Erkenntnis des menschlichen Verstands begrifflich.
Anschauungen beruhen auf Affektionen, Begriffe auf Funktionen. Eine Funktion ist dabei das Ordnen von verschiedenen Vorstellungen unter einer.
Begriffe basieren auf der Spontaneität des Denken, so wie Anschauungen auf Beeinflussung durch Eindrücke.

Der Verstand kann mit Begriffen nur urteilen.
Denn nur Anschauung erkennt eine Sache unmittelbar. Also erkennen Begriffe eine Sache nur mittelbar, durch Anschauungen und weitere Begriffe
Ein Urteil ist also nur eine mittelbare Erkenntnis.

Im Urteil ist ein Begriff, der sich auf andere bezieht. Unter den Begriffen ist auch einer, der sich unmittelbar auf einen Gegenstand bezieht.
So etwa im Urteil, alle Körper sind teilbar. Das Teilbare bezieht sich auf Begriffe. Unter den Begriffen bezieht sich der Körper aber direkt auf Erscheinungen.
Damit werden die Gegenstände nur durch andere Begriffe im Urteil sichtbar. So bezieht sich hier die Teilbarkeit auf den Begriff vom Körper und erst der Körper wieder auf Dinge.
Urteile sind also Funktionen. Sie ordnen verschiedene Vorstellungen in einer abstrakteren zusammen. Damit werden viele verschiedene Erkenntnisse zusammen gewonnen.

Alle Handlungen des Verstandes sind letztlich Urteile. Also ist der Verstand das Vermögen zu urteilen.
Denken ist Erkentniss durch Begriffe Damit ist der das Vermögen zu denken.
Begriffe beziehen sich auf eine Vorstellung von unbestimmten Gegenständen.
Sie sind abstrakt, also sind sie Prädikate von möglichen Urteilen und erlauben es damit erst, den Gegenstand überhaupt zu erkennen.
Durch die Vorstellungen, die in Begriffen enthalten sind, beziehen sie sich auf Dinge. Nur dadurch sind sie Begriffe.

Ein Begriff ist also ein Prädikat von möglichen Urteilen.
Also lassen sich alle Funktionen von Verstand finden, wenn man die Abstraktionen in den Urteilen vollständig kennt.
Der nächste Absatz zeigt, dass das gut geht.


Zweiter Abschnitt. Von der logischen Funktion des Verstandes in Urteilen.


Es gibt vier Funktionen mit jeweils drei Momenten in der Form von Urteilen, abstrahiert vom Inhalt:

1. Qualität der Urteile: allgemeine, besondere, einzelne
2. Qualität: bejahende, verneinende, unendliche
3. Relation: kategorische, hypothetische, disjunktive
4. Modalität: problematische, assertorische, apodiktische

Diese Einteilung weicht teilweise von der üblichen Logik ab. Also folgen Erklärungen.

1. Einzelne Urteile sind so wie allgemeine. Das sagen die Logiker mit Recht.
Denn sie haben keinen weiteren Umfang. Also haben sie keine Ausnahmen. So sind allgemeine und einzelne Urteile gleich.
Aber ein einzelnes Urteil kann auch nur eine Sache erkennen, allgemeingültiges aber unendlich viel.
So unterscheiden sich allgemeine und einzelne Urteile im Denken, nicht aber in der allgemeinen Logik, die nur auf den Gebrauch von Urteilen schaut.

2. So sind auch unendliche von bejahenden Urteilen in der transzendentalen Logik unterschieden, in der allgemeinen Logik aber gleich.
Denn die allgemeine Logik ignoriert den Inhalt einer Aussage und schaut nur auf die Wahrheit.
Aber die transzendentale Logik betrachtet auf den Inhalt, was denn eine Bejahung von einer negativen Aussage überhaupt sagt.
So ist etwa das Urteil, die Seele ist nichtsterblich, verneinend und hält Irrtum ab. Aber es ist formal bejahend, da es ja sagt, dass die Selle zum Nichtsterbenden gehört.
Sterblichkeit und Nichtsterblichkeit sind Gegensätze. Nichtsterblichkeit der Seele bedeutet nur, dass sie übrig bleibt, ist das Sterbliche auch weggenommen
Also wird nur gesagt, dass die Seele nicht zum Sterblichen gehört. Aber der Rest ist immer noch unendlich, also ist die Seele dadurch gar nicht bejahend bestimmt.
Damit sind unendliche Urteile beschränkend, was sie auch in der Untersuchung der Vernunft wichtig macht.

