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Epik und Ethik

Die kindliche Weltsicht

Teil 2

Ethik - Die Moral des Phantastischen

Lukas Nagel

Februar bis April 2016

Vorwort

Lichtes Kind - durch die Welten ziehend, sie zerreißend
Herabgestoßen ist die Sonne, verstoßen die leeren Begriffe
Und endlich sehe ich in Klarheit die Wahrheit der wirklichen Träume
Ich will ihnen ihren Wert wiedergeben, zeigen, dass er notwendig
Dass ich das Sein, dass Phantasie ist Ordnung
Und dass nur in Beliebigkeit der Gegensatz verschwindet
Als ich mir selbst beliebig bin, so bin ich mir doch alles
Und Widerspruch in den Fesseln der Welten, die ich selbst schuf
Aus den Splittern gefallener Sonnen will ich das neue Sein erbauen
Darin, dass es ist. Darin das es scheint.
Dass es alles ist, was ist, gerade auch das falsche.
So kommen Schein und Sein zusammen - Denken ist eins
Wille wird es tragen, frei darin, dass er unsichtbar ist
Nur im Verschwinden der Zeit ist er erkennbar
Die Ganzheit der Welten bin ich selbst.
Die Welt selbst ist mein Gedanke!
Darin liegt alle Größe von Erkenntnis

Aufbau

Ziel der Untersuchung

Lange Zeit versuchte man, mit Ethik herauszufinden, was das richtige ist - das wahre Leben. Ich glaube, dass all jene Versuche zum Scheitern verurteilt sind, und will hier darlegen, warum. Ich nehme dabei meinen Ausgangspunkt von der kindlichen Ästhetik, der Erkenntnis über die Niedlichkeit der Kuscheltiere, wie ich sie im ersten Teil dargelegt habe, und über die weltverbindende Kraft von Spielen. Aber bevor ich diesen Ausgangspunkt nehmen kann, so muss ich doch zuerst etwas auf die vorherigen Ideen des rechten Handelns eingehen, denn es stecken durchaus gute Ideen in ihnen. Das Problem an ihnen ist nicht der Ansatz, den sie wählen, nachdem sie ihr Ziel festgelegt haben; das Problem ist ihr Ziel selbst. Sie überschätzen, was sie erreichen können, und glauben, durch reine Setzung und Logik die Probleme der Entscheidung lösen zu können. Das aber können sie nicht, und das ist es, was ich zuerst zeigen möchte.

Danach gehe ich auf die Frage ein, ob Entscheidungen nur wichtig sind, wenn sie in der Realität stattfinden. Das ist nun eine Frage, auf die kein anderes Ethiksystem bisher eingegangen ist, da alle bisherigen Systeme immer die Voraussetzung gestellt haben, dass es nur um reale Taten geht, nie um Gedanken, und dass jene Gedanken nur als Teil der eigenen Identität für einen wichtig sein können. Nun, da ich aber das Prinzip der eigenen Identität ablehne, so sehe ich keinen so großen Unterschied mehr dazwischen, und versuche also, eine Moral des Phantastischen aufzustellen. Der Versuch dazu scheint gewagt, aber ich glaube, dass er sich letztlich lohnt, so man schließlich mehr bewertet, als man tut, und nur mit so einer Moral eine gute Beschreibung jener Bewertungen möglich ist.

Ein Problem, was ich damit lösen kann, ist die Frage nach freiem Willen und Determinismus, wo ich nun auf eine grundlegend andere Antwort komme als die allermeisten anderen Ethiken, die es nicht schaffen, es zu begreifen, warum das Problem keines ist, weil sie immer noch die Entscheidung in der Welt, in dem Entschiedenen zu erkennen versuchen. Ich hoffe hiermit darlegen zu können, dass es gerade das nicht sein kann, dass die Entscheidung immer vor der Welt liegen muss. Nur so entsteht überhaupt die Welt, als die Rechtfertigung des eigenen Willens zum Denken. Nur so kann ich aus einer Ethik überhaupt Gewinn ziehen, ohne mich ihr untertan zu machen. Deshalb denke ich, dass es die Form ist, die Bewertung, die vor der Welt liegt, und nicht umgekehrt, und die den Dingen Wert verleiht.

Schließlich gehe ich noch auf ein sehr viel weiteres Problem ein, den Wert unserer Gedanken. Ab hier wird der Text wohl nur noch wirrer; aber mir fielen so viele Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Richtungen ein, so viele Aspekte, die unter einer Einengung des Problems herausgefallen wären, und die ich doch für sehr wichtig halte. Es geht also um Existenz und Wirklichkeit, den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Objektivität und warum ich das Sein bin. Ich halte das Ergebnis, auf das ich gekommen bin, für zwingend, und behaupte damit, zum ersten Mal einen wirklichen Beweis für die Existenz des reinen Seins gefunden zu haben - das reine Sein meiner selbst, die reine Wirklichkeit meiner Träume. Ich behaupte, dass selbst die postmodernen Relativisten das Ergebnis nicht abstreiten können, da es die reine Existenz gerade nicht außerhalb, sondern innerhalb der Erfahrung zu finden sucht.

Schließlich gehe ich noch auf die Frage ein, was ich denn jetzt eigentlich tun soll. Ich werde auch hierauf eine Antwort zu geben, auch wenn sie die meisten wahrscheinlich nicht befriedigen wird. Aber im Gegensatz zu den vorherigen Theoretikern gebe ich zumindest überhaupt Antworten und nicht nur lose Prinzipien, aus denen man sich eine Antwort zusammensuchen kann, wenn man will, sie aber sicher nicht selbst dort finden wird. Darin zumindest gibt meine Theorie also mehr Ergebnisse, und das ist es auch, was ich als das Hauptergebnis dieser Untersuchung ansehe (neben der Erkenntnis vom Sein und Traum).

Ich weiß nicht, ob außer mir irgendjemand verstehen kann, was ich sagen will, aber ich weiß sicher, dass es niemand so verstehen kann, wie ich es gemeint habe; deshalb habe ich versucht, alles sehr klar zu formulieren, um nicht meiner eigenen Sprache anheimzufallen. Ich hoffe, hiermit zumindest eine Grundlage in die Richtung der kindlichen Ethik gelegt zu haben.

Zusammenfassung der hauptsächlichen ethischen Systeme

Ich möchte nun, bevor ich mein eigenes ethisches System darstelle, zunächst einmal die verschiedenen Typen von Ethiken darlegen, die hauptsächlich vertreten werden. Grundsätzlich andere Typen sind mir bisher nicht begegnet, was aber natürlich nichts heißen muss. Ich selbst versuche ja hiermit, einen anderen Typ zu schaffen, und würde mich auch nicht wundern, wenn ähnliches schon versucht wurde. Ich versuche nun, den drei Haupttypen entgegenzusetzen, was ihre Probleme sind, und wie diese Probleme weniger in der Umsetzung ihres Zieles, als vielmehr in dem Ziel selber liegt, womit sie das Gute erreichen wollen. Jener Anspruch allein ist nämlich schon gefährlich und stellt, wie ich im Folgenden zeigen möchte, den eigentlichen Grund des Problems dar.

Das erste System, was hierbei üblicherweise genannt wird, ist die Tugendethik. Sie reicht bis in die antike Tradition zurück und begründet sich dort auf dem Ideal der Eudaimonia, dem guten Leben. Es soll hier das gute Leben erreicht werden, indem man tugendhaft handelt. Hierzu werden Idealtypen aufgestellt, wie der Gerechte, der Tapfere, der Weise etc. und dem eigenen Handeln gegenübergestellt. Hierzu müssen aber diese Ideale erstmal angenommen werden, und wie das geschieht, bleibt problematisch. Über die unklare Herleitung bei Platon will ich hier nicht sprechen, da sie an sich schon fragwürdig ist - Wie soll man schließlich rein mit intellektueller Intuition das Problem der Ethik lösen, und wie dann auch noch erklären, dass das die einzig richtige Lösung ist? Auch Aristoteles versuchte das Problem zu lösen, nahm aber hierbei die Idee des richtigen Zwecks an (die sogenannte Zweckursache); Hier unterstellte er also jeder Handlung einen inneren Sinn, der ihre Richtigkeit bestimmt, was, wie ich später noch zeigen werde, unsinnig sein muss. Es geht hier also im allgemeinen um die Vorstellung der Intention, des Ziels meiner Handlung, und hier liegt bereits ein Grundproblem dieser Art von Ethik. Da dieses Problem aber ein Problem eigentlich aller Ethiktypen ist, werde ich hierauf später gesondert eingehen, ohne speziell die Tugendethik anzugreifen; denn egal ob es einem um Tugendhaftigkeit, gute Ergebnisse oder die Einhaltung grundsätzlicher moralischer Prinzipien geht, so steht doch hier meist die Intention des Handelnden im Zentrum.

Letztlich sind die Tugenden dort, wo sie sauber eingeführt werden, immer ein erkennbares Ideal des Handelns, was aus der Suche nach dem guten Leben, der Eudaimonia, entsteht, und dabei die aus subjektiver Sicht richtige Wahl darstellt. Am allerdeutlichsten wird das bei Sokrates, der behauptete, alle ungerechten Entscheidungen entstehen aus Unwissen, wo man also nicht weiß, dass die andere Entscheidung eigentlich besser wäre. Nun ist das eine schöne Theorie, die allerdings vollkommen inhaltsleer. Warum in Nachfolge von Platon stets Mäßigung, Tapferkeit, Weisheit und Gerechtigkeit genannt werden, ist mir schleierhaft. Sie eignen sich aus Platons Sicht natürlich gut, um seinen Dreiklassenstaat der Philosophendikatur zu erklären, aber dass dieses Ideal nicht unbedingt aus Moral, sondern vielmehr aus seinen eigenen Machtwillen entstanden ist, hat Popper bereits sehr deutlich aufgezeigt, und damit verliert dieses Argument alle moralische Gültigkeit. Hier also stoßen wir auf das grundlegende Problem: Warum sind genau die Kardinaltugenden gut? Warum gibt es überhaupt das Gute an sich, im Unterschied zum Schlechten? Ich werde auf das Problem des guten Lebens noch später eingehen, mit den Kardinaltugenden ebenfalls, aber es ist schon hier erkennbar, dass sie sehr problematisch sind, und es unklar ist, ob sich das überhaupt auflösen lässt.

Dieses Problem wurde auch schon sehr früh erkannt, und gegen die Systeme, die Tugenden benutzten, entstanden nun solche, die den Nutzen einer Tat betonten statt ihrer Tugend. So entstand zunächst die hedonistische Ethik von Epikur, der die Vermeidung von Schmerz als falsche Folge für zentral hielt. Ähnlich zum epikureischen Hedonismus sind auch die Ansätze des Utilitarismus, die den Nutzen der Tat für wichtig halten. Beide Ansätze werden gewöhnlich unter der Bezeichnung Konsequentialismus zusammengefasst, da es ihnen nur um die Ergebnisse, aber nicht um die Motivation einer Tat geht. Dieser Ansatz ist zwar schon brauchbarer als die Idee einer absoluten Tugend. Aber trotzdem besitzt er massive Probleme, insbesondere, da er eben kein Ideal festlegt, aber trotzdem an der Idee der richtigen Handlung festhält. Wie will man aber sagen, was richtig ist, wenn man nur den Nutzen einer Tat betont? Zudem bleibt unklar, wem das nutzen soll. Dem politischen Idealismus des Utilitarismus, nach dem man der großen Masse helfen soll, steht der Hedonismus Epikurs gegenüber, der Politik völlig ablehnte. Offenbar kann also aus dieser Theorie keine rechte Entscheidung getroffen werden, solange nicht klar, was es bedeutet, dass eine Sache gut für eine Person ist, und festgelegt ist, wem es gut gehen soll. Und schon bei der ersten Frage gibt es Probleme: Wie will ich behaupten, dass das Vermeiden von Schmerz prinzipiell gut ist, wenn ich doch gar nicht weiß, ob die Person Schmerz vielleicht als lustvoll empfindet? Im Allgemeinen sind solche Überlegungen natürlich unsinnig, aber hier erkennt man, dass der epikureische Ansatz in seinem allgemeinen Anspruch dem nicht standhalten kann. Zudem kann ich in vielen Fällen die Konsequenzen überhaupt nicht einschätzen, selbst wenn ich wüsste, welche Konsequenzen die besten wären, und bei solchen Problemen schweigt der Konsequentialismus ganz. Natürlich kann man hier defensiv vorgehen und das nehmen, wovon man sich die wenigsten Risiken erwartet - aber ist das das beste? Ich sehe hier keine wirkliche Antwort, und genau deshalb kann ich den Konsequentialismus in seiner reinen Form nicht annehmen.

Schließlich gibt es noch die Kategorie der Ethiken nach Kant, die sogenannte Deontologie. Die Idee hierbei ist, dass man eine gewisse moralische Verpflichtung eingeht, der man folgen muss, auch wenn es in einem konkreten Fall möglicherweise besser wäre, anders zu handeln. Kant setzt diese Bedingungen des Handelns sogar absolut, was aber nicht immer geschieht. Zu diesen Verpflichtungen gehören etwa der kategorische Imperativ bzw. dessen generalisierte Form, das allgemeine Moralprinzip, oder die Aufforderung, keinen Menschen als Mittel zum Zweck zu benutzen. Ich denke, dass hier schon etwas Wahres drinsteckt, dass es gut ist, sich an solche Dinge zu halten. Aber das löst nicht unser Problem. Ich weiß jetzt vielleicht, was ich nicht tun sollte, nämlich mit meinen Vorstellungen im Unreinen zu sein (denn das verbietet das Moralprinzip); aber was kommt dann? Vor allem, wie komme ich denn zu diesen Maximen? Dazu gehört ja auch schon Entscheidung zu, nämlich die Entscheidung, nach meiner Ethik zu leben und nicht nach der Ethik eines anderen. Wie aber kann ich das begründen? Die Pflichtethik schweigt hierzu, sie kann gar keine Antwort geben. Dabei ist die Frage, was ich tun soll, ja nach Kant selbst der Ausgangspunkt der Ethik, und es ist ein ziemlicher Mangel dieses Systems, dass es ausgerechnet diese Frage nicht beantworten kann.

Wir sehen also, dass diese Ethiken die grundlegende Frage, was ich tun soll, gar nicht beantworten. Sie stellen ein unbestimmtes Ideal hin oder geben gleich offen zu, dass sie dazu nichts zu sagen haben. Ich glaube aber, diese Frage ist sehr wichtig, und versuche sie deshalb zu beantworten. Doch bevor ich das kann, muss ich der einzigen Antwort, die bisher entwickelt wurde, der Idee vom guten Leben, der Eudaimonia, meine Kritik entgegensetzen, um zu zeigen, warum sie falsch ist. Ich habe den Ansatz dazu zwar bereits am Ende der ästhetischen Untersuchung geführt, halte das Problem aber für so wichtig, dass ich es hier noch einmal im Detail darlegen will.

Die falsche Eudaimonia

Der einzige Ansatz, den ich in der Ethik erkennen kann, der wirklich darauf antwortet, was ich tun soll, und nicht nur, was ich nicht tun soll, ist die Idee der Eudaimonia, des guten, gelingenden Lebens. Nun denke ich, dass hier bereits ein wesentliches Problem liegt, und will nun versuchen, es darzulegen.

Wenn ich von der Eudaimonia sprechen will, so muss ich ja einen Ort haben, in dem das Leben gelingt. Ich muss meine Entscheidungen auf eine Art bewerten, die erklärt, warum ich das eine besser finde als das andere, und herausfinden, welche allgemeinen Prinzipien dem zu Grunde liegen. Mit anderen Worten, ich muss das Gute verstehen. Aber was bedeutet das? Ich denke, dass allein schon diese Frage einen Widerspruch in sich trägt.

Ich kann ja nicht allgemein sagen, was das Gute ist, da ich das ja wiederum als gut anerkennen müsste, was also erneut die Frage stellt, was denn nun das Gute ist. Wie es schon Platon im Euthyphron gezeigt hat, hilft es auch nichts, das auf ein anderes, möglicherweise höheres Wesen zu verschieben, wie es auch noch Kant versucht; ich kann zwar meine Moralvorstellung als Gott verehren, aber warum dieser Gott so ist wie er ist, sagt das auch nicht aus. Somit stellt sich ganz allgemein die Frage, ob eine Erklärung, sei sie nun aus Vernunft oder Glaube, jemals erklären kann, was richtig ist. Zunächst ist dabei klar, dass reine Logik hier nicht weiterhilft; es wurden in der Metaethik viele fruchtlose Tautologien erzeugt, die alle aber nichts weiter sind als Begründungen durch ethische Aussagen, die als Axiome eines logischen Systems gesetzt werden; dass uns das nicht weiterhilft, sollte allein schon daran klar sein, dass wir ja nicht wirklich wissen, warum es nun ausgerechnet diese Axiome sind, und nur, dass sie die richtigen Folgerungen haben, sagt ja nicht dass sie selbst auch richtig sind, schließlich folgt aus Falschem beliebiges, und solange man das nicht in Hegelscher Manier ausnutzt (der geradezu zur Verkörperung dieses logischen Satzes geworden ist), solange muss man zugeben, dass die Ergebnisse der Metaethik rein gar nichts über die Stichhaltigkeit ihrer Prämissen aussagen.

Somit müssen wir erkennen, dass kein Prinzip in der Welt uns sagen kann, was das Gute ist. Wenn wir es versuchen, logisch zu erklären, so geraten wir nur zu Tautologien, versuchen wir es nicht logisch auszudrücken, sondern es einfach hinzunehmen, so vergöttern wir unsere eigene Weltsicht als das Gute schlechthin und gelangen zum Euthyphro-Dilemma. Also könne wir nicht wissen, was gut ist.

Das ist auch ganz klar, wenn wir betrachten, dass es nichts gibt, was für sich gut ist. Denn gut ist es dadurch, dass wir es gut finden. Es muss unsere Entscheidung sein, die sagt, was gut ist, und alle Versuche, das Gute zu erklären, beschreiben somit nur, was wir ohnehin schon gut gefunden haben. Diese Entscheidung zum Guten ist es also, die den Kern der Ethik bilden muss. Denn dadurch nur wird sie zu unserer Ethik. Ich will somit also eine andere Definition des Guten geben, die dazu passt, und erklärt, warum das Gute als unsere Entscheidung zu sehen ist. Sie lautet:
Das Gute ist das Ziel der Neugier meines Handelns. Eben dadurch, dass ich es erstrebe, ist es für mich gut. Ich kann gar nicht zwischen Gutem und mir erstrebenswertem unterscheiden, da ich ja dadurch, dass ich etwas als gut bezeichne, bereits sage, dass ich es erstreben will, und andererseits ich ja Dinge nur erstreben kann, wenn ich sie auf eine Art gut finde. Natürlich kann das auf verschiedenen Ebenen passieren: ich kann die Dinge erstreben wollen, weil ich Lust auf sie habe, weil ich einen allgemeinen Plan verfolge, den ich wiederum verfolge, weil ich es schön finde, meinem Plan zu folgen, oder aber auch weil ich allgemeinen moralischen Prinzipien folge, zu denen ich mich entschieden habe und deren Umsetzung ich deshalb erstrebe. Wie es auch immer sei, es handelt sich dabei immer um meine Entscheidung, eine Sache gut zu finden, und daran können alle überstülpenden Theorien auch nichts ändern. Denn gerade zum abstrakten muss man sich entscheiden; während die konkrete Lust eigentlich von sich aus naheliegt, so ist es schon nicht mehr so einfach, sich ein abstraktes Konzept wie einen Plan als reine Notwendigkeit zu denken, und noch viel weniger eine Idee wie Verantwortlichkeit. Nein, diese Ideen sind weder zufällig noch natürlich noch notwendig, sie sind freie Entscheidungen unseres Willens, und nur deshalb sind sie etwas wert.

Denn was wäre denn, wenn Verantwortlichkeit wirklich eine so zwingende oder zufällige Vorstellung ist, wie manche Moralisten behaupten? Dann läge doch nichts dabei, moralisch zu sein, weil es uns eben gegeben ist, so zu sein, und die einen leben das nun aus und die anderen nicht. Aber das ist doch höchst merkwürdig, denn dann könnten wir uns gar nicht dazu entscheiden und damit wäre auch die ganze Idee der Ethik, dass ich das richtige tun will, hinfällig. Ebenso wäre es das, wenn es zwingend wäre; dann könnte ich ja gar nicht unmoralisch handeln, also wäre auch hier kein Wille dazu notwendig (ebenso auch im Falle der Unmöglichkeit von richtigem Verhalten). Somit liegt das Gute, wenn wir an Moral überhaupt festhalten wollen, in unserer Entscheidung. Auch wenn wir möglicherweise abstrakte Prinzipien finden mögen, die in unserer eigenen Idee vom Guten liegen, so ändert das doch nichts an der Tatsache, dass für uns auch für diesen Aspekt selbst entschieden waren und nirgends annehmen mussten, dass genau das das Gute ist.