3. Es gibt drei verschiedene Arten von Urteilen:
a) Prädikat zum Subjekt
b) Grund zur Folge
c) Eingeteilte Erkenntnis zu Gliedern der Eintelung untereinander.

In ihnen sind enthalten:
a) zwei Begriffe
b) zwei Urteile
c) mehrere Urteile

Betrachte etwa den Satz; Wenn vollkommene Gerechtigkeit ist, wird der Böse bestraft.
Er enthält zwei Sätze: Es ist vollkommene Gerechtigkeit; der Böse wird bestraft.
Der Satz sagt nicht, dass A oder B wahr ist. Er sagt nur A => B, nur das Verhältnis der beiden Sätze.
Das ist ein hypothetisches Urteil, im Unterschied zum kategorischen, wo die Wahrheit von einem Urteil A angenommen wird.

Schließlich enthält das disjunktive Urteil ein Verhältnis mehrerer Sätze.
Aber sie folgen nicht aufeinander, sondern schließen einander aus und füllen damit alle Möglichkeiten aus. Damit bilden die Teile zusammen die ganze Erkenntnis.
So ist die etwa Welt entweder durch Zufall, Notwendigkeit oder äußere Ursache. Alle sind ein Teil der Erkenntnis der Welt, sie bilden zusammen aber alle Welterkenntnis.
Wenn die Erkenntnis nicht in einer Sache ist, ist sie in den anderen, ist sie in nur einer, ist sie in keiner anderen.
Sie schließen einander aus und bestimmen damit die ganze wahre Erkenntnis. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

4. Modalität ist eine besondere Funktion der Urteile. Sie trägt nichts zum Inhalt bei, das tun nur die anderen drei Funktionen.
Sie beschreibt nur den Wert der Aussage in Beziehung auf das ganze Denken.
Problematische Urteile nimmt man als möglich, assertorische als wirklich und apodiktische als notwendig an.
Das entspricht dem Unterschied zwischen Verstand, Urteilskraft und Vernunft. Was das heißt, folgt erst später.

Die Einzelurteile in hypothetischen (A => B) und disjunktiven (A v B) Urteilen sind nur problematisch.
In hypothetischen Urteilen ist nur die Konsequenz assertorisch. Daher kann das A auch offenbar falsch sein, der hypothetische Satz aber wahr.
Ebenso sind die Sätze in disjunktiven Urteilen auch nur problematisch, um die möglichen Antworten zuerst zu sehen, bevor man sich für eine entscheidet.
Problematische Sätze sind also nur logische Möglichkeit, keine objektive Gültigkeit.

Assertorische Sätze sprechen von Wahrheit, logischer Wirklichkeit, und zeigt die Verbindug vom Satz mit dem Verstand und seinen Regeln.
Apodiktische Sätze denken assertorische Sätze nur durch Regeln vom Verstand, also a priori. Damit sind sie logische Notwendigkeit.

Hier wird also zunächst nur etwas behauptet, dann als wahr und schließlich sogar als notwendig angenommen.
Die Modalitäten sind damit die Momente vom Denken überhaupt.


Dritter Abschnitt. Von den reinen Verstandesbegriffen oder Kategorien


Allgemeine Logik abstrahiert von allem Inhalt. Sie erwartet, dass ihr irgendwoher Vorstellungen gegeben werden. Die verwandelt sie analytisch in Begriffe.
Die transzendentale Logik hat aber das Mannigfaltige der Sinnlichkeit aus der transzendentalen Ästhetik. Damit hat sie einen Stoff, ohne ihn wäre sie völlig leer, inhaltslos.
Raum und Zeit enthalten ein solches Mannigfaltiges der reinen Anschauung.
Sie sind aber auch Vorraussetzung, um von Gegenständen beeinflusst zu werden. Damit beeinflussen sie auch die Begriffe.
Durch die Spontaneität des Denkens muss das Manngfaltige verarbeitet werden. Erst dann wird daraus Erkenntnis. Das heißt Synthsis.