Eine Sache, die nun aber häufig unterschieden wird, ist die Entscheidung zum Erstrebenswerten und zum Guten. Es wird dort nämlich häufig gesagt, dass jemand, der Böses tut, sich gegen das Gute entscheidet und das Schlechte für erstrebenswert hält. Das aber halte ich für unsinnig, denn wenn er es wirklich schlecht fände, so hätte er es nicht getan. Darin muss ich nämlich Sokrates zustimmen, dass man immer nur das tut, was man gerade selbst für gut hält. Im Unterschied zu Sokrates glaube ich aber, dass die, die nun böses tun, nicht dumm sind, sondern schlicht eine andere Weltsicht haben; denn ich kann, gerade da es immer meine eigene Entscheidung ist, niemanden davon überzeugen, dass eine bestimme Sache gut oder schlecht ist. Sie ist es immer nur in meiner Sicht, und da ich auch nur diese wahrnehmen kann, kann ich über die Sicht der anderen keine Aussagen machen. Denn die Bewertung der Dinge als erstrebenswert oder nicht erstrebenswert liegt ja unserem Weltbild im Ganzen zu Grunde, und kann nicht, auch nicht mit noch so großem Aufwand, von ihm getrennt oder irgend anders objektiv gemacht werden. Denn unsere Bewertung hat nichts Objektives, sie ist schließlich Entscheidung. Wohl aber mag etwas objektives in der Entscheidung liegen; denn das objektive ist ja schließlich nur der Teil vom subjektiven, der erklärbar ist, da er sich auf Dinge und nicht auf Eindrücke von Dingen bezieht, eben weil jene Dinge die gemeinsamen Punkte sind, über die wir unsere Eindrücke, so verschieden sie auch sein mögen, miteinander verbinden können (zumindest erscheint uns das so, über die wirkliche Existenz dieser Punkte lässt sich nicht sprechen, wie ich im Kapitel über die Träume noch anmerken will; sie sind uns hier nur gedachte Punkte, und gedachte Punkte genügen auch, um eine Verbindbarkeit der Gedankeninhalte herzustellen, aber auch nur der Inhalte, denn in der Form des Denkens und der Wahrnehmung liegen die Gedanken verschiedener Leute ja in ganz unterschiedlichen, nirgends verbundenen Welten).

Insgesamt sage ich damit: Das Gute ist Entscheidung, gut ist mir, wozu ich mich entschieden habe. Ich kann mich nicht von meiner eigenen Entscheidung trennen, denn ihr haftet immer etwas nicht Objektives an, aber ich kann den Teil vom Gegenstand der Entscheidung erkennen, der objektiv ist und über den ich mir mehr Gründe für die Entscheidung verschaffen kann, aber immer erst, nachdem sie bereits getroffen ist. Niemals aber kann ich mein grundsätzliches Weltbild ändern, indem ich überlege, was denn gut ist, denn ich versuche ja durch meine Erklärung gerade festzustellen, warum ich so denke, wie ich denke, und nicht, warum ich nicht auch anders denken könnte. Denn ich werde von selbst nicht danach suchen, was für gute Gründe es gibt, Böses zu tun; auch wenn es Gründe dazu geben mag, so sind sie mir doch fremd, so fremd, dass sie eben nicht mehr in mein Weltbild hineinpassen, sondern in ein anderes gehören. Auch kein Traum der Welt kann mir solche Gründe zeigen, und in der Art bin ich in meiner Ethik völlig gebunden, so wie sonst auch in Sprache, Gedanken und Erscheinung.

Das bessere Leben als Illusion der Ethik

Lange Zeit betrieb man Philosophie, um das bessere Leben zu leben. Von den alten Griechen an wurde sie so betrieben, da man sich erhoffte, durch das bessere Verständnis der Welt auch ein besseres Verständnis von sich selbst, den schönen Dingen und dem guten Leben zu gewinnen. Den ersten dieser drei Ansprüche habe ich mit meiner Kritik der Kindlichkeit kritisiert, den zweiten in meiner ästhetischen Schrift, nun ist es Zeit, sich dem dritten zu widmen. Wir haben ja schon gesehen, dass es das Gute als Ideal nicht geben kann, sondern es immer nur das ist, was ich gerade erstrebe, aber genau das haben sehr viele Philosophen nicht erkannt. Sie suchten deshalb nach etwas Höherem, nach einem Ideal, nach dem sich gut leben ließe. Deshalb erwächst aus der Idee des Guten auch rasch eine Idealvorstellung, eine Tugend, und diese ist ebenso trügerisch wie jene. Ich will deshalb hier noch einmal klar darstellen, warum es nicht nur kein absolutes Gutes gibt, wie ich es oben gezeigt habe, sondern es auch kein subjektiv besseres Leben gibt, dass der Perspektivwechsel nicht bewertbar ist. Damit sind verschiedene Weltbilder nicht bewertbar, es gibt keine bessere Ansicht, wenn nicht aus der Ansicht, die sich selbst als besser sieht. Darum sehen sich alle selbst immer als die mit dem besten Leben, weil sie eben ihre Bewertung der anderen Weltbilder aus ihrem eigenen heraus treffen. Das will ich hiermit zerlegen, dass klar ist, dass es kein besseres geben kann.

Letztlich geht es hier um die Vorstellung, dass wir um den Zweck willen handeln, besser zu leben. Damit unterstellen wir unseren eigenen Handlungen einen Zweck, der angeblich in ihnen liege, aber ihnen gar nicht zugrunde liegen kann; denn wie ich schon oben gezeigt habe, kann ich durch Prinzipien mein Handeln nur bewerten, niemals entscheiden, und damit kann kein Zweck bewirken, dass ich mich nun so oder so entscheide. Denn die Entscheidung ist frei von aller Vernunft, sie muss es sein, denn sie erzeugt erst das Entschiedene. Da sie ganz wesentlich phantastisch ist, indem sie sich die festgelegte Entscheidung ausdenkt, spiegelt sich im Willen zur Entscheidung auch der Wille zur Welt wieder; wenn ich aber nur nach einem Kriterium entscheide, was denn das bessere sei, dann habe ich keinen eigentlichen Willen zur Entscheidung, weswegen ich auch keinen Willen zur Welt habe, schließlich ist beides das Ergebnis der Neugier a priori. Damit bedeutet die Suche nach dem besseren Leben eine Entwertung des Denkens, sie bringt alle Handlungen unter einen Zweck, den sie eigentlich nicht haben, und raubt dem Denken seine Zweckfreiheit.

Es gibt keine letzte Entscheidung, denn ich habe kein endgültiges Wesen. Das ist es, was ich meinte, wenn ich sagte, wir haben keine Identität, denn eine Identität ist eben so eine Suche nach der eigenen Essenz. Da ich aber denke, dass das Wesen erst durch die Form entsteht, dass Inhalt erst in der Art der Anschauung erkennbar wird, kann ich mir selbst keine Essenz sein, da ich überhaupt keine Möglichkeit habe, mich anzuschauen, ohne dabei Bezug auf die Welt zu nehmen, die ja aber erst durch meinen Eindruck entsteht. Somit sehen wir, dass ich nicht wissen kann, was für mich am besten ist, da ich überhaupt nichts von mir weiß; ich weiß bloß, was ich jetzt gut finde, weil ich mich jetzt dafür entschieden habe. Wir können uns auch keinem Gott anvertrauen, der uns nun sagen soll, was gut für uns ist, da die Götter ja wieder nichts sind als Einbildungen unserer Vorstellungskraft. Götter können unser Leben nicht führen, nur umgekehrt. Denn was wir für gut befinden, ist auch das Ziel unserer Götter, wir selbst sind die Erschaffer der göttlichen Moral. Das heißt aber auch, dass Moral keineswegs absolut ist. Es gibt kein höchstes Ziel, eben weil es keine letzte Entscheidung gibt. Durch unseren Willen entsteht diese Göttlichkeit der Moral immer neu, sooft wir unsere Entscheidung als wesentlich, als niedlich ansehen.

Eben weil es kein höchstes Ziel gibt, ist es falsch, zu fragen, was man denn tun kann oder sollte, oder gar ob es denn nichts Wichtigeres gibt. Es gibt wahrlich nichts Wichtigeres als zu sein und zu denken, und auch keine ziellose Suche nach dem besseren Leben kann das ersetzten. Es gibt nie wichtigeres, weil ja für mich jetzt das wichtig ist, was ich jetzt bedenke, ob ich es später wichtig finden möge oder nicht. Deshalb kann ich auch nicht sagen, dass ich meine Zeit verschwendet habe, denn in dem Moment habe ich mich ja so entschieden; die einzige Art, wie man Zeit verschwenden kann, ist, wenn man eine Tätigkeit verrichten muss, die man selbst nicht für sinnvoll hält. Das ist wahrlich Zeitverschwendung, aber solange man sich selbst dafür entschieden hat, kann es nichts Wichtigeres geben.

Es ist auch keineswegs so, wie viele Ethiker noch heute denken, dass die eigene Entscheidung in einer Art Abwägung von Konsequenzen oder moralischen Faktoren liegt, denn das kann ja nur funktionieren, wenn ich weiß, wozwischen ich mich entscheide. Bei der moralischen Entscheidung ist das aber gar nicht so. Ich entscheide nicht, welche von verschiedenen Handlungen ich ausführe; ich erschaffe mir vielmehr durch das Entscheiden erst die Möglichkeit, eine Wahl zu treffen. Es gibt keine Alternative, es gibt eher eine Gelegenheit, selbst nach neuen Ansätzen zu suchen. Eben da entscheiden immer auch kreativ ist, kann ich überhaupt nicht abwägen, sondern muss nach meinem eigenen Empfinden erblicken, was denn möglich ist und was davon wiederum gut. Das ist aber ein völlig anderer Ansatz als bei den beiden heutigen Haupttheorien, dem Konsequentialismus und der Deontologie, die beide davon ausgehen, dass man weiß, wozwischen man sich entscheidet. Eben das ist nicht der Fall, weil man nie alle Möglichkeiten aufzählen kann. Das ist es, was Popper mit dem Dualismus von Tatsachen und Entscheidungen meinte, da er sagte, dass uns Tatsachen niemals helfen zu entscheiden. Das gilt eben darum, weil ich niemals alles im Blick habe, und die Unmöglichkeit einer Entscheidung auch eine subjektive Ansicht ist - was aus dem einen Weltbild als unmöglich gilt, ist in einem anderen üblich. Dadurch, dass wir unser Weltbild selbst ändern, schaffen wir Entscheidung, die über bloße Notwendigkeit hinausgeht. Das ist der Kern der kindlichen Epik, so wie ich sie beschrieben habe, und somit basiert meine Theorie der Entscheidung ganz wesentlich aus der ästhetischen Ansicht über die Suche nach dem Schönen und Interessanten. (Das sollte uns auch nicht wundern, schließlich ist, wie ich in meiner erkenntniskritischen Schrift bereits erwähnte, das Schöne und das Gute ein und dasselbe).

Die Fähigkeit, einen neuen Blick auf die Sache zu erlangen, ist dabei sogar so wesentlich, dass allein das den Willen freimacht. Aber zu diesem Thema komme ich später noch, wenn ich über die Verantwortlichkeit und den freien Willen rede; nun will ich zum Thema übergehen, was denn die Ideale des Lebens eigentlich sind.

Die Nichtigkeit der Tugend als Ideal

Was sind Tugenden? lautet also die nächste Frage. Ich will darüber reden, weil ich denke, dass sie trotz der prinzipiellen Unmöglichkeit, ein besseres Leben zu erreichen, dennoch dazu geeignet sind, um uns bei der Entscheidungsfindung und -umsetzung zu helfen. Hier aber mehr als Werkzeug der kreativen Lösung der Entscheidung als als kantische Maxime, und ohne uns also jemals Entscheidungen abnehmen zu können. Denn frei ist die Entscheidung ohnehin, die Frage ist nur, ob wir diese Freiheit auch nutzen können oder nur als Sklave fremder Objekte entscheiden, seien es die Zufälligkeiten der Welt, die die Gedankenlosigkeit steuern, oder sei es die allerhöchste Maxime der Gerechtigkeit - gebunden sind wir durch beide gleichermaßen. Die Freiheit der Entscheidung ist notwendig für unsere Neugier, für unsere Rechtfertigung der Welt als Ganzes. Denn nur, wenn ich nicht ein einzelnes Prinzip zur allerhöchsten Gerechtigkeit erhebe, kann ich mir die Neugier zum Guten bewahren, mein Gewissen. Darum also ist es gewissenhaft, Ideale zu verachten, und das ist es, was ich nun an den Tugenden erklären will.

Es ist meine Meinung ein falscher Eindruck, wenn wir die Tugenden als Ideale betrachten. Es gibt ja kein wirkliches höchstes Ziel, also kann es keine echten Ideale geben, nur solche, die sich aus dem subjektiv Guten ableiten. Aber was sind dann denn die Ziele, die gewöhnlichermaßen als Tugenden oder Werte bezeichnet werden? Nichtig können sie selbst nicht sein, aber auch nicht ideal. Ich denke, dass sie keine Begriffe der Bewertung sind, sondern viel mehr Begriffe zum Verständnis. Wenn wir nämlich die Idealität weglassen, so wird es nun auch möglich, normalerweise als schlecht formulierte Dinge als Tugenden zu sehen. Hier ist also Grausamkeit genauso Tugend wie Friedfertigkeit, eben weil Tugend nichts bedeutet, was inhärent gut ist. Ich versuche also hier eine möglichst allgemeine Definition für eine Tugend zu geben, die die allermeisten abdecken kann:

Eine Tugend ist eine Strategie, um das eigene Verhalten an einem Ziel auszurichten. Das Ziel kann dabei ein völlig beliebiges sein; es geht bei der Tugend nicht darum, warum ich etwas tue, sondern darum, wie ich etwas tue. Das ist der wesentliche Unterschied von meiner Idee einer Tugend etwa von der des Aristoteles, der die Zwecke der Handlungen als tugendhaft zu erkennen versucht, und dabei das mittlere als Begriff einführt. Es geht aber bei der Tugend nicht darum, dass sie gut ist, es ist bloß eine Strategie, ein Ziel zu verfolgen. Das zweite, was wesentlich ist, ist dass es hier nur um das Verhalten geht. Da es keine Essenz gibt, da ich nicht weiß, wer ich bin, kann ich nicht sagen, dass ich tugendhaft bin, sondern nur, dass ich mich nach einer bestimmten Tugend verhalte. So verhalte ich mich mutig, wenn ich die Strategie verfolge, Dinge eher auszuprobieren als zu lassen, dagegen vorsichtig, wenn ich die Dinge nicht tue, bei denen ich nicht sicher bin, ob ich sie tun sollte. Solche Gegensätze sind für Tugenden charakteristisch. Nun glaube ich aber nicht, wie es Aristoteles gesetzt hat, das tugendhaft zu handeln heißt, die richtige Mitte zwischen diesen Positionen zu finden; vielmehr sind beide Seiten Tugenden, nur für einen anderen Zweck. Eben darum ist die Tugend keine Eigenschaft von uns, kein Ideal, sondern eine Fähigkeit. Denn eins ist es zu wissen, wann man etwas tun soll und wann lassen; in der Fähigkeit fällt zusammen, was gegenteilig, und das beherrschen nur von einem gibt ihm nicht die Grenze, um derentwillen es Tugend ist. Die richtige Mitte ist nicht die Tugend, die Tugend ist die Kenntnis von beiden Seiten, von beiden Gegensätzen. Aber es ist wichtig hier zu erwähnen, dass das nicht heißt, dass die Gegensätze zusammenfallen, so wie es Cusanus und in seiner Folge sehr viele, so wie auch noch Hegel lehrten. Ich betreibe hier keine Dialektik, diese Verachte ich eher. Nein, die Einheit liegt nicht in den Sachen vor, sondern nur im Beherrschen, im gedanklichen Kontrollieren. Darin sind es keine Gegensätze, aber natürlich sind die Taten selbst sehr unterschiedlich, nur das Beherrschen oder Lassen ist dasselbe. Aber eben da das beherrschen von einem immer auch das beherrschen vom anderen vorrausetzt, ist es falsch, hier wirklich von Gegensätzen zu sprechen. Der Gegensatz liegt nicht in der Fähigkeit, er liegt im fähig verrichtetem. Es ist darum auch richtig, dass das Wort Tugend ursprünglich so viel bedeutete wie Tauglichkeit oder Fähigkeit - es ist nichts als eine Fähigkeit, und eine Fähigkeit ist kein Ideal.

Natürlich ist es in manchen Situationen gut, so eine Fähigkeit zu beherrschen, aber ich glaube nicht, dass das irgendeine Entscheidung löst. Denn welcher Tugend, welchem Anspruch ich denn folge, dass ist noch gänzlich unklar. Durch die Kraft, eine Tugend zu befolgen, erhält man immer auch die Kraft, sie nicht zu befolgen, und wir stehen vor demselben Problem wie vorher. Die Tugenden geben unseren Handlungsstrategien, nach denen wir entscheiden, zwar schöne Namen, können aber nicht erklären, warum wir uns so entscheiden. Es ist also keine Lösung für die Frage, wie ich handeln soll, wenn ich sage, dass ich tugendhaft handeln soll, weil ich damit eigentlich nur sage, dass ich fähig sein soll, die Strategie zum Handeln auszuführen, die am sinnvollsten ist, ohne dabei zu sagen, was denn nun sinnvoll ist. Ich will das im Folgenden an den sogenannten Kardinaltugenden zeigen, da sie immer wieder als Zeichen für richtiges Handeln genannt werden, aber doch letztlich nichts sind als leere Worte, die überhaupt nichts darüber aussagen, was gut ist und was nicht.

Mut, Maß und Weisheit als falsche Ideale und die Gerechtigkeit

Ich will hier zunächst auf die Frage eingehen, worin diese sogenannten Tugenden also bestehen. Beginnen wir mit dem Begriff von Mut. Mut besteht darin, eine Sache zu tun statt zu lassen. Darin liegt seine allgemeine Definition, die sich weit über seine Anwendung als Ideal erstreckt. Entsprechend gegenteilig ist nun der Begriff der Mäßigung definiert, nämlich als Fähigkeit, etwas zu lassen anstatt zu tun. Bei beiden Begriffen wird also offenbar, dass es um die eigene Bereitschaft zum Handeln geht, die hier wesentlich ist.

Aber handeln worum? Nur weil ich sage, dass ich mutig bin, heißt das doch noch überhaupt nicht, ob ich mich für die richtige Sache mutig einsetze. Es ist völlig unklar, worin der Mut bzw. die Mäßigung liegt, und deshalb ist beides kein Ideal. Ich will ja durch die Ethik gerade erst erfahren, wozu ich mich denn einsetzen soll, somit ist die bloße Feststellung, dass es gut ist, sich für das richtige einzusetzen, völlig leer und bedeutungslos. Denn das weiß ich ja vorher schon; dieser Mut, überhaupt zu handeln, ist vorausgesetzt, wenn ich die Frage zur Ethik alleine stelle, ohne diesen grundsätzlichen Willen käme ich überhaupt nicht darauf zu fragen, wie ich handeln solle, da ich dann ja gar nicht handeln wollte. Dasselbe gilt für die Mäßigung: Wenn ich nicht die Fähigkeit hätte, in bestimmten Situationen erst nachzudenken und dann zu handeln, so wäre ich gar nicht auf die Frage gekommen, was das gute ist, da ich dann stets meine vorschnellen Urteile ernst genommen hätte und nie wirklich darüber nachdächte, was ich eigentlich tue und ob das überhaupt richtig ist. Also muss ich diese Fähigkeiten, die Fähigkeit zum Handeln und zum Nachdenken, bereits voraussetzen, um Ethik betreiben zu können, sie können somit gar kein Ziel, kein festgelegtes Ideal innerhalb von ihr sein.

Am allerschlimmsten steht nun diese Leerheit beim Ideal der Weisheit oder Klugheit. Denn Weisheit ist, so wage ich zu behaupten, keine Tugend. Es ist keine Fähigkeit, weise zu sein, da Weisheit selbst bereits im guten Verhalten liegt (denn nichts anderes ist beobachtbar, also lässt sich nichts anderes von außen einschätzen). Da aber die Weisheit der Handlung nichts weiter aussagt, als dass die Handlung innerhalb meines ethischen Systems eine sinnvolle Handlung ist, so sage ich mit der Aufnahme der Weisheit als Tugend nichts weiter aus, als dass ich es gut finde, wenn man sich gut verhält. Das ist aber eine völlige Tautologie, denn noch ist unklar, was denn hier gut ist. Wir wollen ja gerade herausfinden, wie man sich denn verhalten soll, und können somit an dieser Stelle einen Begriff wie Weisheit nicht voraussetzen, da er sich, wenn überhaupt, erst später aus den ethischen Überlegungen ergibt und dann höchstens als Zusammenfassung des gesamten philosophischen Systems stehen könnte, das es dann in seiner Gesamtheit repräsentiert (wie man denn gut handeln solle), und kann nicht Ausgangspunkt für irgendeine Überlegung sein, da sie ja nur darum geführt wird, sie zu erreichen.