Synthesis ist allgemeiner die Verbindung von mehreren Vorstellungen und das Begreifen ihrer Mannigfaltigkeit in einer Erkenntnis.
Sie ist rein, wenn die verschiedenen Vorstellengen a priori sind (wie etwa bei Raum und Zeit).
Vorstellungen müssen vor der Analyse da sein, sie können nicht analytisch entstehen.
Die Synthesis von Manigfaltigem bringt aber Erkenntnis, sie vereinigt sie erst zu einem Inhalt, wenn auch zu einem, der noch analysiert werden muss.
Auf sie müssen wir also achten, wenn wir den Ursprung von Erkenntnis finden wollen.

Die Synthesis ist die Wirkung der Einbildungskraft, einer Funktion der Seele.
Die Einbildung ist blind, aber unentbehrlich. Denn ohne sie gäbe es keine Erkenntnis, aber wir sind uns ihr nicht bewusst.
Aber die Synthesis auf Begriffe anzuwenden ist eine Funktion vom Verstand. Dadurch haben wir erst eigentliche Erkenntnis.

Die reine Synthesis gibt den reinen Verstandesbegriff.
Dafür muss sie aber a priori begründet sein.
So ist etwa das Zählen eine Synthesis aus Begriffen.
Damit wird die Synthesis des Mannigfaltigen einheitlich.

Analytisch werden verschiedene Vorstellungen in einem Begriff zusammengeführt. Davon handelt die allgemeine Logik.
Die transzendentale Logik führt aber keine Vorstellungen zusammen, sondern die Synthesis der Vorstellungen.
Wir brauchen zunächst das Mannigfaltige der reinen Anschauung. Daraus macht die Einbildungskraft die Synthesis, aber keine Erkenntnis.
Begriffe geben der reinen Synthesis Einheit. Sie bestehen nur in der Vorstellung von der notwendigen synthetischen Einheit.
Sie sind der dritte Schritt der Erkenntnis und beruhen auf dem Verstand.

Was Vorstellungen im Urteil vereinigt. das vereinigt auch die Synthesis von verschiedenen Vorstellungen in einer Anschauung. Diese Anschauung heißt reiner Verstandesbegriff.
Genauso wie der Verstand Urteile aus Begriffen macht, so bringt er also mit synthetischer Vereinigung einen transzendentalen Inhalt in die Anschauung.
Dieser Inhalt sind die reinen Verstandesbegriffe. Sie gehen a priori auf Objekte. Das geht über die allgemeine Logik hinaus.

So gibt es genau so viel reine Verstandesbegriffe wie logische Funktionen in allen möglichen Urteilen.
Denn mehr Funktionen hat der Verstand nicht, er ist damit völlig erschöpft.
Sie heißen nach Aristoteles Kategorien. Denn unsere Absicht ist mit seiner zunächst ähnlich, auch wenn sie sich von ihm entfernt.

Tafel der Kategorien:
1. Quantität:
- Einheit
- Vielheit
- Allheit
2. Qualität:
- Realität
- Negation
- Limitation
3. Relation:
- Inhährenz und Subsistenz (Substanz und Akzidens),
- Ursache und Wirkung
- Gemeinschaft (Handelnd / Leidend)
4. Modalität:
- Möglichkeit - Unmöglichkeit
- Dasein - Nichtsein
- Notwendigkeit - Zufälligkeit

Das sind alle ursprünglich reinen Begriffe der Synthesis. Sie sind a priori im Verstand.
Nur durch durch sie ist er reiner Verstand, nur durch sie kann er das Mannigfaltige der Anschauung verstehen, ihr Objekt denken.
Die Einteilung ist systematisch aus dem Urteilsvermögen, dem Denkvermögen erzeugt.
Sie ist nicht unmethodisch (rhapsodistisch), da man dann nie weiß, was dazugehört und was nicht.
Aristoteles hat versucht, solche Begriffe zu finden. Da er aber kein Prinzip hatte, nahm er so, wie er sie fand, und nannte die zehn ersten Kategorien (Prädikamente)
Er fügte ihnen noch fünf weitere hinzu, die Postprädikamente. Aber seine Tafel war noch nicht vollständig.
Außerdem sind unter seinen Kategorien auch Begriffe aus Sinnlichkeit, ein empirischer und abgeleitete Begriffe. Einige fehlen ganz.

Natürlich gibt es zu den Kategorien auch reine abgeleitete Begriffe.
Sie sind Teil vom vollständigen System der Transzendentalphilosophie.
Da das hier aber eine blos kritische Arbeit ist, werden sie hier nur erwähnt.

Reine, aber abgeleitete Verstandesbegriffe heißen die Prädikabilien vom reinen Verstand. Dagegen heißen die Kategorien auch Prädikamente.
Mit den ursprünglichen Begriffen hat man zugleich auch alle anderen, den ganzen Stammbaum vom reinen Verstand.
Hier aber geht es nur darum, das die Prinzipien vom System vollständig sind, nicht das System selbst. Das kann später geschehen.
So kann man einfach ontologische Lehrbücher nehmen und die Prädikabilien den Prädikamenten zuordnen:
Kraft, Handlung und Leiden der Kausalität, Gegenwart und Widerstand der Gemeinschaft, Entstehen, Vergehen und Veränderung der Modalität usw.
Genauso kann man auch Kategorien mit den Modis der reinen Sinnlichkeit oder auch untereinander verbinden.
Das gibt eine Mange abgeleiteter Begriffe. Auch wenn man sie gut systematisch sammeln kann, tun wir das hier nicht, weil wir es hier erstmal nicht brauchen.

Die Kategorien werden nicht definiert, obwohl ich das können möchte. Ich werde sie nur so weit zergliedern, wie für die Methodenlehre sinnvoll ist.
In einem System der reinen Vernunft müsste man sie definieren. Hier aber sind Definitionen blos verwirrend, lenken vom Hauptpunkt ab. Sie würden Zweifel erregen, die woanders besser sind.
Trotzdem ist klar, dass die Definitionen einfach zu schreiben sind. Ein vollständiges Wörterbuch ist möglich.
Denn wenn die Kategorien einmal da sind, kann man sie ausfüllen. Man kann die Begriffe nicht falsch einordnen und die Lücken sind offenbar.



Zweites Hauptstück. Von der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe.


Erster Abschnitt. Von den Prinzipien einer transzendentalen Deduktion überhaupt.


Im Recht wird unterschieden zwischen richtigen Taten und wahren Tatsachen. Beide müssen bewiesen werden. Der Beweis vom richtigen heißt Deduktion.
Aber wir benutzen empirische Begriffe auch ohne Deduktion, weil man mit Erfahrung ihre Richtigkeit zeigen kann.
Aber bei anderen Begriffen gilt das nicht. Wir benutzen Begriffe wie Glück oder Schicksal ohne Deduktion, weder aus Erfahrung noch aus Vernunft. Dadurch werden sie zweifelhaft.

Begriffe a priori brauchen also eine Deduktion, denn sie können nicht aus Erfahrung kommen.
Die Erklärung, wie sie sich a priori aus Gegenstände beziehen können, heißt transzendentale Deduktion.
Sie unterscheidet sich von empirscher Deduktion aus Erfahrung und Reflexion.
Denn sie erklärt nicht, warum sie richtig sind, sondern woher sie überhaupt kommen.

Wir haben jetzt schon zwei verschiedene Arten von Begriffen a priori: sinnliche Begriffe (Raum und Zeit) und die Kategorien.
Sie beziehen sich a priori auf Gegenstände, gerade das unterscheidet sie vom Empirischen.
Sie sind a priori und können nicht empirisch hergeleitet werden. Ihre Deduktion ist transzendental, wenn es sie gibt.