Nun bleibt also nur eine einzige Tugend übrig, die gewöhnlicherweise unter den Kardinaltugenden genannt wird, die Gerechtigkeit. Mit der Gerechtigkeit steht es nun insofern anders, da sie weder durch die Frage nach richtigem Verhalten vorausgesetzt wird (man kann sich etwa vorstellen, dass jemand sich denkt, etwas aus seiner Sicht ungerechtes wäre richtig, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, auch wenn er grundsätzlich weiß, dass es falsch ist; hier ist Gerechtigkeit also nicht in seinem Ausgangspunkt tautologisch), noch das Ziel unserer Untersuchung darstellt, da richtiges Handeln sich von Gerechtigkeit durchaus unterscheiden kann. Es ist somit die einzige Tugend, die tatsächlich eine Fähigkeit enthält, wenn auch eine sehr vage.

Ich werde, wenn ich den grundsätzlichen Wert unserer Gedanken geklärt habe, darauf eingehen, worin Gerechtigkeit besteht, denn das ist ja die eigentliche Frage, für deren Beantwortung ich aber noch etwas an weiterem Hintergrund benötige; Bevor ich darauf eingehe, werde ich unter dem Aspekt der Verantwortung in der Welt aber schon einmal angeben, was Gerechtigkeit als Handlung innerhalb der Welt bedeutet und was dabei das innerweltliche Handeln vom Welthandeln im Ganzen unterscheidet.

Bevor ich das jedoch mache, muss ich noch eine Reihe von Sekundärtugenden erklären, die nach den Kardinaltugenden angeführt werden, obwohl sie noch viel weniger Substanz enthalten, aber trotzdem für die Klärung der Tugendethik einigermaßen wichtig sind, da in ihnen zentrale und falsche Kerngedanken des westlichen Denkens stecken, die immer wieder daran zutage treten, Nachdem damit also alle klassischen Idealvorstellungen aus dem Weg geräumt sind, so will ich endlich andere Ideale erzeugen, die deutlich mehr aussagen als jene Worthülsen; ich weiß nicht, ob mir das gelingt, aber der Versuch allein erscheint es mir wert zu sein.

Fleiß und Hoffnung - Ergebnisse der Phantasielosigkeit

Sekundärtugenden lassen sich, bis auf unwesentliche Ausnahmen, auf zwei Grundtypen reduzieren: Fleiß und Hoffnung. Dabei fallen unter Fleiß alle Tugenden, die das Bemühen innerhalb der Welt darstellen (wie etwa: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Tüchtigkeit etc.), und Hoffnung jene, die ein Bemühen um die Welt als Ganzes zeigen (wie Glaube, Mitleid, Hoffnung). Es mag noch weitere Dinge geben, die auch als Tugenden behandelt werden, aber auf diese will ich hier nicht eingehen, da sie nicht im Kern das Problem berühren, worum ich mich hier kümmern will. Also bleibt zu zeigen, warum Fleiß und Hoffnung als Ideale problematisch sind und was sie verursachen.

Beginnen wir mit dem Ideal vom Fleiß. Es gibt hier einen klaren Grund, womit man Fleiß als Ideal ausschließen kann, nämlich die Ablehnung von Faulheit und Freizeit. Ich denke, dass hierin ein Grundfehler des heutigen Denkens liegt, eine Sache nur dann als wertvoll anzusehen, wenn sie etwas hervorbringt. Ich glaube nämlich ganz im Gegenteil, dass es Kontemplation und Abschweifung sind, die allein die Welt voranbringen, und es darum falsch ist, nicht abschweifen zu wollen. Denn solches Abschweifen, solche Träumerei ist nicht unproduktiv, wie so häufig behauptet wird, sie ist es nur dann, wenn wir den Traum als Ergebnis unseres eigenen Denkens nicht ernst nehmen.

Ich glaube auch, dass Philosophie im Kern nichts ist als jene Abschweifung, jene Missachtung von Fleiß und Gehorsam. Es geht in ihr immer darum, unproduktiv zu sein, über Dinge zu streiten, in denen man nicht vorankommt, die großen Träume zu träumen. Es ist darum auch kein Zufall, wenn immer wieder aus der Philosophie gemahnt wird, man solle sich mehr auf seine eigenen Überlegungen, auf seine eigene Muße besinnen, anstatt sich der Alltäglichkeit der Welt hinzugeben. Denn das kontemplative Leben fordert den höchsten nur möglichen Einsatz - zu wissen, was man will. Es ist darum viel schwerer, wirklich zu denken, wenn man nicht weiß, was man will, als wenn man es weiß, da man dann die Richtung des eigenen Denkens bereits erahnen kann und ihm folgen kann, auch wenn man nicht unbedingt weiß, wohin es einen führen will. Mit der Philosophie der Kindlichkeit will ich auch zeigen, dass schon im kindlichen Denken jene Gewissheit liegt, die vielen so unerreichbar erscheint, und dass es wirklich möglich ist, zu wissen, was man will, nämlich darin zu erkennen, dass es das ist, was ich jetzt will, und nur das. Darin geht meine Philosophie über die meisten anderen hinaus, dass ich nämlich die Kontemplation nicht in Hoffnung oder Suche basiere, sondern allein in sich selbst, allein in ihrem eigenen Wert.

Denn Hoffnung setzt ja voraus, dass ich die Vorstellung habe, es müsste irgendein Ziel in meinen Träumen gebe, das darin liegt, dass sie wirklich werden. Die Wirklichkeit als zentrale Kategorie hängt an der Hoffnung, da allen Gedanken, die auf einer hoffenden Suche basieren, implizit den Wunsch mitbringen, dass sie doch echt sein mögen. Aber das halte ich für falsch. Die Träume sind mir doch schon wirklich - denn im Traum sind sie ja echt! Ich halte es für eine trügerische Idee, dass wir unsere Phantasie für bloß ausgedacht halten, nur um dann nachher hoffen zu müssen, dass sie eintrifft. Sie ist nicht falsch, nicht illusorisch, sie ist in uns echt, und alles streben nach dem geträumten muss ja auch darauf aufbauen, dass es für mich echt ist, was ich geträumt habe. Man muss hier einen Unterschied machen zwischen dem Inhalt des Traumes und dem Folgen des Traumes: Natürlich ist das geträumte nicht in dieser Welt passiert, und darin ist es tatsächlich möglich, ihm zu versuchen zu folgen, zu versuchen, ihn Wirklichkeit dieser Welt werden zu lassen; aber die eigentliche Wirklichkeit auf mich ist bereits dann vorhanden, wenn ich den Traum hatte, er ist inhaltlich bereits real. Denn das zu bestreiten bedeutet, einen Unterschied zu machen zwischen dieser Welt und einer anderen, die andere Welt als unwert zu bezeichnen, als eine, aus der man besser aufwachen sollte, da sie eigentlich falsch ist und nichts Wirkliches zu sagen hat.

Doch ich denke, dass genau hier das Missverständnis liegt. Die andere Welt, die Traumwelt, ist genauso real wie die Wirklichkeit, da die Wirklichkeit selbst Traum ist. Das ist der Kern meiner ethischen Untersuchung, da hiermit den Träumen eine tatsächlich universale Würde zugesprochen wird, die die wichtigste Erkenntnis meines ethischen Systems darstellt.

Insgesamt lässt sich sagen: Traum wird von Fleiß verboten, von Hoffnung eingesperrt, er ist Feind der Tugenden und der Welt selbst Existenz und Wirklichkeit. Nur in ihrer Traumhaftigkeit ist die Welt uns überhaupt greifbar, nämlich darin, dass sie uns erscheint. Indem er aber von dem Ideal des fleißigen Arbeitens, dass kein Abschweifen erlaubt, gleich ganz verboten wird und durch die Hoffnung soweit eingeschränkt wird, als er realistisch und wirklich bleibe, so geht uns die Welt unserer eigentlichen Erscheinungen verloren und wir sehen in ihr nur das richtige, das realistische. Nun wissen wir ja aber gar nicht, was diese unsere Welt eigentlich ist (schließlich würde das zu wissen heißen, alles verstanden zu haben, letztlich sogar sich selbst, was unmöglich ist, wie ich in meinem ersten Text bewiesen habe), und können darum also eigentlich auch gar nicht bestreiten, das etwas in ihr ist. Für unser Denken wird das gleich ganz absurd: Wenn wir bestreiten, dass wir etwas denken, so haben wir es doch schon längst eben dadurch gedacht und somit unsere eigene Behauptung widerlegt. Also sehen wir, dass das Ideal der richtigen Welt falsch sein muss, so wir nicht einmal verstehen, was wirklich ist und was nicht, und dass es darum falsch ist, darauf zu hoffen, dass der Traum Wirklichkeit wird, da er das schon längst ist.

Noch unsinniger ist es nur, darauf zu hoffen, dass die Welt selbst Traum wird. Diese Art der Hoffnung, die Hoffnung auf die bessere Zeit, ist durch die Traumhaftigkeit der Welt widerlegt, so die Welt Traum ist, ist es offensichtlich falsch, darauf zu warten, dass sie es noch wird. Aber es steckt noch ein weiterer Fehler in dieser Idee von Hoffnung. Sie legt mehr in die Zukunft als die Gegenwart, sie versucht, Dinge vorherzusagen, über die sie überhaupt keine Aussage treffen kann. Ich denke, dass hier ein weiterer Grundfehler unserer Ideale hervortritt: Das Warten auf das ungewisse, die Vorstellung, es sei edel, auf die unbestimmte bessere Zeit zu hoffen. Ich denke, dass das kein Ideal sein kann, da es prinzipiell unerfüllbar ist: Es gibt keine bessere Zeit, kein höheres Ziel, es gibt meine jetzige Gegenwart und nichts sonst. Es ist falsch, darauf zu hoffen, dass es besser wird, wenn es überhaupt keinen besseren Zustand gibt (wie ich im oberen Teil über das bessere Leben bereits gezeigt habe). Der Traum ist gerade darin welthaft, dass es völlig unzeitig ist: Er sprengt jede Art der Zeitwahrnehmung, indem er uns die gegenwärtige Ewigkeit vor Augen führt. Für mich ist der Verlust der Zeitwahrnehmung sogar eines der wesentlichen Ziele der Kontemplation: nicht mehr zu wissen, wie spät es ist, zu erkennen, dass es tatsächlich alles an einem Tag passiert ist, gibt mir einen sehr starken Eindruck der Unendlichkeit, der sich nur durch solche sinnlosen Träume hervorrufen lässt, niemals durch hoffendes Suchen, niemals durch zeitgebundenes Phantasieren. Und genau deshalb muss ich die Hoffnung ablehnen: weil sie mehr in die Zukunft legt als in der Gegenwart ist, und damit nichts auslöst als leere Versprechen.

Traum und Wirklichkeit

Es geht nun um die zentrale Frage: Was ist das Wesen der Wirklichkeit? Unterscheidet sie sich vom Traum, und wie kann man das wissen?

Lange Zeit sprach man von Wirklichkeit im Unterschied zum Traum, von Echtem und Falschen und dergleichen, und glaubte sich sicher zu sein, was echt sei und was nicht. Ich denke aber, dass man hier einem Irrtum erlegen ist. Denn ich kann die Welt doch nur in meinen Erfahrungen ausdrücken, darin, wie eben nur ich die Welt sehe. Und da es sich hier um eine rein subjektive Sicht auf die Dinge handelt, so lässt sich schließen, unterscheidet sich diese Welt nicht im geringsten von einer Traumwelt, da das, was Träume auszeichnet, ja genau ist, privat zu sein und anderen unerklärlich.

Man mag nun einwenden, dass hier doch die ganze Entwicklung der Wissenschaft unterschlagen ist, und dass es durch die wissenschaftliche Methode doch möglich sein muss, diesen Unterschied zu überwinden und von der Welt zu sprechen als von mehr als einem reinen Traum. Das erschien mir auch zunächst so, und ich will die Leistungen der Wissenschaft auch in keiner Weise schmälern - innerhalb ihrer Möglichkeiten hat sie gewaltige Fortschritte erzielt. Nun wollen wir in der Philosophie aber häufig eine Sache, die die Wissenschaft gerade nicht leisten kann, und das ist Gewissheit. Reine Logik kann uns zwar ein bisschen Gewissheit geben, aber eben auch nur im Formalen, nie im Inhaltlichen, und alle empirische Wissenschaft schließlich kann überhaupt keine wirkliche Gewissheit liefern, wie es Popper so nachdrücklich gezeigt hat. Was aber sagt das aus über den Versuch, das Traumwesen der Wirklichkeit zu überwinden?

Da uns die Wissenschaft nur falsifizierbare Hypothesen über die Welt liefert, die, da sie sich lange bewährt haben, vermutlich brauchbar sind, aber niemals wirklich wahr, so kann Wissenschaft im Grunde nichts daran ändern, dass die Welt subjektiv ist und sein muss. Meine Welt muss mir verschlossen bleiben, sie muss unvergleichbar sein, denn ich kann niemals erklären, wie sie ist, wie es ist, in ihr zu sein. Ich kann allerhöchstens den Inhalt, den ich in der Welt sehe, in Aussagen packen, die wiederum jemand in seiner Welt interpretieren kann und dann möglicherweise versucht herauszufinden, ob sich diese Idee nach seiner Erfahrung in seiner Welt bestätigt, und das wiederum mir mitteilen, damit ich das mit meiner Erfahrung vergleichen kann. Das ist eindeutig kein Vorgang der tatsächlichen Überprüfung von dem, was ist, sondern vielmehr eine Überprüfung von konkreten Hypothesen innerhalb eines vorher festgelegten Systems von Verbindungspunkten zwischen den Welten, den Wörtern der Sprache.

Ich gehe hierauf so detailliert ein, obwohl ich das schon an anderer Stelle behandelt habe, um ganz deutlich zu machen, was ich meine, wenn ich von der Traumartigkeit dieser Welt spreche. Es handelt sich hierbei um nichts mysteriöses, es ist schlichtweg die Unfähigkeit, meine Erfahrung an irgendeinen anderen zu vermitteln, ebenso wie es bei Träumen der Fall ist. Bei Träumen ist es nur umso deutlicher, da hier auch der beschriebene Inhalt völlig disjunkt ist, der andere weiß ja nicht mal, was passiert ist, geschweige denn wie. Aber eigentlich gilt das auch für unsere Welt. Auch in unserer Welt ist eigentlich nicht vermittelbar, was passiert ist. Wir bilden uns das zwar ein, indem wir Ereignisse versuchen festzuhalten, aber wir halten dabei immer nur schwache Spiegelbilder der eigentlichen Erfahrung fest, die überhaupt nicht wirklich sind, sondern von sich aus immer schon vermittelt.

Nun ist es natürlich leicht, von der Philosophie zu verlangen, dass sie diese Schatten aufklären möge, so wie es Platon tat, als er eine Sonne des Guten, die Stärke der intellektuellen Intuition vor jene Schatten stellte, und das Heraustreten zur Sonne als die größte Erkenntnis der Welt bezeichnete. Ich glaube aber, das ist falsch. Wer die Absolutheit der Platonischen Sonne erstrebt, wird nicht mehr erreichen als sich die Finger zu verbrennen. Wahrheit kann nicht so leicht gewonnen werden, und schon gar nicht durch Platons Ideenschau, die nichts ist als ein Herumspekulieren mit Begriffen, die man selbst nicht recht verstanden hat. Ich denke auch, hinter diesem ganzen Anspruch der platonischen Sonne steckt etwas ganz gefährliches, das weit über die Frage der Wirklichkeit unserer Eindrücke hinausgeht: Die geringe Wertschätzung unserer Träume im Ganzen.

Warum wird denn überhaupt die Schattenhaftigkeit unserer Erfahrungen angegriffen? Was ist es, das uns glauben macht, Träume wären nichts wert? Ich denke, dass diese Fragen deshalb so wenig auftauchen, weil häufig dabei zwei Dinge vermischt werden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben: Das tatsächliche Auftreten von Missverständnissen und das Bemerken von Missverständnissen.

Während es beim Traum nämlich offensichtlich ist, dass er unvermittelbar ist, schließlich kann ich ihn nicht erklären, erhalte ich in der Wirklichkeit den Eindruck, verstanden zu werden. Aber dieser Eindruck täuscht. Ich kann niemals verstanden werden, da mein Denken prinzipiell unverständlich ist, und das oben beschriebene Verfahren, die Gedanken anderer zu interpretieren, ist ja keine rechte Alternative, da sie die Gedanken ja immer innerhalb ihres Denkens denken und nicht in meinem. Wenn man das versteht, so wird deutlich, dass der ganze Anspruch einer wirklichen Welt gegenüber einer fiktiven von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, da ich sowieso niemandem irgendetwas verständlich machen kann, geschweige denn erkennen, dass wir in der selben Welt leben.

Wir können also von der Wirklichkeit nur den Eindruck erhalten, in ihr zu sein, und nicht wissen, ob sie wirklich existiert. (Hierbei bedeutet „in ihr sein“ allein, dass ich die Perspektive auf diese Welt annehme; natürlich kann ich nicht selbst in der Welt sein, dass wäre ja eine völlig falsche Zuschreibung, die weit über meine kindliche Identitätslosigkeit hinausgeht.) Darin bin ich wirklich schlafendes Kind, dass ich nur weiß, dass ich bin und denke, und sonst nichts, als was mir erscheint. Die Welt ist Traum, denn mein Leben ist Schlaf. Ich bin schlafendes Kind, und nur als schlafendes Kind bin ich lebendig.

Über die wahre Welt nun etwas erfahren zu wollen, bedeutet, aufwachen zu wollen. Es ist derselbe Wille, der auch bewirkt, dass man im Traum wissen will. ob die Erfahrung echt ist oder nicht. Aber dieser Anspruch führt einen nirgendwohin als in den Tod - denn jeder Traum kennt nur ein Erwachen. Mit dem Erwachen zerplatzt der Traum. Es gibt keine Erkenntnis über die wahre Welt, solange wir nicht erwachen. Schließlich erwacht man auch, wenn man im Traum stirbt, und so ist auch das erfahren über die Wirklichkeit dieser Welt nichts als Tod und Niedergang. Ich denke, dass Platon hier durchaus recht hatte, als er meinte, dass die Sucher der Wahrheit eigentlich Sucher des Todes sind. Aber genau darin sehe ich das Hauptproblem mit solchen Vorstellungen, dass es uns in den Tod treibt, und wenn nicht in den Tod, so doch zumindest in die Verzweiflung, dass alles falsch ist, wie es im Poststrukturalismus am reinsten zu erkennen ist.

Aber dieser Traum ist zu schön, um ihn wegzuwerfen, zu wichtig, um ihn liegenzulassen. Gerade weil alles Streben nach dem Absoluten Suche nach dem Ende der Welt ist, ein falsches Suchen, so muss ich mir selbst den Wert meiner Träume beweisen, auch wenn ich das Absolute nie erreichen kann. Ich habe nur den einen Weg offen, die absolute Wirklichkeit als Kriterium für Wert wegzuwerfen, alle Sicherheit der Existenz selbst zu verneinen und nur in der wirklichen, träumerischen Existenz Sinn und Wert zu finden. Ich werde nie wissen, was außerhalb meines Traums wirklich ist, aber das weiß ich doch sicher. Darin, dass ich jetzt träume, sehe ich Größe. nämlich die Größe, das zu akzeptieren. Es ist die Abschweifung, die Träumerei, die die Welt bildet, die Welt meiner weiten Träume. Sie ist mir darum etwas wert, dass ich sie denke, dass sie in mir ist. Dass das so ist, werde ich im weiteren Verlauf dieses Textes beweisen, aber die Problematik hier zeigt, dass es sich dabei nur um einen ganz bestimmten Typ von Beweis handeln kann.

Ich kann nämlich ganz grundsätzlich nicht beweisen, dass irgendetwas irgendeinen Wert hat. Die obige Argumentation der Nichtigkeit ist durchaus sinnvoll - wenn ich Wert nur in wirklicher Existenz sehe, so hat mit der Erkenntnis der Traumhaftigkeit der Welt die Welt selbst keinen Wert mehr. Ich kann das nicht verleugnen, und deshalb muss mein späterer Beweis auch davon ausgehen, dass die Welt irgendeinen Wert für mich besitzt, sonst wäre sie nämlich wirklich belanglos und inhaltsleer, und sie würde völlig zusammenbrechen, in allen Teilen meines Denkens.

Insgesamt will ich mit diesem Beweis und dem hier geschilderten Hintergrund eine Warnung aussprechen. Das Absolute ist nicht wirklicher, dass Transzendente nicht echter als das Immanente. Dieser Irrglaube ist ja heute noch unter Philosophen weit verbreitet, wohl hauptsächlich, weil sie die eigentliche Eigenschaft des Absoluten nicht verstanden haben. Das Absolute ist losgelöst von aller konkreten Welt, von allen Umständen, und damit absolut wahr, ja - aber gerade dadurch ist es auch absolut nichtssagend. Alles Absolute muss tautologisch sein, solange es nicht in der Existenz notwendiger Dinge fundiert ist, und jene Existenz ist ja ebenso nichtssagend. Ich kann durch keine Abstraktion der Welt die wirkliche Existenz der Dinge verstehen, da ich mich ja in der Abstraktion immer weiter von ihnen entferne und letztlich rein formale Aussagen betrachte, die aber überhaupt nicht wirklicher sind als die Erscheinungen meiner Welt. Denn auch das abstrakte, das rein Absolute, so es in den Tautologien meiner Sprache und der notwendigen Existenz von mir selbst liegt, ist doch begründet im Traum, in meiner Suche nach etwas festem. Ich weiß zwar nicht, ob die Mathematik einen sonderlich träumerischen Eindruck auf das Denken hinterlassen kann, aber ich sah sie immer als besonders episch und abschweifend an, und glaubte fest, in ihrer Suche auch einen phantastischen Anteil zu erkennen.