Man kann aber Gelegenheitsursachen ihrer Erzeugung empirisch untersuchen. Das gilt für alle Erkenntnisse, wo man nicht empirisch zeigen kann, dass sie möglich sind.
Die Sinneseindrücke öffnen den Blick auf sie und bringen zwei Arten von Erfahrung: Materie aus den Sinnen und die Ordnungsform aus der reinen Anschauung und dem reinen Denken.
Das Denken bringt dabei überhaupt erst Begriffe hervor.
Damit spürt man die ersten Erkenntnisse auf, man kommt von einzelnen Wahrnehmungen zu allgemeinen Begriffen.
So eine Untersuchung ist nützlich. Locke hat zuerst den Weg dahin eröffnet.
Aber das ist noch keine Deduktion der Begriffe a priori.
Denn sie sollen unabhängig von Erfahrung verwendet werden. Also brauchen sie andere Herleitung.
Die Herleitung aus Erfahrung ist nur ein Zeichen der Tatsächlichkeit, nicht der Richtigkeit. Diese physiologischer Erklärung nenne ich die Erklärung vom Besitz reiner Erkenntnis.
Also müssen sie eine transzendentale Deduktion bekommen, keine empirische. Jede empirische Deduktion ist nichtig, wer sie versucht, hat solche Erkenntnisse nicht verstanden.

Eine Deduktion von reiner Erkenntnis a priori muss also transzendental sein. Dadurch weiß man aber noch nicht, ob sie notwendig ist.
Für Raum und Zeit haben wir bereits eine transzentale Deduktion gefunden. Aber die Geometrie braucht so eine Herleitung nicht, um Erkenntnis a priori zu sammeln.
Denn dort wird der Begriff nur auf die Wirklichkeit angewendet. Raum ist die Form der äußeren Welt, also gilt die Geometrie dort.
Ebenso ist die Form der realen Gegenstände auch a priori in der Geometrie gegeben.
Aber von den reinen Verstandesbegriffe braucht man eine Deduktion (und damit dann auch vom Raum).
Denn sie reden nicht sinnlich über Dinge a priori, beziehen sich ganz allgemein auf Gegenstände. Also haben sie in der Anschauung nichts, worauf sie zeigen können.
Sie sind also zweifelhaft und machen damit auch den Begriff vom Raum zweifelhaft. Denn sie verwenden Begriffe wie den Raum über die Anschauung hinaus.
Also machen sie für sich und den Raum eine Deduktion nötig.
Es ist also klar, dass so eine Deduktion nötig ist, bevor man in der reinen Vernunft voranschreitet. Denn sonst irrt man nur herum und dreht sich im Kreis.
Es muss aber auch klar sein, dass sie schwierig ist. Sonst klagt man über die Dunkelheit oder ist verdrossen, dass alle Hindernisse weggeräumt werden.
Denn man kann keine halbe Erkenntniss erzielen. Entweder man gibt allen Anspruch auf, überhaupt etwas über Erfahrung heraus zu erkennen, oder man erreicht Vollkommenheit in der kritischen Untersuchung.

Raum und Zeit müssen sich als Erkenntnisse a priori auf Gegenstände beziehen. Sie ermöglichen auch überhaupt erst synthetische Erkenntnis a priori.
Nur durch solche reine Sinnlichkeit kann uns ein Gegnstand erscheinen, Objekt unserer Anschauung sein.
Also sind Raum und Zeit reine Anschaungen. Sie enthalten a priori die Bedingung für Gegenstände als Erscheinungen. Ihre Synthesis ist objektiv wahr.

Die Kategorien sind keine Bedingungen für Anschauung. Es gibt Erscheinungen, die sich nicht auf eine Funktion vom Verstand beziehen.
Wie können aber subjektive Bedingungen vom Denken auch objektive Gültigkeit haben? Warum sind sie für Erkenntnis notwendig?
Das ist ein Problem, was wir bei der Sinnlichkeit nicht hatten. Auch ohne Verstand gibt es anschauliche Erscheinungen.
So betrachte ich die Ursache. Hier wird regelmäßig von einer Sache A auf eine ganz andere Sache B geschlossen.
Gibt es sowas überhaupt oder ist der Begriff leer? Erfahrung ist hier keine Begründung, hier braucht man eine Erklärung a priori.
Gegenstände der Anschauungen müssen der Sinnlichkeit entsprechen, sonst wären es für uns keine Gegenstände.
Aber es ist nicht klar, dass sie auch den Bedinungen für die Synthese im Verstand entsprechen müssen.
Aber es kann im Prinzip auch unklare Erscheinungen geben, die den Verstand verwirren.
So würde er etwa keine Ursache oder Wirkung erkennen, also wären die Begriffe völlig leer.
Trotzdem aber gäben die Erscheinungen uns Gegenstände. Anschauung braucht kein Denken.

Man kann auch mit noch so vielen Beispielen die Begriffe von Ursache und Wirkung nicht begründen.
Entweder kommen solche Begriffe aus dem reinen Verstand oder sie sind ein bloßes Hirngespenst, das man aufgeben muss.
Denn hierbei soll ein A so sein, dass das B immer, nach einer allgemeinen, notwendigen Regel folgt.
Aber Erscheinungen zeigen nur, dass das möglich ist, gewöhnlicherweise. Aber notwendig ist es dadurch nicht.
Also steckt in der Synthesis auch, dass die Wirkung nicht nur zur Ursache hinzukommt, sondern durch die Ursache gesetzt ist und aus ihr erfolgt.
Empirische Regeln können auch nur Brauchbarkeit erlangen, keine strenge Allgemeinheit.
Aber der Gebrauch der reinen Verstandesbegriffe ändert sich, wenn man sie als nur empirisch behandelt.


Übergang zur transzendentalen Deduktion der Kategorien.


Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie synthetische Vorstellung und Gegenstand sich benötigen: Entweder ist der Gegenstand Voraussetzung für die Vorstellung oder ungekehrt.
Wenn der Gegenstand die Voraussetzung ist, ist das nur empirisch und die Vorstellung niemals a priori.
Das ist so mit dem Teil der Erscheinung, der zur Empfindung gehört, der mehr ist als reine Form.
Wenn aber die Vorstellung die Voraussetzung ist, dann macht sie die Erkenntnis überhaupt erst möglich. Denn Vorstellung kann Existenz nicht hervorbringen, nur erkennbar machen.
Es gibt zwei solcher Bedingungen von Erkenntnis: Anschauung und Begriff. Die Anschauung gibt den Gegenstand nur als Erscheinung, durch den Begriff wird der Gegenstand gedacht.
Die erste Bedingung, die Sinnlichkeit, liegt als Form der Objekte a priori im Gemüt. Also stimmen alle Erscheinungen mit ihr überein, denn anders können sie überhaupt nicht erscheinen.
Gibt es also auch Begriffe a priori als Bedingung vom Denken? Dann wäre nämlich alle empirischen Erkenntnisse nach diesen Begriffen geordnet, denn ohne sie wären sie kein Objekt der Erfahrung.
Aber alle Erfahrung enthält nicht nur Anschauung, sondern auch Begriffe. Also sind auch Begriffe eine Bedingung von Erfahrung, besonders die Kategorien als apriorische Begriffe.
Denn die Kategorien sind überhaupt nur a priori, weil sie Bedingung von aller Erfahrung sind, sie begründen die Form der Erfahrung.
Wenn sie nämlich Bedingung von Erfahrung sind, beziehen sie sich a priori auf Erfahrung, auch ohne irgendeinen Gegenstand.

Die Deduktion hat also das Ziel, die Begriffe a priori als Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung oder des Denkens) zu erkennen.
Solche Begriffe sind notwendig, denn sie ermöglichen erst Erfahrung.
Aber die Erfahrungen, die aus ihnen entstehen, sond zufällig und daher nicht Teil der Deduktion, nur Illustration.
Sie beziehen sich also auf alle nur mögliche Erfahrung. Sonst könnte man nicht begreifen, dass sie sich auf irgendwas beziehen.
Es gibt drei Bedingungen von Erfahrung, drei Quellen außerhalb vom Gemüt: Sinn, Einbildungskraft und Apperzeption (Wahrnehmen, Einordnen)
Sie geben
1. Die Zuammenfassung vom Mannigfaltigen durch Sinn
2. Die Sythese von diesem Mannigfaltiggen durch Einbildungskraft
3. Die Einheit der Synthese durch die ursprüngliche Apperzeption.
Diese Fähigkeiten können auch transzendental gebraucht werden, dann sind sie a priori und beschäftigen sich nur mit der Form.
Über die erste Fähigkeit haben wir schon in der Ästhetik geredet, jetzt sind die andern beiden dran.