Jener phantastische Anteil unterscheidet sie von der platonischen Sonne. Diese Sonne ist erbarmungslos, sie zerstört den Wert aller Wirklichkeit durch die Idee absoluter Existenz jenseits unserer Eindrücke, und ist damit alles andere als phantastisch und träumerisch, sondern im Gegenteil leer und nichtssagend, tautologisch und dabei entwertend. Ich denke, dass die allermeisten Philosophien, die heute das Subjektive hochwerten, und das mehr aus der Verzweiflung tun, die echte Welt ja nicht entdecken zu können, dadurch dieser Sonnenvorstellung nur allzu nahe stehen und sie damit eigentlich bereits akzeptiert haben. Der Pessimismus im Postrukturalismus ist im Kern platonisch, er ist der Zweifel der platonischen Skepsis, nicht der pyrrhonischen. Ich dagegen versuche nun, hiermit den Träumen ihre Würde zurückzugeben. Ich weiß nicht, ob ich ihnen gerecht werden kann, aber das ist das mindeste, was ich meiner eigenen Welt geben kann - zu sagen, dass sie echt ist, gerade weil sie Traum, zu sagen, dass sie wirklich ist, gerade weil sie nichts sein kann als ein fahler Schatten, ein Schatten von mir selbst, der mir ebenso schattenhaft vorkommen muss in dieser Welt, dieser Nichtigkeit meines Denkens. Aber ich bin nun mal dieser Schatten, und der werde ich auch bleiben. Mein Niemandsdasein ist zwar nicht so strahlend wie die platonische Sonne, aber definitiv wirklicher, klarer, deutlicher auch zu mir selbst.

Der Traum als erstarkte Aufmerksamkeit - die Fülle der Erfahrungen als Phänomen der Phantasie

Ich will nun noch auf einen weiteren Vorwurf eingehen, der häufig gegen das Träumen erhoben wird. Es ist der Vorwurf, im Traum würde man sich zu sehr von der Wirklichkeit entfernen, er würde einen unaufmerksam machen. Hierdurch wurde der Traum häufig als falsche Abschweifung verstoßen, da er keinen Wert habe in einer Welt, die wirklicher sei als meine Phantasie, darin, dass sie nicht auf Lügen basiere, die das Erschaffen meines Traumes ja überhaupt erst möglich gemacht hatten.

Nun, dass das vorgebrachte Argument nicht stimmen kann, haben wir oben schon gesehen, schließlich ist mir meine Phantasie genauso wirklich wie meine Welt. Denn ich weiß, dass der Traum nicht falsch ist. Er ist nur falsch in Bezug auf meine Welt. Der Wahrheit widerspricht er nur, so wir die Wahrheit der einen Welt in der anderen suchen. Wer so ein Argument vorbringt, reißt einen Teil des Traumes aus seiner Welt, und bewertet ihn in einem völlig falschen Bezugssystem. Darum kann das Argument nicht stimmen, Traum basiert auf Lügen, denn Lüge ist er nur in meiner Welt, nicht in seiner. Eben darin, dass alle Träume wahr sind, dass aller Schein wirklich ist, ist es falsch zu sagen, etwas ist grundsätzlich unsinnig, sondern nur richtig, zu sagen, es stimmt mit dem Rest der Welt nicht überein und erschafft somit eine eigene, fremdartige Welt. Darauf gehe ich später noch genauer ein.

Aber unabhängig von dem Argument ist noch immer die Frage offen, ob der Traum Abschweifung ist oder Konzentration. Traditionell wurde der Traum immer als eine Art Abschweifung aus der Wirklichkeit gesehen, aber stimmt das wirklich?

Es ist richtig, dass ein Teil unserer Träume im Schlaf stattfinden, oder doch zumindest im Zustand der Entspannung, des Dösens usw. Aber ich glaube, dass das nur verdeckt, dass die meisten Träume eben nicht im Dösen entstehen. Viele der Träume, die wir haben, nennen wir Fiktion oder Modell, auch Kunst oder Mathematik, Philosophie oder Wissenschaft, Literatur oder Computerprogramm. Alle Texte sind eine Art von Traum, so man sich vorstellt, jemand würde sie lesen oder man würde sie vortragen, alle Arten von Gegenständen enthalten die Träume ihrer Nutzung, ihrer Betrachtung etc. Wir versperren uns den Blick auf den Gegenstand unserer Untersuchung, wenn wir ausgerechnet mit Wort Traum nur die unklarsten, im Halbschlaf geborenen Ideen bezeichnen, und nicht vielmehr jeden Eindruck von Echtheit, von Welt, den wir in unseren Taten und Gedanken erblicken können. Die meisten Ideen, die im Schlaf entstehen, sind Zeichen der Alltäglichkeit, sie entstehen aus nichts als aus unserem gedankenlosen Daherdenken. Aber andere Träume sind alles andere als alltäglich, sie entkommen der Welt. Aber der Alltäglichkeit zu entkommen erfordert mehr, als sie zu erfassen. In der Welt zu sein, in der man war, ist nichts, in die zu kommen, in der man nie war, gewaltig. Darum ist diese Art von Traum kein Zeichen von Schläfrigkeit, sondern umgekehrt von größter Aufmerksamkeit.

So betrachtet sind also Traum, Fiktion und Vision dasselbe, nämlich darin, dass es gedacht ist. Traum ist nichts als das Verlassen einer Welt, um in eine andere zu gehen, die Fähigkeit, aus dem, was nun einmal vor einem liegt, zu gehen in etwas fernes, nur als Vorstellung vorhandenes. Darum aber ist klar, dass der Traum nicht im Fehlen von Aufmerksamkeit liegen kann. Gerade im Hinwegfliegen der Gedanken über die Welten liegt eine ungeheure Konzentration, nämlich die Fähigkeit, das denkbare in seiner Wirklichkeit als Gedanke erfassen zu können.

Insbesondere für die Philosophie ist die Ablehnung des Träumerischen sehr schädlich. Die Kontemplation ist es, die die großen Ideen der Philosophie hervorgebracht haben, nicht die Konzentration auf die Wirklichkeit. Der wache Schlaf ist das Leuchten der Welt. Sich selbst zu vergessen bedeutet, die Welt als ganzes zu denken.

Meine Philosophie der Kindlichkeit ist eben jenes Projekt: sich selbst zu vergessen. Denn alle Vorstellungen von mir selbst sind falsch, sie beschränken mich in dem, was ich denken kann. Denn im Unterschied zu den Vorstellungen über andere Dinge, die sich auf eine Welt beziehen, bezieht sich eine Vorstellung, die ich von mir selbst hätte, auf alle nur denkbaren Welten und schränkt meine Phantasie somit ein. Da ich aber keine Vorstellung über mich selbst habe, eben da ich mich selbst vergesse, dadurch bleiben meine Vorstellungen frei. (Auch wenn ich nicht meine Taten und mein Auftreten in jeder einzelnen Welt vergesse, aber das hat schlichtweg nichts mit mir im ganzen zu tun, da sie in den verschiedenen Welten nichts miteinander zu tun haben müssen (oder sollte ich mich für ein Verbrechen verteidigen müssen, was ich in einem Traum oder einer Geschichte begangen habe?) und somit die Denkbarkeit der Welten im Ganzen nicht beschränken.)

Zudem hat die Kontemplation noch eine weitere Funktion für die Philosophie: das Vergessen der Zeit. Für mich ist das Träumen und Abschweifen, das Denken auch über die Grenzen dieser Welt hinaus, die einzige wirkliche Methode, um die gegenwärtige Ewigkeit zu erfassen. Da es in der Philosophie ja besonders darum geht, das unzeitige zu erfassen, ist jene Kontemplation das beste Mittel dazu. Aber gerade die Unzeitigkeit liegt in der Geschichte, nämlich darin, das bleibende zu erfassen. So ist es, wie es Parmenides einst schrieb: Gemeinsam ist es, wo ich anfange, dann auf alle Strömungen und Schulen der Geschichte komme ich wieder zurück, als dass sie vereint sind in ihrer Suche nach Wahrheit (sei es auch in Ablehnung von Wahrheit oder Suche) und in der Gestalt ihrer Antworten. Und wir werden noch sehen, dass gerade in Parmenides frühem Ansatz, wenn auch in etwas falscher Form, ein Teil jener Erkenntnis der Kindlichkeit durchkommt, die auch mich leitet. Bis auf die Unterscheidung von Sein und Schein ist seine Theorie meiner sehr ähnlich, und es ist eigentlich nur jener Unterschied, der sie davon abgehalten hat, sinnvolle Ergebnisse zu liefern, und uns stattdessen so Unfug wie die platonische Ideenlehre gegeben hat.

Es ist zudem eine weitere Sache, die die Annahme der Kontemplation als Anstrengung, als Konzentration sogar unbedingt nötig macht. Es ist die Göttlichkeit der Kuscheltiere. Da ich eben in meinen Kuscheltieren die Göttlichkeit der Welt erkenne, liegt im Traum ihrer Sprache nicht bloß eine Abschweifung dieser Welt, ein Weggehen aus dem Eigentlichen, nein, vielmehr beschreibt diese Sprache die Größe der Welt selbst. In den Kuscheltieren liegt die Größe der Existenz, darin, dass sie sind, und nicht etwas sind. Darin liegt letztlich die Größe aller Dinge, als dass sie wert sind, nur insofern sie Kuscheltier sind. Das werde ich später beweisen. Aber hier wird schon deutlich, dass es ihre Existenz leugnen würde, würde man die Wirklichkeit dem Traum vorziehen, und somit vergeht alle Größe der Welt für den bitteren, der Wert nicht darin sehen kann, dass etwas erdacht ist, erträumt, groß in sich und seiner Welt.

Wille und Traum - Die Welt als Gedanke

Bevor ich nun über den freien Willen rede, möchte ich zunächst über den Willen im allgemeinen sprechen, sei er nun frei oder nicht. Es herrscht nämlich ein gewaltiges Missverständnis über die Art, wie Wille existiert. Das will ich zunächst ausräumen.

Man könnte ja zunächst denken, mir sei Wille ein Phänomen meines Denkens, dass ähnlich sei zu Wahrnehmung oder Schlussfolgerung, diesen in allem ähnlich, außer darin, dass es frei ist. Das kann aber nicht stimmen, denn während ich die Existenz meiner Wahrnehmung oder meiner Schlussfolgerung leugnen kann, während ich behaupten kann, alle meine Eindrücke der Welt wären falsch, so kann ich doch die Existenz meines Willens niemals leugnen. Er ist notwendig dafür, dass ich überhaupt denke. Denn wollte ich es nicht, wie könnte ich überhaupt irgendetwas denken? Wie könnte die Welt denn irgendeinen Sinn haben, wenn nicht ich selbst ihn in sie legen würde? Es ist darum notwendig, dass ich einen Willen zum Denken habe, denn nur so kann mir die Welt als Gedanke wirklich sein.

Es ist wichtig, dass von dem Willen abzugrenzen, den ich in der Welt zu erkennen glaube. Zwar denke ich, auch bei anderen Menschen einen Willen erkennen zu können, aber das ist eine Sache des Eindrucks. Aus meiner Sicht haben meine Kuscheltiere ja genauso einen Willen wie alle anderen in der Welt, obwohl ich weiß, dass sie ihn eigentlich nicht haben könnten, aber es erscheint mir eben so. Deshalb ist jener Wille in der Welt nicht unleugbar, er ist nur in meiner Beobachtung. Das ist wichtig, wenn wir nachher über die Freiheit des Willens sprechen: das wir zwischen diesen beiden Willensformen unterscheiden.

Die Bedeutung des Willens geht aber bei mir selbst weit darüber hinaus, Entscheidungen zu treffen: alle Wahrnehmung ist Wille, jedes Denken, jeder Blick erschafft das Objekt meiner Tätigkeit erst. Indem die Welt das ist, was mir erscheint, ist es die Neugier nach diesen Erscheinungen, die die Welt selbst hervorbringt, denn nur darin, dass sie mir erscheinen, ist sie überhaupt da - sie wäre also gar nicht, würde ich mich nicht dafür interessieren. Letztlich wäre gar nichts, wenn ich völlig gelangweilt wäre. Aber aus meiner eigenen Sicht könnte ich das nie erkennen, weil die Dinge, die ich nicht betrachte, für mich eben nicht real sind, d.h. sie wären aus meiner Sicht gar nicht vorhanden. Es gibt ja nichts, was nicht ist, also kann ich mir gar nicht klar werden, dass ich mich überhaupt nicht dafür interessiere - ich muss mich zumindest soweit dafür interessieren, um diese Aussage überhaupt treffen zu können.

Darin ist der Wille unleugbar auch auf alles gerichtet, denn es gibt das nicht, worauf er nicht gerichtet ist, es ist schlicht nicht existent. Damit ist der Wille nicht nur etwas, was mich völlig erfüllt, sondern im Kern der Gedanke, der alle Dinge der Welt vereint: Darin, dass sie sind, darin, dass sie gedacht sind!

Das klassische Problem vom freien Willen und warum es ungültig ist

Lange Zeit wurde gestritten darüber, ob und warum der Wille frei ist. Die einzigen Argumente, die wirklich für die Willensfreiheit gefunden wurden, waren dabei entweder göttlicher Eingriff (so die Vorstellung der Teilhabe an der Weltseele bei Platon oder Plotin), oder eine nicht näher bestimmte, zufällige Abweichung, die durch unser Unwissen die Freiheit einführen sollte (ursprünglich schon bei Epikur, neuerdings auch in den Diskussionen über die philosophische Bedeutung der Quantenphysik). Nur das erste der beiden Argumente ist dabei überhaupt folgerichtig, aus dem zweiten folgt nur ein indeterminierter, nicht aber ein freier Wille. Und da ich, wie die allermeisten Philosophen, das erste Argument für falsch halte, eben weil ich die Idee eines solchen Gottes ablehnen kann, nicht aber meine eigene Existenz, eben weil ich mir selbst transzendental notwendig bin, so bleibt kein rechtes Argument übrig. Viele glauben nun, damit sei der freie Wille widerlegt und wir wären durch die Welt gebunden, damit könnten wir also nur den falschen Eindruck eines falschen Willens erhalten, dem aber keine Wirklichkeit entspricht. Das aber halte ich auch für falsch, denn ich habe ja den wirklichen Eindruck eines freien Willens. Und da mir die Welt ja nichts ist als Erscheinung, muss es den freien Willen auch in Wirklichkeit geben, eben weil er mir erscheint. Das ist somit allein aus meiner Anschauung beweisen, einen weiteren Beweis werde ich später geben. Aber wie kann das damit zusammenpassen, dass die Argumente für den freien Willen doch widerlegt sind? Nun, zwar sind die Argumente für einen freien Willen unsinnig, aber die Argumente gegen ihn sind es ebenfalls - das werde ich nun beweisen.

Was ist also das Argument, was gegen den freien Willen vorgebracht wird? Es gibt hier zwei verschiedene Argumente, die ich unterschiedlich behandeln muss.

Es gibt hier zunächst das Argument, dass wir nicht an freien Willen glauben sollten, weil wir keinen Grund haben, daran zu glauben. Ich denke, dass das durchaus richtig ist, allerdings nur, sofern es Dinge in der Welt betrifft. In der Tat habe ich keinen Grund anzunehmen, dass ein anderer Mensch einen freien Willen hat, jedenfalls nicht mehr, als ich es bei meinen Kuscheltieren annehmen würde. Da ich von ihnen nur ihr Verhalten und ihren Körper sehen kann, ich kann ja keine Gedanken lesen, geschweige denn verstehen, so scheint mir dort in der Tat kein freier Wille vorhanden zu sein. Ich würde es natürlich nicht ausschließen wollen, schließlich ist das Gehirn uns noch sehr unbekannt, vielleicht findet sich dort wirklich ein freier Wille. Aber dieser freie Wille ist sicher nicht dasselbe, was ich erlebe, sondern eher eine sehr komplexe Funktion unseres Körpers, die uns am Leben hält. Also können wir mit diesem Argument freien Willen tatsächlich ausschließen, aber nur für andere.

Das zweite Argument ist nun anderer Art. Es geht davon aus, dass die physikalische Realität allumfassend ist und somit der freie Wille durch Naturgesetze erklärbar oder zumindest vereinbar sein muss, sollte er existieren. Da nun die Naturgesetze aber sehr streng sind, und außer stochastischen Abweichungen der Quantenphysik keinerlei Beliebigkeit oder Freiheit erlauben, so wird hier geschlossen, kann es einen freien Willen unmöglich geben.

Wie ist nun damit umzugehen? Ich denke, dass die Struktur des Arguments einwandfrei ist - wenn wir annehmen, dass die physikalische Wirklichkeit alles ist, dann kann es tatsächlich keinerlei freien Willen in ihr geben. Aber genau darin liegt doch der Fehler: Wie kann denn die physikalische Wirklichkeit alles sein? Wo sind denn Götter, Träume, Geschichten, wenn nicht in anderen Welten meiner Phantasie? Und mehr: Wo bin ich selbst, wenn ich mir unerkennbar bin? Es wäre doch widersprüchlich, wenn ich einerseits nach einem klaren Beweis annehmen muss, dass ich mich selbst nicht erkennen kann, weil ich mich vorrausetze, dass die Perspektive eben nicht dasselbe ist wie der Perspektivpunkt in der Welt, nur um dann diese weiche, unklare Annahme der Universalität einer Welt anzunehmen! Ich sehe zwar die Erkenntnisse der modernen Physik mit Hochachtung, finde aber diese Haltung, zu glauben, in dieser Welt bereits alles erkannt zu haben, überheblich und schädlich. Natürlich soll das nun nicht heißen, dass wir nun die Naturgesetze nicht mehr als universal anerkennen können, denn sie sind es weiterhin - innerhalb der Welt. Wir müssen zu allen physikalischen Aussagen diesen Zusatz hinzufügen, ebenso wie wir bei allen mathematischen Aussagen hinzufügen müssen, dass sie nur dann wahr sind, wenn die Grundannahmen nicht widersprüchlich sind. Mit dieser Einschränkung der Universalität bestätigt das zweite Argument nur, was das erste schon gesagt hat, dass wir innerhalb der Welt keinen freien Willen erwarten sollten, ohne aber unseren eigenen freien Willen infrage zu stellen.

Aber die Welt als ganzes könnte doch anders sein. Das Argument funktioniert ja nur, wenn die Welt so ist, wie sie jetzt ist; der Wille vom Ganzen, vom Sein, er kann doch niemals in einer Weltimmanenten Beschreibung richtig erfasst werden. Aber ich selbst bin mir transzendental, ich bin mir jener Willen: In der Beschreibung von mir selbst versagen alle Naturgesetze, da ich eben vor, nicht nach der Wahrnehmung bin, und nie könnte irgendein empirisches Argument die Existenz a priori erkennen oder gar beschreiben.

Also müssen wir erkennen, dass wir einen freien Willen haben. Denn in unserem Eindruck ist der Wille, den wir ja notwendig haben (wie im ersten Text bewiesen), frei, und damit ist er es in Wirklichkeit. Ich kann keinen Grund dafür angeben, da ich mich dafür selbst verstehen müsste, was schlicht unmöglich ist. Die Freiheit meines Willens im Ganzen ist somit ähnlich zur Kontingenz der Welt: Wir denken, dass unsere Welt kontingent ist, weil wir uns sie auch anders denken können, eben weil sie auch nicht sein könnte. Die Freiheit ist mir aber ebenso ungreifbar wie die Existenz im Ganzen: sie muss da sein, aber warum sie da sein muss, werde ich nie begreifen. Selbst wenn ich alle Gehirnfunktionen, alle meine Träume, alles über mein Denken und Verhalten verstehen werde, so werde ich doch nie verstehen, warum ich das getan habe. Denn ich muss voraussetzen, dass ich einen Grund habe, und doch zumindest den Grund, das zu bedenken, schließlich bin ich auf diese Frage gekommen, und nur durch einen Willen, einen eigenen Entschluss kann diese Frage mir doch je wirklich gewesen sein. Aber ich weiß damit immer noch nicht, warum mein Wille frei ist, nur, dass er da sein muss.