Zweiter Abschnitt. Von den Gründen a priori zur Möglichkeit der Erfahrung.


Ein Begriff a priori ist eine mögliche Erfahrung oder aus Elementen von möglicher Erfahrung. Anders kann er sich nicht auf einen Gegenstand beziehen.
Denn er hätte keinen Inhalt, weil mit ihm keine Anschauung übereinstimmt. Denn Anschauung macht alle mögliche Erfahrung aus.
Ein apriorischer Begriff ohne Bezug zur Anschauung wäre nur von formal ein Begriff. Denn durch ihn würde nichts gedacht.

Reine Begriffe enthalten nichts empirisches. Aber sie sind Grundlage von möglicher Erfahrung. Nur auf dieser möglichen Erfahrung beruht ihre objektive Realität.

Grundlagen von reinen Verstandesbegriffen sind also die Grundlagen von Erfahrung, die außerhalb von den Erscheinungen liegen
Wenn ein Begriff also eine formale, objektive Bedinung von Erfahrung ausdrückt, heißt er reiner Verstandesbegriff.
Durch reine Verstandesbegriffe kann ich mir auch unmögliche oder unerkennbare Gegenstände vorstellen.
Denn man kann in der Veknüpfung der Begriffe die Erfahrungsgrundlagen weglassen (Begriff vom Geist) oder über sie hinausgehen (Begriff von Gott).
Die Grundlagen von apriorischen Erkenntnissen können nicht empirisch sein.
Aber sie müssen die Bedingung zur empirischen Erfahrung enthalten, sonst wären sie leer und würden deshalb auch gar nicht im Denken entstehen.

Diese Bedingungen sind die Kategorien.
Wenn man sich nur durch sie einen Gegenstand denken kann, ist das Beweis genug, dann sind sie objektiv gültig.
Aber dafür braucht man mehr als den Verstand, und auch für den Verstand müssen wir zeigen, ob er sich überhaupt auf Objekte beziehen kann.
So schauen wir zuerst die subjektiven Erfahrungsgrundlagen a priori an, aber transzendental, nicht empirisch.

Sind die Vorstellungen völlig isoliert, gibt es keine Erkenntnis. Denn Erkenntnis ist das Verknüpfen und Vergleichen von Vorstellungen.
Der Sinn enthält etwas Mannigfaltiges in der Anschauung. Ich lege aber dem Sinn eine Synopsis, eine Zusammenfassung bei.
Somit muss dieser Zusammenfassung vom Mannigfaltigen auch eine Synthese entsprechen.
Denn nur durch Begriffe (und damit durch ihre Spontaneität) können die Ereignisse verbunden werden.
Also gibt es eine dreifache Synthese:
Die Apprehension der Vorstellungen in der Anschauung.
Die Reproduktion der Vorstellungen in der Einbildung
Die Rekognition der Vorstellungen im Begriff.
Das sind die drei subjektiven Erkenntnisquellen. Sie machen den Verstand erst möglich, damit auch alle Erfahrung.

Vorläufige Erinnerung.

Die Deduktion der Kategorien ist schwer. Man muss in die Urgründe von Erkenntnismöglichkeit überhaupt eindringen.
Die vollständige Theorie ist weitläufig. Ich will hier nichts versäumen, mich aber auch nicht darin verlieren.
In den nächsten vier Absätzen will ich den Leser eher vorbereiten als unterricht.
Erst im dritten Abschnitt will ich systematisch vorgehen.
Der Weg ist zunächst dunkel, dass schreckt den Leser aber hoffentlich nicht ab. Denn die Dunkelheit ist unvermeidlich auf dem unbetretenen Weg.
Sie wird sich aber zur vollständigen Einsicht aufklären.

[Aktuelle Stelle: Akedemieausgabe Band 4, Seite 77
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