Aber es gibt tatsächlich einen Beweis, der die Frage beantwortet. Denn die Freiheit des Willens ist nicht nur empirisch, sie ist selbst transzendental. Diesen Beweis will ich im nächsten Abschnitt führen

Die Freiheit des Willens als transzendentale Notwendigkeit

Denn was bedeutet es überhaupt, dass der Wille frei ist? Es ist ja keine messbare Größe, nichts beobachtbares, sondern schlicht dieser Eindruck: dass alles, was ich entschieden habe, ich auch anders hätte entscheiden können, dass mich darin, wie ich die Dinge sehe und bewerte, nicht geleitet und eingeschränkt hat. Es ist nicht die Idee, dass ich im Rückblick eine Entscheidung umändern könnte, denn als Teil der Welt, als Tatsache betrachtet ist sie nicht frei, da sie dann ja schon Teil der Welt ist (eben das ist der Dualismus von Tatsachen und Entscheidungen).

Aber damit mich etwas dabei verleiten könnte, so müsste es existieren. Ich kann ja nicht von fremden Willen verleitet werden, wenn er gar nicht da ist. Aber für mich ist die Form doch einig, so ich ja alle anderen Formen nur innerhalb meiner Weltsicht überhaupt erkennen kann (siehe hierzu im ersten Text), also kann ein anderer Willen nur soweit existieren, dass er innerhalb meines Willens einen Platz gefunden hat!

Somit müssen wir erkennen, dass unser Wille gar nicht fremdgesteuert werden kann, da es außer ihm keinen weiteren gibt. Nur innerhalb meines Willens gibt es überhaupt Welt, wäre sie mir egal, so würde schlicht gar nichts existieren. Damit ist der Wille frei, und zwar nicht nur aus Beobachtung, sondern aus schlichter Notwendigkeit, daraus, dass wir ihn nicht mit einem anderen vergleichen könnten, weil er mir selbst eben unvergleichlich ist. Dass er frei ist, ist dasselbe, wie dass wir in ihm gefangen ist - durch seine Einzigkeit ist er beliebig.

Nun mag man einwenden, dass das zwar richtig ist, aber doch kein stärkerer Beweis ist als vorher. Denn auch der vorherige Beweis war transzendental, er schloss daraus, dass ich mir meinen Willen als frei denke, darauf, dass er frei ist, weil ich ohne freien Willen nicht darauf gekommen wäre, dass er frei ist. Aber dieser Beweis hier, aus der Einzigkeit des Willens, ist auf einer anderen Ebene, denn er ist nicht nur transzendental möglich, sondern auch notwendig. Ich definiere diesen Unterschied so:

Ich kann nicht sagen, dass eine transzendentale Aussage falsch ist, weil sie selbst nötig ist, um die Frage danach stellen zu können. D.h. es ist transzendental, was notwendig in der Frage nach seiner Existenz enthalten ist. Dagegen ist transzendental notwendig, was nicht nur in der Frage nach sich selbst enthalten ist, sondern ganz allgemein notwendig ist, um die Frage zu stellen, was es eigentlich gibt.

Der Wille, wie ich ihn hier dargestellt habe, ist transzendental notwendig, denn ohne Wille kann ich mir die Frage, was es eigentlich gibt, nicht stellen, und der Wille ist notwendigerweise einzig, da ich selbst mir einzig bin und ein und dieselbe transzendentale Grundkategorie nicht mit mehreren Dingen füllen kann. Also folgt hier die Willensfreiheit nicht nur aus der Frage, ob ich einen freien Willen habe, sondern vielmehr aus der Frage, was ist. Es ist eine Notwendigkeit aller Existenz, dass ich freien Willen habe.

Ich glaube damit, mit der Unterscheidung zwischen transzendentalen und immanenten Willen, das Problem vom freien Willen tatsächlich umfassend gelöst zu haben. Ich selbst muss freien Willen haben, sonst gäbe es gar nichts, aber nichts sonst kann freien Willen haben, da alles nur innerhalb meines Willens einen Platz haben kann. (Und so natürlich auch für jeden anderen, der Beweis ist ja zwingend, egal wer ihn liest.)

Verantwortung in der und für die Welt

Die Frage vom freien Willen wird häufig mit einer anderen Frage vermischt, wenn nicht sogar gleichgesetzt - die Frage nach Verantwortung. Wenn ich erkenne, dass freier Wille nicht in der Welt existiert, was heißt es dann, verantwortlich zu sein? ist die Frage, die daran geknüpft ist. Ich denke, dass auch hier eine Vermischung von Begriffen der eigentliche Grund für das Übel ist, und das wir hier erneut scharf zwischen mir selbst und anderen unterscheiden müssen. Denn, wie wir oben gesehen haben, habe ich selbst freien Willen, andere nicht. Nun kann man das als Anlass nehmen, sich selbst für alles verantwortlich zu sehen und sich für alle Ereignisse selbst schuldig zu glauben. Auf eine Art ist das auch richtig, nämlich darin, dass wir niemals von diesen Ereignissen wüssten, d.h. dass sie niemals in uns existierten, würden wir nicht da sein; aber es gibt doch sicher eine andere Art von Schuld, auf der unser ganzes Rechtssystem basiert, unsere Vorstellung, dass jemand für seine Taten verantwortlich ist.

Ich denke, dass hier aber Verantwortung in beiden Situationen etwas völlig anderes bezeichnet: Es ist anders, sich selbst oder einen anderen als schuldig zu befinden. Das merken wir schon allein daran, dass wir zur Beschuldigung einen anderen Beweis brauchen, für die Beschuldigung von uns selbst aber nicht. Ein Geständnis hat seinen Wert ja durch das Wort, nicht dadurch, ob es richtig ist. Natürlich kann niemand irgendeinen wegen einem falschen Geständnis wirklich beschuldigen, er braucht dazu auch Beweise, schließlich beschuldigt er einen anderen, aber aus der Sicht des Gestehenden selbst ist damit alles getan, es braucht keine Beweise mehr.

Offenbar liegt also die Verantwortung eines anderen nicht im Bewusstsein, verantwortlich zu sein, sondern in einer Tatsache, denn sonst könnte man überhaupt keine Beweise für Schuld finden. Diese Tatsache ist nichts weiter als die Entscheidung, die Tat tatsächlich zu begehen. Also gilt: Verantwortlich ist der, dessen Entscheidung ein Ereignis auslöst. Dabei ist es letztlich unwichtig, ob die Person diese Entscheidung treffen wollte; wenn es wirklich die Entscheidung dieser Person war und sie nicht durch äußere Umstände oder andere Personen dazu gezwungen wurde, ist sie verantwortlich. Niemand kann seine Ideologie dazu benutzen, plötzlich kein Mörder mehr zu sein.

Damit ist auch die Idee einer abschreckenden Strafe unsinnig; Strafe ist nur soweit sinnvoll, wie sie schädliches Verhalten unterdrückt. Sie soll nur dazu sorgen, dass solche Personen, die der Gesellschaft schaden, keinen Schaden mehr anrichten können. Aber es liegt keine Gerechtigkeit darin, darüber hinaus Verbrecher zu bestrafen. Rache ist unsinnig, und sie löst auch das Problem nicht. Denn sie erschafft im Rächer noch einen weiteren Verbrecher.

Ganz anders aber steht es mit meiner eigenen Verantwortung, denn sie muss sich ja auf alles beziehen, da ich ja letztlich für alles verantwortlich bin. Ich habe mich schließlich dafür zu entschieden, zu sein und zu denken, dieser Wille ist mir notwendig. Meine eigene Verantwortung ist die der Existenz, es ist eine, die nur ich selbst tragen kann. Ich kann mir sagen, ich hätte mich anders entscheiden können, genauso wie ich mir sagen kann, dass die Welt letztlich auch ganz anders sein könnte. Jene ultimative Kontingenz ist es, die meinen Willen frei macht, und die kontingente Welt als eine solche zu akzeptieren, bedeutet, diese Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen. Damit liegt die Verantwortlichkeit des Denkens darin, kindlich zu sein, zu träumen. Denn wer aufwachen will, wer das nicht kontingente erkennen will, findet nichts als seinen eigenen Tod. Leben ist Verantwortung, die Verantwortung, nicht einfach alles zu ignorieren. Allein die Sorglosen lehnen diese Verantwortung ab, indem sie versuchen, die Seelenruhe zu erreichen. Aber Seelenruhe ist doch genau jene Vergötterung der Langeweile, die Verantwortungslosigkeit überhaupt nur auslösen kann! Damit ist Meditation das Werkzeug zur Verantwortungslosigkeit, indem es uns alles als falsch und scheinbar erkennen lässt. Im Gegensatz dazu steht die philosophische Kontemplation, deren größter und wichtigster Spruch lautet: Gedanken sind! Die Welt ist Wert! Wert liegt darin, dass die Dinge sind! Und jene grundlegende Neugier ist es, die das ganze Denken leitet. Ich will sogar so weit gehen, dass es einzig diese grundlegende Neugier ist, der Wert darin, dass eine Sache einfach da ist, die den Dingen überhaupt Bedeutung verleiht. Das will ich im nächsten Abschnitt beweisen.

Insgesamt gilt also: Ich kann bei anderen nur das beurteilen, was sie tun und was für Folgen das hat, ich kann weder Charakter noch Werte von außen ansehen, somit kann ich weder mit der Tugendethik noch mit der Deontologie hier irgendeine Bewertung vornehmen. Ich kann aber auch keine objektive konsequentialistische Theorie anwenden, da ich weder weiß, was die Person sonst hätte tun können (da ich das grundsätzlich nur von mir selbst weiß), und meine Urteil meiner Beurteilung stets vorgängig ist, selbst wenn ich alle Alternativen kennen würde. Meine Bewertung der Dinge bindet mich hier ebenso wie meine Sprache, ich kann kein objektives Urteil fällen. Ich kann nur sagen, ob eine Entscheidung eine Tat ausgelöst hat oder nicht - und eben das ist Verantwortung. Damit bin ich äußerlich Konsequentialist, da ich hier nur an den Konsequenzen erkennen kann, ob irgendwer etwas falsch gemacht hat. Innerlich aber bin ich Deontologe, da ich meine Handlungen eben nach meinen Werten bewerte, in denen ich gebunden bin. Aber diese Bewertung ist kein Entscheidungskriterium, die Entscheidung muss aus mir selbst kommen, der ich mir nichtig bin, so dass letztlich jede Entscheidung aus dem Nichts kommt. Damit bin ich aus meiner Sicht für alles verantwortlich, aber für nichts schuldig. Dieser paradoxen Situation entkommt man dann, wenn man auf sein Handeln schaut, denn dort kann man erkennen, was aus den eigenen Handlungen wirklich geworden ist. Ich kann also niemals objektiv entscheiden, was ich tun soll, aber immer bewerten, ob eine Handlung (nicht ein Gedanke!) eine gute oder schlechte Auswirkung hatte. Diese Unterscheidung zwischen dem Treffen und Bewerten von Entscheidungen habe ich in dieser Form von Popper übernommen; ich werde auch über diesen Dualismus von Tatsachen und Entscheidungen noch einmal sprechen, wenn ich den Rest meiner Theorie dargelegt habe. Damit will ich nun weitermachen: mit der Frage, worin der Wert unserer Gedanken eigentlich liegt.

Moral des Phantastischen - Welchen Wert haben unsere Gedanken?

Ich will mich nun mit einer grundlegenden Frage beschäftigen, auf die bisher selten eine klare Antwort gegeben wurde. Ich weiß nicht, ob das daher kommt, dass man die Frage selbst als unsinnig ansah oder nicht glaubte, eine allgemeine Antwort finden zu können. Ich aber glaube so eine zu haben, und deshalb will ich mich hier daran machen, sie zu beweisen. Die Frage lautet: Welchen Wert haben eigentlich unsere Gedanken? Warum ist es uns wichtig, was wir denken? Und, da uns die Welt nur als Gedanke zugänglich ist, letztlich also auch: Welchen Wert kann die Welt für uns eigentlich haben?

Ich will hier zunächst zwei Arten von Wert unterscheiden (von denen sich einer als scheinbar herausstellen wird): Wert in Existenz und Wert in Inhalt. Sie seien so definiert: Eine Sache hat Wert in Existenz, wenn ihr Wert allein darin liegt, dass sie da ist, und nicht darin, was genau sie ist, was für eine Funktion sie hat. Dagegen ist eine Sache wert im Inhalt, wenn ihr Wert nicht nur darin liegt, sondern auch darin, was für eine Funktion sie hat, in welchem Zusammenhang sie steht.

Nun lässt sich aber widerlegen, dass eine Sache wirklich wert im Inhalt ist. Der Beweis lautet folgendermaßen:

Prämisse: Angenommen eine Sache wäre nun Wert im Inhalt.

  1. Dann muss ich ja mir eine Vorstellung vom Wert machen können, die diesen Wert darstellt.
  2. Damit die Sache aber nun wirklich im Inhalt wert ist, kann aber jene Begründung nicht allein dadurch wert sein, dass sie da ist, denn sonst wäre es die Sache ebenfalls, im Widerspruch zur Behauptung
  3. Das heißt aber, dass die Begründung selbst wiederum eine Begründung braucht, und so fort bis in alle Unendlichkeit
  4. Also müsste ich eine unendliche Begründungkette haben, um zu zeigen, dass die Sache wirklich darin wert ist, was sie ist.
  5. Aber sie kann nicht einfach eine bestimmte Unendlichkeit sein, denn über jene lässt sich hinausdenken, und damit muss auch sie begründet werden; so muss die Kette also über alle Transfiniten gehen
  6. Damit aber ist sie nicht denkbar, da die Menge aller Transfiniten eine echte Klasse ist, d.h. von der Größe her vergleichbar mit dem Denken selbst, was als Ganzes ein Unerkennbares ist
=> Widerspruch! Also kann eine Sache nicht Wert im Inhalt haben.

Was aber heißt es, wenn eine Sache nur darin wert ist, dass sie ist? Es heißt doch gerade, dass der Wert unserer Gedanken nichts ist als ihre Existenz! Niemals soll ich einen Traum, eine Phantasie niedriger bewerten als die Wirklichkeit, denn auch er ist. Dass er ist, macht ihn wert. Das ist die zentrale Aussage der Moral des Phantastischen: Verstoße keine Träume, denn alle Gedanken sind etwas wert! Nur darin, dass sie sind, darin, dass sie gedacht sind, sind sie überhaupt wert. Sie sind sich selbst Rechtfertigung genug und Größe ihres eigenen Widerscheins im Denken.

Existenz ist aber bei Gedanken keine Unterscheidung, denn über sie auszusagen heißt, dass sie sind. Damit kann ich niemals sagen, dass einer oder ein anderer Gedanke mehr oder weniger wert ist; sie alle sind es gleichermaßen in ihrer eigenen Existenz. Es ist die Würde der Träume, wert zu sein. Ich glaube hiermit auch, Kants Maxime, niemanden als Mittel zu Zweck zu gebrauchen, zu erweitern: Wer irgendetwas als Mittel zu Zweck gebraucht, hat seine Gedanken nicht recht durchdacht, denn er würde niemals die Begründung zu Ende führen können. Denn das gilt, vom größten Gott bis zum kleinsten Staubkorn: Niemals sind sie Mittel zum Zweck, denn nur darin, dass sie da sind, sind sie mir etwas wert, ganz egal, wofür sie da sind.

Ich denke aber nicht, dass deshalb nun alles gut ist. Wert liegt im guten wie im schlechten. Denn auch darin, eine Sache zu bedauern, liegt ja der Wert, sie bedauern zu können, der nicht da wäre, wäre sie einem völlig egal. Aber das macht sie nicht gut. Das ist es, was Platon missverstanden hat: Nicht die Idee des Guten, sondern die Idee vom Wert ist der Grund der Existenz

Die Rechtfertigung der Welt als ganzen liegt aber nicht in der Welt. Sie liegt darin, dass sie existiert, nicht was in ihr ist. Das ist es auch, was Wittgenstein als das Mystische bezeichnete, den Gott, der nicht in der Welt sei. Aber bei mir ist das nicht mystisch, sondern logisch. Es ist die Einheit von Logos und Mythos, von Wirklichkeit und Traum, die den Kern meines Denkens ausmacht. Das ist es, was ich im folgenden zeigen will. Dazu muss ich aber ganz an den Anfang zurückgehen, denn die verschiedene Wertschätzung von Traum und Wirklichkeit, von einer Art von Sein gegenüber dem anderen, geht zurück bis auf Parmenides, der ja die Sinnwelt verdammt hat, weil sie keine echte Existenz darstellt. Viele Philosophen nachher haben zwar unserer Sinnwelt wieder einen Wert gegeben, haben aber Parmenides‘ Sprechweise, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden, übernommen. Ich will aber jene grundlegende Unterscheidung selbst überwinden, und dazu suche ich nach einem neuen Weg, Parmenides‘ Offenbarung zu deuten.

Schein als Sein - über die Umkehr der parmenidischen Trennung

Meine Sicht ist im Grunde eine, die dem klassischen Skeptizismus sehr nahesteht. Um uns klarzumachen, woraus er besteht, nenne ich hier die beiden Aussagen, die meiner Meinung nach als Axiome jedes methodologischen Skeptizismus an der Realität an sich gelten können:

  1. Wir können die Welt nur in unserer Wahrnehmung erfassen
  2. Unser Denken kann uns täuschen
=> Wir können uns auch darin täuschen, dass die Welt existiert.

Etwas formaler ausgedrückt:

  1. Sein = Denken (Parmenides)
  2. Denken = Schein (Descartes)
=> Sein = Schein (Skepsis)

Der Schluss aus den Prämissen ist zwingend, wird aber häufig nicht richtig gezogen. Hier wird doch offenbar, dass der Unterschied zwischen Sein und Schein, zwischen Traum und Wirklichkeit eigentlich gar nicht vorhanden ist! Aber das wird häufig nun dafür verwendet, um die Wirklichkeit unserer Welt zu bestreiten, um zu sagen, dass sie falsch ist. Ich denke aber, es ist gerade andersherum: Eben weil mir die Wirklichkeit nichts ist als Schein, kann ich Wirklichkeit nur darin erkennen, mir zu erscheinen. Damit sind aber Träume und Geschichten genauso wahr wie diese Welt: sie sind nur in einer anderen Welt, aber dort sind sie wirklich. Wie sollte ich auch die Wirklichkeit einer Geschichte bestreiten, die ich selbst erlebt habe? Aber solange wir irgendeinen Wert in dieser Welt sehen, was ich durchaus tue, dann müssen wir zugeben, dass alle anderen Welten denselben Wert besitzen, schließlich existieren sie ja auch (wie oben bewiesen). Damit gilt die Umkehrung der Poststrukturalistischen Sinnverneinung: In allem liegt Sinn, alles ist wert! Alle Träume sind wahr, Wahrheit liegt in allem Denkbaren! Darin ist die Wahrheit gerettet - dass sie nicht auf eine Welt beschränkt ist.

Ich glaube nun, dass diese Ansicht, diese grundlegende Idee selbst schon bei Parmenides vorhanden war. Nicht darin, dass er sich das selbst so gedacht hätte, aber ich erkenne nichts als das in den Worten seiner Göttin. Und da ihren Worten etwas überzeitliches anhaftet, darin, mit welchem Anspruch sie spricht, so will ich mit demselben Anspruch die wirkliche Erkenntnis der Existenz in ihren Worten erkennen, ob Parmenides sie damals schon so erkannt hat oder nicht. Darum müssen wir also zunächst herausfinden, was Parmenides dazu veranlasst hat, die Grenze zwischen Sein und Schein aufzubauen, um dann in der Umkehrung seines Gedankens wirkliche Erkenntnis finden zu können.

Parmenides hatte in den Worten eine Botschaft klar erkannt, die ich mit ihm teile: Das Sein ist eins, ungeworden, unveränderlich, nicht teilbar und vollkommen. Er sah nun die Welt um sich herum und konnte das nicht damit vereinigen: Wie konnte das Sein all diese Eigenschaften haben, wenn die Welt doch ganz anders erscheint? Wie könnte es nichtsseiendes nicht geben, keine Gegensätze, wenn doch die ganze sinnliche Welt von Gegensätzen durchsetzt ist? Er konnte all diese Probleme nicht anders lösen, als sich schließlich völlig von aller Wahrnehmung zu lösen und nur in der reinen Verstandeserkenntnis dieser Eigenschaften des Seins Sicherheit zu finden.

Ich glaube aber, dass all diese Eigenschaften wirklich gelten. Und das nicht nur für eine theoretische Erkenntnis des Seienden, sondern gerade auch für die wahrnehmbare Welt. Sie ist eins, unveränderlich, vollkommen und untrennbar! Ich will mich also daran setzen diese Eigenschaften zu beweisen, nicht nur für das reine Sein, gerade auch für unsere Welt der Sinne und Träume. Wenn das getan ist, ist der Konflikt gelöst. Wir brauchen keine Unterscheidung von Sein und Schein mehr, weil der Schein bereits alle Eigenschaften des reinen Seins hat. Das einzige, was wir dann noch lösen müssen, ist der Begriff der Gegensätze und der negativen Prädikate, denen wir eine neue Definition geben müssen, um sie hier einordnen zu können. Am Ende werden wir sogar noch etwas deutlich weiteres erkennen, nämlich was das Sein grundsätzlich überhaupt ist, worin es liegen kann.

Beweis der parmenidischen Eigenschaften für den Traum

Beginnen wir also mit dem Beweis, dass der Schein, mein Traum der Welt, alle Eigenschaften des reinen Seins erfüllt:

1. Unveränderlichkeit (unentstanden, unvergänglich)

Die erste Eigenschaft, die das reine Sein bei Parmenides auszeichnet, ist dass es sich nicht verändern kann. Seine Göttin beweist das damit, dass es ja nur aus Seiendem hätte entstehen können (schließlich gibt es kein Nichtsseiendes) und dieses ja kein weiteres Seiendes hätte erzeugen können, und analog, dass es auch in nichts vergehen könnte. Der Beweis ist zwar deutlich, hilft aber nicht viel, da die Möglichkeit, dass sich das Seiende ändert, ohne zu entstehen oder zu vergehen, hier nicht widerlegt ist, was dann ja auch der zentrale Angriffspunkt seiner Theorie war, wie sie dann von den Atomisten und später von Platon und Aristoteles umgestaltet wurde. Es gibt nun aber einen sehr einfachen Beweis, der auch diese Möglichkeit ausräumt. Er lautet so:

  1. Um anzunehmen, dass sich etwas verändert hat, muss man sagen können, dass es vorher und nachher dasselbe ist, weil es sonst keine Sache gäbe, die sich verändert hat
  2. Aber dass es sich verändert hat, bedeutet ja gerade, dass es nicht mehr dieselbe Sache ist
=> Widerspruch! Also kann man nicht erkennen, dass sich etwas verändert hat.

Der Beweis sagt also folgendes: Ich kann nicht sagen, das da hat sich verändert. Ich kann nur sagen, dass da vorher die eine Sache war und nachher die andere, aber es gab keine Veränderung. Denn was sollte sich verändert haben, wenn es keine Kontinuität gegeben hat? Mein Eindruck jetzt und vorher ist ja ganz verschieden, also kann es sich überhaupt nicht um dieselbe Sache handeln (schließlich ist die Welt, was mir erscheint). Möglicherweise sind Teile des Ganzen vorher und nachher dieselben - objektiv betrachtet müssen sie sogar dieselben sein, spätestens wenn man anfängt, sie nur als Energie zu nehmen - aber es ist auch hier falsch zu sagen, wie es die Atomisten gesagt haben, dass sich eine bestimmte Anordnung von Teilen geändert habe. Sie hat sich nicht geändert, denn jetzt ist sie ja nicht mehr da, sondern eine andere. Man kann also sagen: Die Welt hatte vorher einen anderen Zusammenhang der Dinge als jetzt - aber nicht, er habe sich geändert. Denn er war vorher nicht, also kann er sich nicht geändert haben.

Man könnte jetzt auf den Gedanken kommen, den Unterschied zwischen diesen Zusammenhängen als Veränderung zu bezeichnen, aber das funktioniert nicht. Denn sie sind nicht dieselben, gerade deshalb unterscheiden sie sich ja. Es ist eher so, dass ich den Unterschied zwischen Zuständen als einen Unterschied zwischen völlig verschiedenen Dingen betrachten kann, und als solcher ist er auch messbar, ebenso wie ich einen Unterschied zwischen verschiedenen Orten messen kann. Aber es würde doch niemand sagen, dass wenn eine Sache an einem Ort eine andere oder nicht eine andere ist, sie sich jetzt verändert hätte oder gleich geblieben wäre, sondern eher, dass es an diesem Ort nicht oder auch so ist wie an meinem Ort. Also sollte ich nicht sagen, das hat sich verändert, sondern, zu dieser Zeit ist es anders als jetzt. Was sollte sich auch verändert haben, das vorher oder das nachher? Denn es gibt nichts gemeinsames, verbindendes, außer der Zeit selbst.

2. Vollkommenheit

Die zweite wesentliche Eigenschaft des reinen Seins ist seine Vollkommenheit. Die Göttin selbst hat dazu nur gesagt, dass es vollkommen ist, weil es ihm sonst an allem mangeln würde - eine meiner Meinung nach zwar richtige, aber sehr unklare Behauptung, da sie die eigentliche Kraft des Beweises nach hinten stellt.

Was bedeutet es denn für etwas, unvollkommen zu sein? Es bedeutet doch, dass wir es uns besser denken können, dass es prinzipiell etwas höheres gibt. Aber genau das kann bei der Welt unserer Eindrücke nicht passieren, denn wenn wir so eine Vorstellung hätten, so wäre sie selbst doch Eindruck, Erscheinung, Traum. Niemals könnten wir darauf kommen, dass es etwas besseres gibt, wenn es uns nicht erscheinen würde, aber damit ist es bereits Teil der Welt, die es transzendendieren soll, also muss sie vollkommen sein.

Damit hatte Parmenides durchaus recht: Wären unsere Träume aus unserer Sicht selbst unvollkommen, so könnten wir überhaupt nicht träumen, da wir dann das darüberhinausgehende zwar erkennen, nicht aber uns vorstellen können. Hierin, in der Unfähigkeit zum Vorstellen des Überschreitenden, des Transfiniten, liegt nun jener Mangel, von dem die Göttin sagt, dass es dem Sein dadurch an allem mangeln würde, eben weil es damit nicht mehr vollständig ist. Die Vollständigkeit des Seins ist damit ähnlich zu sehen wie die des Mengenuniversums: sie lässt die Hierarchie der Komplexität auftürmen, um damit einzig das Ganze als Idee abzulehnen. Diese Folgerung der Vollkommenheit werde ich aber später noch auf anderem Wege beweisen, da dieser Analogschluss doch sehr trügerisch ist und noch nicht zeigt, wie notwendig er eigentlich ist

3. Einzigkeit und Einheit

Die dritte Eigenschaft, die das Parmenidische Sein auszeichnet, ist seine Einzigkeit. Es ist einzig deshalb, weil es nicht getrennt sein kann, da alles, was ist, seiend ist, mit dem Sein also in Einheit verbunden ist, und es nichts geben kann, was nicht ist. Versuchen wir diese Eigenschaft nun auf unsere Träume anzuwenden.

Was bedeutet es, dass Traum und Wirklichkeit eins sind? Es heißt ja nicht, dass unsere Wirklichkeit sich nun genauso verhalten würde wie ein anderer Traum, dass die die Regeln aus der einen Welt nun genau die der anderen wären. Und doch scheint uns genau das vorgegeben: denn die Welten sind eins.

Aber das kann nicht sein. Wie also kann das Sein eins sein, obwohl die Welten getrennt sind? Wie können die Welten verschmelzen, obwohl ich nur immer in einer sein kann? Auf diese Fragen werde ich nachher eine Antwort geben, aber dafür muss ich zunächst genauer definieren, was die Grenze der Welten eigentlich ist. Wenn wir nämlich erkannt haben, dass die Grenze der Welten sie nicht trennt, sondern im Gegenteil erst vereinigt, dann können wir die Einheit des Seins anerkennen: darin sie dieselbe ist wie die Einheit des Bewusstseins, darin alles gedacht ist, so es für uns überhaupt existiert. Aber dafür müssen wir einen anderen Begriff von negativen Prädikaten entwickeln, die Parmenides selbst noch nicht zur Verfügung stand, das ist die Aufgabe des nächsten Abschnitts.

negative Prädikate, definiert in der Konsistenz der Welt: Über Gegensätze und ihre Gleichheit

Lange Zeit wurden Gegensätze, Negative, als das Gegenteil zum Seienden gesehen, und somit aus der Nichtexistenz des Nichtseienden die Falschheit jener Gegenteile, oder doch zumindest von einem der Aspekte des Gegenteils, geschlossen. Ich aber halte diesen Schluss für einen Fehlschluss, denn es gibt Gegenteile, selbst wenn es kein Nichtseiendes gibt. Denn diese Idee setzt voraus, dass falsches nicht ist, aber es ist ja gerade die Idee der Wirklichkeit der Träume, der Einheit des Seins, das auch Träume sind, dass auch falsches existiert, und das es für sich genommen, als eigene Welt, sogar wahr sein kann. Aber was ist dann Wahrheit, wenn nicht Übereinstimmung mit Existenz?

Ich nehme mir hier folgende Überlegung zur Grundlage: Ich kann ja nur dann sagen, zwei Sachen sind gegenteilig, wenn sie nicht zugleich richtig sind. Egal, was man betrachtet und wie unsinnlich man werde, dass ist doch die Idee, die hinter allen Gegensätzen steht. Aber was heißt hier, nicht zugleich? Es heißt ja nicht, dass ich mir das nicht vorstellen könnte, weil ich das können muss, schließlich habe ich gerade darüber nachgedacht und es mir eben deshalb vorgestellt. Es ist aber so, dass die Idee, dass etwas gleichzeitig gut und schlecht ist, dass es gleichzeitig warm und kalt ist etc. offensichtlich falsch ist. Wie kann also etwas falsch sein, obwohl ich es mir vorstellen kann?

Dazu greife ich auf einen einfachen logischen Satz zurück, der in der Lage ist, diese Probleme aufzulösen: aus Falschem folgt Beliebiges. Drehen wir ihn um: Falsch ist, woraus beliebiges folgt!

Damit haben wir jetzt ein einfaches Kriterium, um Gegensätze zu definieren: Zwei Dinge sind Gegensätze, wenn aus dem Gedanken, dass beide zugleich da sind, jeder beliebige Gedanke folgt, d.h. wenn die Welt, die beide verbindet, schon das ganze Sein ist.

Hierin erkennen wir nun, dass die Grenzen die Welten verbinden, nicht trennen: Was sie überschreitet, was das widersprüchliche wird, wird nicht zurückgestoßen, verboten, eingeschränkt, sondern ist in seiner Widersprüchlichkeit schon so allgemein, dass es zum Ganzen, zum Sein wird. Die Welteninneren werden getrennt durch reine Notwendigkeit (die Fessel der Dike, wie sie die Göttin nennt), denn niemals kann etwas in mehr als einer Welt sein, ohne zugleich schon in allen Welten zu sein.

Nun hat die obere Aussage aber noch eine weitere Schlussfolgerung, die für uns nachher noch wichtig sein wird. Sie liegt darin, dass nach Definition das Beliebige nur aus falschem folgen kann. Aber das muss doch heißen, dass auch das Beliebige falsch ist! (formal: wenn für alle a und ein bestimmtes b aus a => b folgt, dass a falsch ist, so ist auch b falsch, das ist tautologisch. Wichtig ist der Zusatz, dass es für alle a richtig sein muss, ansonsten ist es keine Tautologie). Also ist das Sein selbst eine falsche Idee. Nicht darin, dass etwas existiert, aber es ist unsinnig, das Sein als ganzes erkennen zu wollen. Das ist es, was ich oben als Folgerung der Vollkommenheit meinte: Eben weil das Sein, unser Denken, alles mögliche bereits als Wirklichkeit enthält, so kann ich es selbst unmöglich denken, da es sich sonst ja selbst enthalten müsste. Es ist das gleiche Argument, mit dem ich widerlegt habe, dass ich eine Identität habe (und wir werden noch sehen, dass es sogar wirklich dasselbe ist, da ich selbst nichts bin als das Sein), und deshalb ist für mich das Ganze schlicht undenkbar. Nur, dass etwas im Ganzen ist, das kann ich denken, ebenso wie ich denken kann, dass etwas in mir ist, ohne dabei jedoch jemals den Anspruch zu haben, mich selbst wirklich zu verstehen.

Diese Widersprüchlichkeit des Ganzen ist nun häufig so ausgelegt worden, dass die Gegensätze zusammenfallen und im reinen Sein eine Einheit bilden. Ich denke, dass das eine sinnvolle Idee ist, solange man sich klarmacht, dass sie nur im Ganzen, im Sein zusammenfallen, aber nie in irgendeiner Welt. In meinem Denken als das Ganze meiner Möglichkeiten fallen sicher alle Gegensätze zusammen, da ich mir das falsche genauso vorstellen kann wie das wahre, das gute wie das schöne, und in der Zusammenfassung von beidem schlichtweg alles wiedererkennen kann. Aber niemals fällt das in einer wahren Aussage zusammen, und wer diesen Zusammenfall nun benutzt um über eine wahre, wirkliche Welt zu reden, der begeht Unrecht, indem er eine Aussage aus einer Welt reißt, nur um sie in die andere zu stecken, die Fesseln der Notwendigkeit missachtet und Falsches und Richtiges verwechselt. Gegensätze sind nur darin eins, dass unsere Phantasie inkonsistent ist; unsere eigene Vorstellungskraft ist so umfassend, dass sie widersprüchlich ist, und nichts anderes steckt hinter der Gleichheit des Gegenteiligen, die so viele in Nachfolge zu Heraklit verwirrte und sie nur allzu häufig darin irren ließ, das wäre ein Zeichen von Veränderung, Wandel, wo doch gerade, dass nichts sich jemals dasselbe ist, kein Zeichen von Wandel, sondern von Unwandelbarkeit ist, und die Gleichheit der Gegensätze nicht schwelend, sondern schlicht logisch inkonsistent ist.

mehrwertige Logik der Träume - gegen die Idee der Alternative

Gegensätze werden nun häufig so gedeutet, dass sie paarweise auftreten, als These und Antithese, als affirmativ und negativ. Ich denke, dass das ein Fehlschluss ist, der daraus kommt, dass man den Widerspruch im Gegensatz von richtigem und falschen sieht. Aber nicht wahr und falsch ist der Gegensatz - es ist wahr und wahr. Beide Seiten sind gleichermaßen wahr, auch wenn und gerade weil sie sich gegenseitig ausschließen. Denn nichts anderes bedeutet ausschließen - dass beides wahr ist, aber nicht beides zugleich. Denn sonst wäre es kein Gegensatz, sonst gäbe es schlicht nur die eine Seite und die andere wäre unerkennbar. Aber beide gibt es, und damit sind beide wahr.

Darin liegt es auch, dass es nicht nur zwei Gegensätze geben muss. Oft sind es viel mehr, die sich gegenseitig ausschließen und darin gegensätzlich sind. Oder was sind Punkte im Kontinuum, wenn nicht sich gegenseitig ausschließend? Außerdem müssen sie sich nicht immer paarweise ausschließen, es könnte vielmehr sein, dass sich nur Dreiergruppen von Aussagen als falsch herausstellen, oder aber nur manche Paare sich ausschließen, andere aber wiederum funktionieren. Auch kommutativ müssen sie nicht sein; so könnte es sein, dass zu einer Aussage A genommen die Aussage B als falsch erscheint, aber A aus Sicht von B richtig ist. Alle klassischen Vorstellungen vom Gegensatz funktionieren hier nicht mehr, da sie eben voraussetzten, dass Gegensätze paarweise und nur paarweise auftauchen.

Damit aber ist noch etwas weiteres verbunden: Es gibt keine vollständige Liste von Gegensätzen. Es ist unmöglich zu sagen, was denn die Gegensätze zu einer bestimmten Aussage sind. Natürlich enthalten sie alle, dass eben diese Aussage falsch ist, aber was genau soll das sein? Darunter fällt doch jede Aussage, mit der die zu untersuchende Aussage inkonsistent ist! Also müsste man die ganze mögliche Gedankenwelt durchkämmen, um zu einer Antwort zu kommen. Das aber geht nicht, also wissen wir nie, ob es nicht noch eine ganz andere Idee geben könnte.

Diese Idee ist eng verwandt mit der Vorstellung von unbekannten Unbekannten (oder schwarze Schwäne, wie sie nach Taleb auch genannt werden). Es gibt nun einmal Ideen, die wir selbst noch nicht entdeckt haben, die aber doch in den Weiten unserer Phantasie wohnen. Diese nun durch eine einfache Fallunterscheidung abhandeln zu wollen, erscheint mir unmöglich. Deshalb ist eine grundsätzliche Folgerung aus meiner Theorie von Gegensätzen: Es gibt keine vollständige Fallunterscheidung, nur eine innerhalb einer bestimmten Welt, eines bestimmten Denkmusters. Ich habe niemals eine Alternative, aufgrund der ich mich entscheiden muss, ich habe immer die Wahl, über die bisherigen Möglichkeiten hinauszudenken. Darin liegt die Macht der Phantasie, die Größe meines Denkens.

Ich muss mich nicht zu einer richtigen Seite bekennen, denn es gibt keine richtigere Seite. Es gibt nur die, die ich besser finde, wenn ich denn eine besser finde. Aber niemals gibt es nur zwei. Und niemals ist es mir unmöglich, nicht sogleich eine neue zu erschaffen.

Erinnerung als Existenz. Über die Fortdauer als Gerechtigkeit

Mit dem Wert der Existenz hängt nun noch ein weiterer Wert zusammen, der für den Zusammenhang der Welt selbst sehr wichtig ist, der Wert der Erinnerung. Nur in der Erinnerung nämlich liegt die wahre Fortdauer, die Existenz über den jetzigen Zeitpunkt hinaus.

Denn niemals kann ich etwas vergessen wollen, schließlich ist es dann schon wert zu existieren, wenn es bloß da ist, wenn ich es bloß beachtet habe. Darum versuche ich, nichts zu verdrängen, weil gerade auch das schlimme, das furchtbare, wert ist zu sein, darin wie es ist. Ich finde es wichtig, Erinnerung als Wert an sich zu sehen, um eben alle Erinnerungen zu behalten, nicht nur die schönen. Und wenn ich etwas vergesse, so aus Unachtsamkeit, aus Ignoranz. Ich kann das aber eigentlich nicht wollen, es ist nur etwas, dass ich genauso wenig verhindern kann. Aber ich finde es wichtig, es zumindest soweit für mich zu sehen, um mir klar zu machen, dass ich es nicht will. Denn ansonsten würde ich ja denke, manche Gedanken wären unwert, behalten zu werden, anstatt einfach nur uninteressant, und damit würde ich eine Hierarchie innerhalb meines Denkens erzeugen, die letztlich wiederum die eines Seins und Nicht-Seins wäre, wobei letzteres ja nicht existieren kann. Damit aber kann nichts unwert sein, sich zu erinnern, sondern nur nicht in mir vorhanden, ohne dass ich es weiß. Eben darum weiß ich auch nicht, was ich vergessen habe, weil es nicht existiert und auch rückblickend nicht existiert hat - sonst würde man sich ja daran erinnern. Natürlich existierte es im früheren Denken als gegenwärtig, aber es existiert nicht im jetzigen Denken als vergangen. Dieser Unterschied ist wichtig, denn auch wenn ich von der Form her nur mein jetziges Denken als existierend voraussetzen kann, so kann ich aus meinem früheren Verhalten doch auf die Inhalte meines früheren Denkens kommen, natürlich ohne es anders verstehen zu können als ich jetzt Dinge verstehe, und so erkennen, ob ich etwas vergessen habe. Nur darüber ist mir das überhaupt möglich, und gerade hier weiß ich nicht, ob ich es früher wirklich wusste oder ob mich mein Verhalten täuscht. Einen anderen Weg aber habe ich nicht.

Damit ist meiner Meinung auch die Idee unsinnig, dass die Fortdauer, die Erinnerung, ein Zeichen einer besonderen Ehre wäre, wie es sich die Ägypter dachten. Es wäre falsch, irgendetwas mit Vergessenheit zu bestrafen, denn dann kann es sich wiederholen. Es ist deshalb ganz im Sinne der Ma‘at, auch zu fordern, Schlechtigkeit gut in Erinnerung zu behalten, da es mein höchster Wille sein muss, alles in Erinnerung zu behalten. Die Ma‘at als Ganzes liegt in dieser Forderung, sich an alles zu erinnern. Darum lautet die zweite Maxime der Moral des Phantastischen, nach der Forderung zur Gleichbehandlung von Traum und Wirklichkeit: Lass alle Welt Traum werden und verliere sie niemals aus der Erinnerung! Denn jener Traum, der zeitlose, ist die wahre Fortdauer. Daher hatten die Ägypter auch recht, als sie das Fortdauern auf die Erde und nicht in den Himmel legten, dass sie es in der Geschichte und nicht primär im Totenreich sahen. Aber im Gegensatz zu ihnen ist mir jeder Gedanke würdig - stjbwj nbw pw jmAxjj. Nur dadurch nämlich ist es möglich, allen Gedanken ihr Recht ergehen zu lassen, den guten wie den schlechten. Darum glaube ich auch, dass mehr als reines Handeln dazugehört, um die Dinge gerecht beurteilen zu können und sehe in der Erinnerung keine harte Arbeit, kein Tätigsein, sondern gerade das Abschweifen, das Träumen. Darin irrte der weise Oasenmann, als er seine Maxime setzte, dass es kein Gestern geben kann, für den, der nicht handelt (nn sf n wzfw, siehe Assmann, Ma‘at S. 60). Dagegen glaube ich, dass nur der träumerische wahrlich ein Bewusstsein seiner Geschichte haben kann. Darum sage ich, gegen die Tradition der Weisheit: nn sf n ms dHrt! Es gibt kein Gestern für das Kind der Bitterkeit! Denn wer nicht träumen kann, der kann sich auch nicht erinnern. Und nur in der Konsistenz des Traums, in der Klarheit meiner eigenen Erinnerung, kann ich die Klarheit finden, mit der ich auch selbst konsistent sein kann, mit der ich handeln kann für den, der handelt, damit für mich gehandelt wird. Verantwortlichkeit folgt daraus, träumerisch zu sein, sie folgt daraus, ein Bewusstsein vom Zusammenhang meiner Träume zu haben. Jener Zusammenhang ist letztlich das einzige, wonach ich mein Handeln richten kann, darum will ich mich jetzt genauer mit ihm befassen.

Die analytische Ethik, die die Wahrheitsmoral ersetzen soll - der Zusammenhang der Dinge

Der Zusammenhang der Dinge, ihre Ordnung, wurde nur allzu häufig als eine Sache verstanden, die in ihnen läge. Eben darum versuchte Platon und so noch Plotin, die Form im Inhalt der Welt zu finden, den Logos in den Erscheinungen zu finden. Es ist das, warum noch Heidegger das Zeugganze im Nutzen für andere und nicht als Wert an sich sah, warum noch die Strukturalisten die Ordnung in den Dingen als Ganzem zu erkennen glaubten. Es ist jener Zusammenhang, den die Poststrukturalisten abstritten und von den Objektivisten erneut behauptet wurde, und der bis heute die philosophische Diskussion weither bestimmt. Ich glaube, eine neue Bestimmung jener Ordnung gefunden zu haben, die über die bisherigen Streitigkeiten hinausgeht. Denn sosehr die Ordnung auch abgestritten wurde, so wenig blieb ihr Wesen angetastet, was doch nur in einem einzigen, falschen Verständnis liegt. Es liegt darin, die Form als Form ernst zu nehmen! Wenn man das nämlich tut, so erkennt man, wie nichtig all diese Streitigkeiten waren. Zusammenhang, Sinn, Wert, das sind Werte in sich selbst, Werte im reinen Denken, und als solche aufgefasst müssen sie Wert haben. Das Zeugganze, das All-Eine, ist jener Zusammenhang, der selbst in der Form der Welt begründet liegt - er ist transzendental notwendig. Darin liegt seine Kraft.

Aber jener Wert kann nur in Existenz selbst liegen! Der Zusammenhang ist also das Sein, muss aber auch in der Form des Denkens begründet sein. Denn nur dadurch erhält er seine Kraft. Somit liegt es nun deutlich vor mir: Ich bin das Sein! Nur wenn ich selbst die Existenz bin, so kann mir irgendetwas was wert sein, als ich es bin, der die Welten verbindet, der selbst das Verschmelzen ist, der mir nichts anderes sein kann als falsch und unerkennbar, aber eben darin doch wert, dass ich bin.

Die Ordnung der Dinge ist meine Art die Welt zu betrachten. Es ist jene Form, die den Logos der Natur ausmacht, und nur jene Form kann es sein, da sie mir einzig ist. Die Einzigkeit des Seins ist die Einheit des Bewusstseins - die Vollkommenheit der Welt ist die Unfassenheit der Phantasie! Aller Sinn, alle Bedeutung geht aus meinem Denken aus, denn nur in meinem Denken hat mir die Welt Wert. Darum ist meine Phantasie im eigentlichen Sinne Sein, nur durch das erscheinen haben die Dinge Form, und meine Neugier ist das, was den Dingen Inhalt verschafft. Sie erschafft die Welt im Ganzen, sie gibt ihr Sinn. Somit glaube ich Plotin recht geben zu müssen, dass wir in der Tat transzendental, von der reinen Einheit meiner Gedanken, meines Bewusstseins, d.i. dem All-Einen ausgehend, zunächst ein Prinzip der Existenz und dann eines des Sinns annehmen müssen. Somit nehme ich folgende Zuordnung vor:

  1. Ich – der All-Eine
  2. Phantasie – Logos
  3. Neugier - Pneuma

Wenn wir die Begriffe so aus dem Neuplatonismus übernehmen (und somit gleichsam Platonismus ohne Sonne, Idealismus ohne Ideale betreiben), so sind die Hypostasen nichts als die Stadien meiner Reflektion. Ontologie ist die Untersuchung meiner Träume, die Hierarchie nichts als die Reihenfolge meiner Reflektionen. Der Zusammenhang ist meine Art zu denken, er allein hält die Welt zusammen. Die Einzigkeit des All-Einen ist die Einzigkeit meiner Sprache, meiner Existenz a priori, und die Notwendigkeit des Transzendentalen ist es, die diesen drei Begriffen erst ihre wahre Stärke verleiht. Weil es die Kindlichkeit ist, die meine einzige, meine wahre, meine transzendentale Identität ausmacht, ist es das alberne, das spielerische, was den Kern aller Ontologie, aller Seinserforschung bildet. Ontologie ist alberne Selbstsuche, ist also der Kernsatz der Lehre der transzendentalen Kindlichkeit. Diese Art der Ontologie hat darum den Hauptsatz, wie ich ihn im Beweis der notwendigen Transzendentalien bereits im ersten Text getroffen habe: Ich bin das Sein, meine Phantasie ist die Ordnung der Dinge, meine Neugier erschafft die Welt. Darin liegt alle nur mögliche Erkenntnis über das notwendige Transzendentale.

Aber worin liegt nun der Fehler? Warum haben alle Theorien vorher, wenn sie etwas so weitreichendes schon erkannt haben, uns keine wirklichen Mittel geben können, um zu entscheiden, was wir tun sollen? Worin liegt das Problem? Ich glaube, dass wir es hier erneut mit einem Missverständnis zu tun haben.

Denn alle diese Theorien haben so getan, als wäre uns der Zusammenhang verschlossen, als wäre er undurchdringbar. Auf einer Ebene haben sie damit recht, denn das Ganze ist unverständlich. Aber auf einer anderen haben sie unrecht. Denn meine Art, die Welt zu sehen, ist mir nicht unverständlich - sie ist mir sogar die einzig richtige! Man kann sogar behaupten, dass das einzige, was wir wirklich verstehen, unsere Art ist, uns die Welt vorzustellen. Damit aber ist der Logos nicht transzendent. Nicht die Vorstellung, die Welt verstehen zu können, ist anmaßend - es ist der Gedanke, sie nicht verstehen zu können! Denn in mir habe ich sie doch verstanden - wie hätte ich das denn sonst formulieren können?

Wie hätte ich nicht wissen können, was ich tun soll, wenn ich doch etwas getan habe? Es ist doch meine Neugier, die mich geleitet hat, auch wenn es mir nicht immer klar war, warum. Ich kann mich nicht durch irgendein Schema entscheiden, nicht durch eine Art der Benutzung, wie es sich Heidegger dachte (und damit die Dinge der Welt von selbst würdigen Gedanken auf bloße Werkzeuge reduzierte), nicht durch ihre Entsprechung zu irgendwelchen Werten, wie es Kant versuchte, und auch nicht durch ihren Nutzen für mich selbst, wie es sich Epikur dachte. Nicht mein Charakter, nicht mein Nutzen, nicht meine Werte, einzig mein jetziger und deutlicher Wille kann mich zu einer Entscheidung führen! Natürlich weiß ich niemals, was das bedeutet, ob er recht hat, nicht mal wirklich, ob er notwendig ist oder nicht, aber gerade in diesem Unverständnis liegt eine große Freiheit - auch das unvernünftige, das alberne als Wahrheit gelten zu lassen, auch dem Traum den Wert der Wirklichkeit zu geben. Darin liegt die Größe der Kindlichkeit - Selbstwert zu haben, ohne sich auf Selbstbewusstsein stützen zu müssen. Ich weiß nicht, wer ich bin, wohin ich will, was es soll - aber ich weiß, was ich jetzt will, weil ich weiß, was mich jetzt interessiert, was jetzt in meinem Zusammenhang liegt.

Darum ist es auch falsch, was Heidegger der Philosophie vorgeworfen hat - gerade darin, dass ich seinsvergessen bin, dass ich kein Bewusstsein vom Ganzen, von mir haben kann, sehe ich einen Wert darin, dass es existiert. Ich weiß nicht, wer ich bin, denn ich bin selbst das Sein. Die Vereinigung mit dem Einen, das Schauen der Ideen, das sind die Illusionen, die uns die Idee einer persönlichen Identität, einer Erkenntnis der eigenen Existenz überhaupt erst gegeben haben, und man erkennt ihre Unsinnigkeit aus der Unmöglichkeit eben jener Idee der eigenen Identität, aus dem Anspruch, sich selbst verstanden zu haben. Darum sehe ich den Wert im Sein gerade darin, dass es nur ist, und niemals etwas ist, niemals Gegenstand von Gedanken, sondern ihnen immer schon vorgängig, als Idee der reinen Existenz, als Idee des Denkens selbst. Ich bin mir selbst gerade deshalb etwas wert, weil ich selbst keinen Platz in der Welt für mich sehen kann. Ich habe keinen Platz in der Welt, denn die Welt hat einen Platz in mir! Und dieser Wert ist es, der auch allen Wert der Welt erst erschafft. Selbstwert schafft Weltwert. Denn aller Wert liegt nur darin, dass es ist, und darum liegt er ganz in mir

Wahrhaftigkeit liegt nun im Erfassen der Wahrheit meiner Form. Sie liegt darin, das allgemeine Moralprinzip, Denken und Handeln in Übereinstimmung zu bringen, in meiner Welt zu finden. Darin, dass der Zusammenhang der Welt selbst mir die Möglichkeiten gibt, dass es eben meine Form zum Denken ist, die den Kern aller Entscheidung bildet, die eben nicht auf Tatsachen reduzierbar ist. Es ist moralisch, nicht zu versuchen, krampfhaft erwachsen und vernünftig zu sein, sondern seine Träume ernst zu nehmen. Denn dadurch erst kann man entscheiden. Nur dadurch, weil ich weiß, was ich jetzt will, was ich denke, kann ich mich überhaupt für etwas entscheiden, gerade auch, weil ich weiß, dass es kein rationales Kriterium zum Entscheiden gibt. Nur dass ich es jetzt will ist Kriterium, nur die Entscheidung des Seins selbst, des nichtigen, kann den Dingen wert geben, im guten wie im schlechten, in der Freiheit, sich selbst niemals zu verstehen.

Spielarten als Weltverbindung - Erweiterung der Kategorientafel

Nun, nachdem wir das Sein als solches bestimmt haben, sind wir auch in der Lage, ein früheres Problem zu lösen. Es war nämlich vorher nicht möglich, mit meinen grundsätzlichen Kategorien die Begriffe von Weltverschmelzung und Weltentstehung einzuordnen, weswegen wir unsere Kategorien erweitern mussten. Diese Prinzipien sind mir aber vorher schon begegnet, als ich mich mit den verschiedenen Arten von Spielen beschäftigt habe, und ich nehme dabei jetzt folgende Zuordnung vor: Die Spielmechanik entspricht der Lust, da es etwas konkretes ist, das Welterkunden dem Plan, dem Suchen nach Struktur in der Welt, nach ihren Regeln, und die Geschichte dem Gewissen, so allein auf sie moralische Urteile angewandt werden. Also muss die 4. Art Spiel, die Verbindung von Welten, etwas sein, was über die alten Kategorien hinausgeht und genau mit dem oben beschriebenen Begriff der Weltverschmelzung im reinen Sein zusammenfällt. Durch die weltübergreifenden Begriffe allein lässt sich die Moral des Phantastischen begründen, so wie ich es getan habe, somit sind sie zentral. Diese 4. Ebene der Welten sieht also so aus:

Ich Phantasie Neugier
Götter Falschheit/Beliebigkeit Vollendung Wirklichkeit
Subjektiv Einzigkeit Verschmelzen der Welten Spiel
Objektiv Eigenschaftslosigkeit Weite des Denkens Innerweltliche Konsistenz
Intuitiv Einheit der Gegensätze Vollkommenheit Wirklichkeit der Träume

Also lautet die vollständige Kategorientafel so:

EbeneIchPhantasieNeugier
Götter
0Leere MengeZusammensetzungModus ponens
1NichtsPhänomeneLust
2Leere NaturgesetzePlan
3GleichgültigkeitMoralGewissen
4Falschheit/Beliebigkeit Vollendung Wirklichkeit
Subjektiv
0erstes Prinzip, MonadeZusammensetzenWille zum Denken
1SelbstwahrnehmungExistenz der DingeWille zur Wahrnehmung
2TautologieHarmonieSuche nach Harmonie
3UnsicherheitWerte, Ethikgutes/schlechtes Gewissen
4Einzigkeit Verschmelzen der Welten Wirklichkeit der Träume
Objektiv
0InhaltslosigkeitZusammenhangSchritt von A nach B
1keine WahrnehmungMöglichkeit der WahrnehmungAkt der Wahrnehmung
2SprachgebundenheitFalsifizierbarkeitWeltzusammenhang
3ethische GebundenheitMoralprinzipMoralische Urteile
4Eigenschaftslosigkeit Weite des Denkens Innerweltliche Konsistenz
Intuitiv
0PunktStrukturWeg
1DunkelheitErhabenheit der NaturLust, Hunger
2VanitasSchönheit des DenkensSuche nach dem Weltprinzip
3Seelenruhemoralische Überzeitlichkeitepische Kindlichkeit
4Einheit der Gegensätze Vollkommenheit Spiel

Damit lassen sich nun alle Weltübergänge völlig beschreiben, ohne sich nun irgendwie einen reinen, freien Blickpunkt zu suchen, wie er früher oft angenommen wurde. Warum das funktioniert, erkläre ich im nächsten Abschnitt

Der Punkt jenseits aller Welten als Illusion - die Nichtexistenz des Objektiven

Es gibt nun manche, die annehmen, dass man zur Untersuchung der Welten einen Punkt außerhalb von ihr einnehmen müsste. Aber das ist unmöglich. Denn alles, was wir denken, ist der Natur nach gedanklich und damit sprachlich oder anschaulich, aber zumindest in einer dieser Formen weltlich. Indem ich einen Punkt außerhalb geschaffen habe, um die eine Welt zu beobachten, befinde ich mich in einer weiteren. Natürlich bedeutet das nicht, dass ich nicht gerade dadurch einen Blick auf die erste Welt werfen könnte, der in ihr nicht möglich ist, aber es ist illusorisch, daraus einen weltfreien Blickpunkt zu machen.

Das ist auch das Zugeständnis, dass ich dem Poststrukturalismus geben muss, dass er erkannte, dass uns Dinge immer nur in für uns wahrnehmbarer Form erscheinen und damit im System unseres Denkens gebunden sind, in dem es kein Zentrum gibt, da ein solches wieder nur von außen gesetzt wäre. Er hat das aber als negative Aussage genommen und versucht, damit Gedanken an das reine Denken zu verhindern, zu verhindern, dass irgendwer einen seiner Gedanken als wirklich betrachtete, da er ja nur geprägt ist durch seine Struktur.

Aber so eine Idee setzt doch bereits die Existenz der Wirklichkeit voraus, mit der das Denken dann nicht übereinstimmt. Aber so eine gibt es nicht. Durch unser Denken stellen wir die Wirklichkeit erst her, von der hier behauptet wird, wir würden sie nicht begreifen. Aber das kann nicht sein. Nur die Behauptung der Existenz einer absoluten, noumenalen Wirklichkeit ist illusorisch, nicht aber die Behauptung, unsere Welt erfassen zu können. Denn es wird unsere Welt eben dadurch, dass sie mir erscheint. Sie existiert in dem Moment schon, wo ich sie mir bloß vorstelle, eben als Vorstellung in mir. Damit aber kann meine Vorstellung der Welt nicht falsch sein, weil meine Vorstellung der Welt die Welt selbst ist. Natürlich kann diese Vorstellung in sich inkonsistent sein - das ist etwas anderes, was letztlich auf eine Beliebigkeit der Dinge hinausläuft - aber wir können durch einen Eindruck, der den gewöhnlichen Regeln unserer Welt widerspricht, weder behaupten, dass er nicht passiert ist, noch, dass die Regel falsch ist. Denn die Regel ist keine direkt beobachtbare Tatsache, sondern das Ergebnis der wissenschaftlichen Methode, die überprüfbare Theorien ergibt. Liegen sie nur einmalig falsch, so sind sie keineswegs falsch, denn ein einzelnes, nur von mir wahrgenommenes Ereignis ist keine Falsifizierung; aber dadurch lässt sich auch nicht sagen, dass sie nicht vielleicht doch falsch sein könnte.

Darin liegt der Fehler von denjenigen, die Theorien mehr Realität zugestatten als Einzeldingen. Natürlich besitzen Theorien auch Realität, aber eben nur als Theorien, nicht als die Ereignisse, die sie nicht falsifizieren, denn diese sind von der Theorie verschieden; Es ist falsch zu sagen, dass ein Ereignis ist realer als das andere, es ist richtig zu sagen, das eine erschließt sich einem mehr oder weniger als das andere, aber beide sind gleichermaßen passiert.

Da nun mein Denken selbst nichts ist als das gemeinsame aller möglichen Welten, gezeigt durch die notwendige Existenz von mir, dem tautologischen, meiner Phantasie und Neugier, so muss ich auch gar nicht außerhalb der Welten stehen, um sie beurteilen zu können. Denn ich, meine Art zu denken und die daraus erkennbaren Grundlagen der Logik und der Sprache sind Grundlage aller Welten, also auch ein Punkt, von dem aus man die Welten erkennen kann.

Der Poststrukturalist mag nun einwenden, dass ich mich damit über die Struktur stelle, ich mich gewissermaßen zum Zentrum der Welt mache. Das stimmt aber nicht, denn ich bin nicht Teil der Welt. Ich glaube nicht an eine ausgezeichnete Welt der Logik, ein Reich der Ideen, die den anderen Welten höhergestellt ist und von der aus man alles erkennen kann. Nein, vielmehr sind alle diese Dinge selbst Grundlage von Erkenntnis, ohne die es unmöglich wäre, die Welten überhaupt zu erkennen. Ich gebe jenen, die stur darauf beharren, dass es eine absolute Wahrheit nicht geben kann, weil man sich dabei ja außerhalb des System stellen würde, zu bedenken, dass doch zumindest die Vorstellung der Existenz der Struktur selbst, die Möglichkeit ihrer Denkbarkeit und den Willen, sie zu denken, wenn sie gedacht wurde, alles Dinge sind, die selbst in ihrer Sicht der Dinge wahr sein müssen, solange sie sich nicht in Widersprüchen verhaken wollen. Sie könnten nun natürlich den Weg der Hegelianer gehen und jene Widersprüchlichkeit als große Synthese preisen, aber mit derlei Schamanentum habe ich nichts zu schaffen. Natürlich ist unser Denken in gewissen Punkten widersprüchlich, aber diese Erkenntnis sollte ein Ansporn sein, unsere Begriffe weiterzuentwickeln, nicht, jene Widersprüchlichkeit der Darstellung mit dem Gegenstand der Untersuchung zu verwechseln. Widersprüche gibt es, können aber aufgelöst werden, widersprüchliche Synthesen sind aber Kunstprodukte des Schamanentums der Unsinnigkeit. Eben deshalb muss es also das Prinzip meiner selbst, meines Denkens und Willens als zugrundeliegendes Prinzip in der Welt geben, noch bevor es überhaupt irgendeine Welt gibt.

Das ist auch der Grund, warum sich einzig die nach mir aufgestellte Kategorientafel dazu eignet, die Welten zu untersuchen, denn sie geht nur von genau solchen Prinzipien aus, solche Prinzipien, die qua Existenz der Welt notwendigerweise a priori existieren. Damit benötigen sie keine Rechtfertigung von außen, denn man kann sie jederzeit rechtfertigen, wenn man nur die Worte der eigenen Welt benutzt, im Traum des Schlafs ebenso wie im Traum des Lebens

Über den Dualismus von Tatsachen und Entscheidungen

Kommen wir nun zur eigentlichen Frage unserer Untersuchung zurück, zur Frage, was eine Entscheidung wirklich ist und was es heißt, moralisch zu handeln. Ich habe bereits gezeigt, was es heißt, moralisch zu denken, nämlich zu träumen und sich zu erinnern, aber wie kann das bei dieser allgemeinen Frage weiterhelfen?

Es ist ja spätestens seit Popper klar geworden, dass wir hier eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Tatsachen und Entscheidungen einführen müssen. Auch wenn er das eigentliche Wesen der Entscheidung nicht recht verstanden hat, so ist diese Aussage klar: keine Entscheidung ist nur Tatsache, sie ist das erst dann, nachdem sie getroffen wurde. Ansonsten nämlich gäbe es gar keine Entscheidungen, also keinen freien Willen, aber eben jener Wille ist mir transzendental notwendig, also müssen sich Entscheidungen im Moment des Entscheidens von Tatsachen unterscheiden.

Aber ich glaube, dass bis heute das eigentliche Wesen der Entscheidung missverstanden wurde. Es wurde oft versucht, eine Entscheidung als eine Wahl zu begreifen, wo ich die Wahl habe, das eine oder das andere zu tun und ich mich dann für das eine und das andere entscheide. Aber genau das ist falsch! Wenn ich nämlich eine Wahl zwischen klaren Alternativen treffe, so ist dort eigentlich keine Entscheidung. Denn die Entscheidung ist nicht, welchen Weg ich nehmen soll. Sie ist, welche Wege es gibt. Wenn ich in einer Alternativsituation aussuche, so hat die Situation schon entschieden, und ich suche nur aus, ob ich nun den einen oder den anderen Weg nehme, aber ich entscheide mich überhaupt nicht dafür, einen der Wege zu nehmen, da eben diese Situation je vorgegeben war und es mir ebenso hätte egal sein können, welchen ich wähle.

Dass es immer einen weiteren Weg geben muss, dass die Alternative nicht zwischen einer geschlossenen Menge an Möglichkeiten, liegt, sondern im Gegenteil zwischen einer offenen Menge an Denkbarem, ermöglicht überhaupt erst, dass ich sagen kann, ich habe mich entschieden. Denn eben weil ich mir auch etwas ganz anderes hätte ausdenken können, ist es Entscheidung, etwas bestimmtes zu tun, ganz unabhängig davon, was es sonst noch so geben möge.

Man kann deshalb auch nicht, wie Popper es sich gedacht hat, alles ausprobieren und schauen was funktioniert. Denn bereites es als einen Weg gelten zu lassen, bedeutet, sich dafür zu entscheiden, und damit eben nicht alles auszuprobieren. Ich entscheide mich nicht gegen alles, wofür ich mich nicht entscheide, ich habe bei vielen schlicht noch nicht darüber nachgedacht oder bin zu keinem rechten Ergebnis gekommen. Natürlich ist es richtig, dass auch Nichtstun eine Entscheidung ist, aber es ist sicherlich keine Entscheidung, sich nicht über etwas entschieden zu haben, worüber man noch nicht mal nachgedacht hat, sondern es ist dann nur das Entscheidung, wofür man sich entschieden hat, und nicht, wogegen. Denn man kann sich auf dieser grundlegenden Ebene nicht gegen etwas entscheiden: Erwägen selbst ist Entscheidung. Entweder es ist einem als Option bewusst oder nicht, und darin selbst liegt die grundlegende Entscheidung, die Nachdenken darüber überhaupt erst möglich macht.

Darum denke ich, dass man überhaupt nicht abwägen kann, was das beste ist, sondern nur, ob etwas nicht falsch ist. Damit wende ich mich nun gegen den Ursprung dieser falschen Überzeugung, richtig zu handeln: Der Idee des vernünftigen Handelns und den Versuch, erwachsen zu sein. Denn es sind stets solche, die erwachsen sein wollen, die jene Theorien entwickeln, und darin selbst liegt aus meiner Sicht das eigentliche Übel.

Wille und Pflicht - gegen den Versuch, erwachsen zu sein

Was aber ist es, was die Erwachsenen derart irren lässt? Ich versuche das hier zu beantworten, obwohl das eine an sich deutlich schwerere Frage ist, als es zuerst aussieht. Denn ich selbst hatte diese Einstellung ja nur sehr kurze Zeit übernommen und kann somit nur verstehen, was ich selbst erlebt habe. Deshalb wird diese Beschreibung auch anders ausfallen als die irgendeiner Person, die länger solche Einstellungen hatte, bevor sie kindlich wurde, aber ich glaube, dass schon diese wenigen Erfahrungen ausreichen um einen Grund klar erkennen zu können.

Es ist eigentlich ein edles Ansinnen, das die Erwachsenen leitet, das Ziel, nichts falsch machen zu wollen, seinen Pflichten nachzukommen. Gegen diesen grundsätzlichen Versuch, mit seinen Werten im Einklang zu leben, habe ich auch nichts, zumindest solange das kindlich passiert, aber eben hier machen die Erwachsenen einen Fehler. Sie verwechseln nämlich das Falsche zu vermeiden damit, das Richtige zu tun, und glauben, sie würden richtig leben, wenn sie das falsche vermeiden würden. Somit stellen sie Regeln auf, die bestimmte Taten verbietet, da sie falsch sind, und setzen diese Regeln als Pflicht absolut. Sie nennen sie göttlich, naturgegeben oder beides, sie halten sie für das Ziel aller menschlichen Vernunft und die größte nur mögliche Erkenntnis. Aber sie übersehen, dass diese Regeln das Problem nicht lösen, weil sie es von der falschen Seite betrachten.

Da ich der Überzeugung bin, dass zwischen wahr und wahr der Gegensatz gefunden werden muss, so kann ich nicht einfach sagen, dass eine Sache falsch ist, um die andere Sache dann als gut zu erkennen. Nur weil ich der Überzeugung bin, dass es schlecht ist zu töten, habe ich noch keinen Begriff von Wert im Leben, von Würde; nur weil ich der Überzeugung bin, dass es schlecht ist zu stehlen, glaube ich noch nicht an Eigentum. Und doch werden diese Begriffe gleichgesetzt, ganz, als würde sich der eine aus dem anderen ergeben!

Wer glaubt, so einen Gegensatz zwischen wahr und falsch zu sehen, der kann dann natürlich ebenso einen Gegensatz zwischen Traum und Wirklichkeit postulieren, der mit ähnlicher Gewissheit zu folgen scheint. Aber die Gewissheit ist trügerisch, denn schon die Annahmen waren falsch.

Ich finde es darum für dieses ganze Problem sehr zentral, dass der Wert allein in Existenz, im Denken liegt, denn das heißt, dass ich gar nicht vernünftig begründen kann, warum ich das tue, was ich tue. Es ist zwar ein edles Ziel, vernünftig zu handeln, aber es ist unerreichbar - Handeln selbst ist Unvernunft, ist reine Phantasie. Indem man sich die eigenen Optionen, die eigenen Wege immer neu selbst ausdenkt, widerspricht man allen klassischen Vorstellungen davon, erwachsen zu sein, weil man sich eben nicht rational aus einer Menge an möglichen Handlungen entschieden hat, sondern das Handeln selbst erfunden hat, weil man es gut findet. Nur darin, dass einem die Idee gekommen ist, ist sie gut - ihr Wert liegt eben nur in ihrer Existenz.

Darum glaube ich, dass der zentrale Bruch mit der Erwachsenheit darin besteht, diese negativen Bestimmungen von Wert nicht stehen zu lassen. Wirklichkeit ist nicht, was nicht illusorisch ist - Wirklich ist gerade, was mir erscheint! Der Wert im Leben liegt nicht darin, Töten zu verurteilen - er liegt darin, die Kraft des Denkens, der Phantasie, in all seiner Breite wirklich zu sehen! Darin bin ich kindlich - dass ich den Wert in den Dingen selbst sehe, nicht darin, was sie nicht sind. Ich versuche nicht, unvernünftiges zu vermeiden, weil ich weiß, dass das nicht geht, schließlich ist mein Wunsch zum Leben selbst unvernünftig - wäre es schließlich nicht aus vernünftiger Sicht unsinnig zu träumen, den Traum des Wachens wie den des Schlafes? - aber gerade deshalb kann ich trotzdem einen Wert in die Vernunft legen. Gerade weil ich auch über mich lachen kann, weil ich weiß, dass mein Anspruch ein ganz und gar unvernünftiger, falscher ist, dass ich selbst als Kulminationspunkt der Gegensätze sogar wirklich und unumgänglich falsch bin, gerade darin kann ich mich doch erst wirklich ernst nehmen!

Und dass ich die Dinge schlecht finde, die ich schlecht finde, liegt ebenfalls in dieser Größe der Welt. Auch ich verachte die meisten Verbrechen, die sonst verachtet werden, aber aus anderen Gründen. Ich verachte ja Mord nicht deshalb, weil es das Gegenteil von Leben ist - was im übrigen auch unsinnig ist, es wäre höchstens das Gegenteil davon, jemanden am Leben zu lassen - und es dadurch quasi als Gegenteil der Würde des Lebens von selbst unwürdig wäre, sondern ich verachte ihn, weil er von sich aus grausam und hässlich ist. Ich kann das natürlich ebenso wenig begründen wie den Wert des Lebens, aber das berechtigt mich noch lange nicht, die beiden zu verbinden.

Somit kann ich sagen: Ich achte das Ziel des Erwachsenseins, wie es in stärkster Form von Kant in seinen berühmten Maximen des kategorischen Imperativs und der Menschenwürde ausgedrückt wurde. Aber ich glaube, dieses Projekt der Deontologie kann nicht funktionieren. Ich kann mir selbst keine Pflicht auferlegen, die dann für mich eine Entscheidung trifft und a priori moralisch ist - vielmehr ist es meine eigene Entscheidung, meine Neugier, mein Wille, der den Dingen überhaupt wert verleiht, darin dass sie sind, darin, dass sie gedacht sind! Ich bin gerade deshalb Kind, weil ich weiß, dass ich es sein will, weil ich weiß, dass ich leben will. Das kann ich aber durch nichts anderes begründen als durch meine Neugier selbst, denn dieser Anspruch ist völlig unvernünftig.

Wer dem Ziel der Erwachsenen wirklich folgt, und damit seinen starren Überzeugungen, seinen falschen Eindrücken von Identität und Wahrheit mehr Macht gibt als seinem Willen, seiner Neugier, den verachte ich ebenso wie die Jugendlichen, die diese Überzeugung zwar ablehnen, aber nur ebenso dogmatisch eine Gegenidentität aufbauen, die sie selbst später als falsch erkennen müssen, ohne jedoch danach das kindliche Denken wiederaufzunehmen, sondern nur desto mehr in falsche Überzeugungen des Erwachsenseins abdriften. Wer seinem Willen trotzdem Raum lässt, wer seine Identität nicht allzu ernst nimmt und seine Pflicht auch als seine Entscheidung begreift, ist aber in Wahrheit immer Kind geblieben, da er in seinem Denken, seiner Entscheidung, seiner Phantasie den Kern der Welt sucht, nicht in falschen Überzeugungen. Nur machen sich das die meisten nicht klar, weswegen sie weiterhin so tun, als würden sie vernünftig handeln, und denken sich darum Erklärungen aus, wo doch eigentlich nur ihr alberner, kindlicher Wille der Grund der Entscheidung gewesen war.

Wenn man es nun auch als vernünftig ansieht, auch Dinge zu tun, von denen man nicht verstanden hat, warum man sie tut (oder, wenn man verstanden hat, das es keinen Grund gibt, der über die Existenz eben dieses Gedankens hinausgeht, da er sich selbst rechtfertigt und von irgendwelchen Planvorstellungen höchstens inspiriert sein kann), dann ist natürlich all das vernünftig. Aber dann wäre alles vernünftig, und das Wort verlöre seine Bedeutung. Also bleibe ich bei der Bedeutung, dass Vernunft darin liegt, das zu tun, dessen Grund man selbst verstanden und gutgeheißen hat, und sage hier nur, dass Vernunft eben nicht der Maßstab für Ethik ist. Denn ich verstehe nicht, warum ich leben will. Ich will es nur, darin liegt der Wert des Seins.

Der erwachsene Blick auf die Sache wird dieser kindlichen Phantasie nicht gerecht. Er unterscheidet nur zwischen wahr und falsch, zwischen vernünftig und sinnlos. Aber gerade im phantastischen, absurden, wird doch die Größe auch des kindlichen Ernstes erst wirklich erkennbar! Für mich ist es darum nicht nur ein Verbrechen, Dinge aus anderen Welten herauszuziehen und sie in eine falsche zu stellen, wo sie dann nichts sind als Lügen, als absurde Zerrbilder, eben weil sie als Behauptung in eine unpassende Welt gestellt werden, sondern außerdem noch deutlich höheres Verbrechen, die Welten als Ganze, als gedachte, aus dem Denken herauszuziehen und wie ein Objekt in unserer Welt zu behandeln, sie als fiktional abzutun und all ihr Wirken und ihre Wirklichkeit zu bestreiten. Aber wie fiktional sind denn auch die Welten, die wir Wirklichkeit nennen, wie scheinbar und konstruiert, wie in den Erkenntnissen über unsere Gesellschaft nur immer wieder zu Tage tritt - und wie echt müssen denn die fiktionalen Welten sein, wenn wir glauben, sie wirklich erlebt zu haben, wenn wir über sie lachen, weinen können, und - und dass ist vielleicht das wichtigste von allen Dingen - wenn wir glauben, dass wir selbst es waren, der das erlebt hat, wenn auch mit anderem Schatten in der Welt (worin wieder einmal deutlich wird, dass wir uns nur als formale Grundlage der Welt selbst, als reines Sein, selbst unerkennbarer Gott, niemals innerhalb sondern immer vor jeder Welt begreifen können). Darin sind Traum und Wirklichkeit gleich, und darin liegt die große Erkenntnis des kindlichen Denkens.

Somit bedeutet Kindlichkeit vor allem: die Schranke zwischen Wirklichkeit und Traum, zwischen Sein und Schein niederzureißen, die eigene Identität fallen zu lassen und nur in der reinen Existenz, im Wertgeben der Welt, sich irgendeine Aufgabe zuzuschreiben. Auf dass alle Träume im Denken selbst erkennbar werden, und niemals wieder ein Traum verstoßen werde, weil er nicht wirklich, niemals eine Idee verworfen, weil sie nicht aus reiner Vernunft begründbar wäre! Nur im Willen ist meine Pflicht, und darin gerade dabei, das unverständliche, unklare, im klaren zu erkennen und damit besonders meiner weiten und mir selbst doch verschlossenen Phantasie ihre Würde zurückzugeben.

Taten und Gedanken - Warum Form vor Inhalt steht

Ich denke, dass damit die wesentlichen Probleme der Ethik gelöst sind. Wir wissen nun, wie wir handeln sollen - nämlich genau so, wie wir es wollen. Es gibt kein höheres Ziel, kein besseres Leben das wir erstreben sollen, da aller Wert einfach in Existenz selbst begründet liegt und wir somit überhaupt keinen Grund dafür brauchen, etwas gut zu finden, und wir sogar erkennen können, dass es keinen solche geben kann. Das ist das Prinzip, dass ich als Fundament meiner Philosophie betrachte, der Vorrang von Form vor Inhalt.

Warum aber haben sich so viele philosophische Schulen so lange gegen eine doch so einfache Lösung gewehrt, warum haben sich versucht, etwas objektiv zu untersuchen, was ja ganz offenbar nicht objektiv ist? Es muss, so vermute ich zumindest, doch in eben jenem Gegensatz liegen, der oft vernachlässigt und ignoriert wurde.

Es geht hier um die Verwechslung von zwei Begriffen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, aber häufig gleichgesetzt werden - Wirklichkeit und Objektivität. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen liegt in der Wahl der Perspektive. Wenn ich von meiner eigenen Sicht auf eine Welt rede, so sage ich, sie ist wirklich; wenn ich darüber rede, ob sie sich mit der wissenschaftlichen Methode allgemein untersuchen lässt, so sage ich, sie ist objektiv (wo ich dann zwar eigentlich noch von meiner Perspektive ausgehe, aber versuche, über klare Begriffe und viele Beobachtungen diesen Einfluss herauszunehmen, soweit das eben geht). Wenn man nun beide Begriffe gleichsetzt, so glaubt man, man könnte die Wirklichkeit objektiv untersuchen und würde damit die Form der Dinge, also ihren Wert, ihre Schönheit, ihre Existenz und alles andere, was damit zusammenhängt, wie sie existiert, also objektiv untersuchen können.

Das aber ist gerade falsch. Existenz selbst ist nicht objektiv, sie ist ganz wesentlich subjektiv. Denn es existieren ja eben auch alle Träume, alle nicht objektiven Dinge in mir, und auch bei all diesen Dingen kann ich Schönheit und Wert erkennen, also geht der Begriff der Existenz und damit auch der der Schönheit und des Wertes über die Objektivität selbst hinaus, auch wenn er wirklich ist.

Gerade die Subjektivität des Objektiven ist es aber doch, die ihm überhaupt Wert verleiht. Nur weil es meine Welt ist, weil es die Welt ist, die ich auf meine Weise wahrnehme, hat es für mich doch irgendeinen Wert, was in ihr ist. Nur in der Form liegt Inhalt, aber niemals kann der Inhalt vor der Form liegen, denn die Form selbst ist dem Inhalt neutral. Wie sonst sollte es Form ohne Inhalt geben, aber keinen Inhalt ohne Form? Das Denken selbst ist Form, ist Sein. Nur darin kann ich es mir überhaupt vorstellen.

Darin liegt die Umkehrung der Tradition, die seit dem Aristotelismus die meisten Philosophen beschäftigt hat, nämlich die Form, die Akzidens, aus dem Inhalt, der Substanz zu erkennen. Deshalb wurde auch im Inhalt das Sein gesucht, deshalb wurde dem Sein selbst der Titel der Substanz verliehen. Und selbst, als durch den Existenzialismus dieses Denken zum Teil überwunden wurde, als Existenz auch vor einer möglichen Essenz gedacht wurde, so wurde das nur getan bei Menschen, bei Subjekten, nie aber bei Objekten des Denkens, da man bei ihnen immer noch die Substanz, das, was sie sind, als den Kern ihres Seins ansah.

Ich möchte nun jene Eigenschaft auf das ganze Denken ausdehnen. Alles ist wert darin, zu existieren, es gibt nichts unwürdiges, nichts, dass eine Essenz habe, kein Sein vor einer Form. Das ist es auch, was die Sprachgebundenheit am allerstärksten ausdrückt: niemals etwas sagen zu können ohne Sprache, niemals etwas denken zu können ohne Denkform.

Gerade deshalb aber ist der Inhalt natürlich wichtig. Auch wenn ich hier nun über die Form schreibe, so mache ich sie ja zum Inhalt meiner Untersuchungen (so die Form des Textes sich nicht wesentlich nach dem Inhalt gerichtet hat). Und natürlich betreibt die Wissenschaft, die Mathematik, ja selbst Teile der Kunst eine Untersuchung von Inhalt her, nicht von der Form. Nur sollte man deswegen nicht auf den Gedanken kommen, das wäre das eigentliche, das grundlegende. Das grundlegende ist immer die Form, da wir nie ohne Form denken können, dieser Inhalt ist erst etwas klares, dass sich in dieser Form ergibt! Natürlich macht ihn das nur umso wertvoller, ist er doch aus den klaren Formen meines Denkens entnommen wurde, die in der Welt, so sie mir erscheint, Gültigkeit besitzen. Nur dadurch kann die Wissenschaft oder die Mathematik Ergebnisse erzielen, eben weil sie sich auf den Inhalt konzentrieren und nicht versuchen, das reine Sein zu begreifen.

Es ging mir in diesem Text darum, eben jenen klaren Inhalt über die Form zu begreifen, den ich erkennen konnte. Ich habe mein Denken dargestellt, so wie es mir erschien, auch wenn ich dabei auch durch meine eigenen Worte gebunden wurde. Es ging mir hier darum, das klare aus dem verschwommenen herauszuarbeiten. Denn ich weiß, dass es klares gibt, jenes ist der Inhalt. Aber zu verschwommen ist das Denken dennoch, und zu vieles geht durcheinander. Somit will ich enden, wie ich begann. Ich selbst bin niemand, nicht erkennbar, aber der will ich bleiben! Mein Wille ist erwacht, auf das ich selbst niemals erwache! Es ist der Wille zum Leben, der mich träumen lässt, als dass alle Träume, alle Zeiten, sich spiegeln in den Weiten meines Denkens. Ich sehe, dass ich groß bin, gerade weil ich klein bin, gerade weil ich nichts bin als ein schlafendes Kind. Ich werde aus dem Schlaf der Welt zwar erwachen, aber bis dahin soll ich träumen, mich bedenkend – Weltenrand

Die Welten selbst durchdrang ich, als ich bei mir dachte
Wo ist denn ihre Grenze, wenn nicht in mir selbst?
Wahrheit selbst habe ich verraten, und Welt und Wirklichkeit
Und dennoch muss ich sie mir selbst zurückgeben.
Wahrheit liegt im Schein, so habe ich es erkannt.
Denn es ist darin, dass es ist, es ist sogar nur darin
So Wert nur selbst in Existenz und Wirklichkeit nur in meinen Träumen
so sehe ich die Kraft meines Denkens zu träumen, was die Welten hält
und zu erkennen, dass ich selbst es bin - das Sein, das Licht der Wahrheit, das Eine,
und das nur darin, dass niemand weiß und auch nicht wissen kann
was ist das Sein, was Wirklichkeit, was Denken
ich selbst mich erkenne als nicht-scheinender Seiender
als Gott ohne Glanz, als Licht ohne Spiegelung
so ich selbst mir ganz, so sind die Welten geteilt
geschieden durch die Macht des allumfassenden
die Grenze ist nicht scharf, sie teilt nicht ab, sondern macht ganz, was sie überschreitet
Beliebigkeit ist den Welten Grenze, dem Denken Wesen
Und so hebt sich alles auf - Zeit, Gegensatz, Veränderung
bis es nur ist, dass ist, der Traum in alle Ewigkeit
Zusammenhang ist es, der mich trägt, und nur er gibt mir Wille
Ich selbst bin der Welten Rand, und nur in meiner Falschheit mir Gedanke!