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Individuierung und Abstraktion

Zum Problem objektiver Begriffsbildung

Lukas Nagel

4./5. November 2016

Bei der Beschreibung, was es bedeutet, eine Sache objektiv zu bestimmen, wird nicht zuletzt ihr Begriff als das zentrale angesehen. Es ist schließlich allein ein sauberer Begriff einer Sache, die sie als besonderen Term festlegt, einzig eine Definition, die ihren Wert im Gedacht-Sein als objektiver Begriff darstellt. Aber mir scheint es genau diese Begrifflichkeit zu sein, die auch das wesentliche Problem der objektiven Untersuchung darstellt, insofern sie eine Verschränkung der objektiven und subjektiven Daseinsarten impliziert.

Die zentrale Frage lautet also: Sind objektive Begriffe nach einem Inhalt bestimmt, oder sind sie gleichfalls nur Namen? Besitzen sie nur Extension, oder auch Intension? (Oder ist Intension auch immer Intention und damit subjektiv?)

Ich möchte zunächst noch einmal anmerken, wie subjektive Begriffe gewonnen werden. Aus meiner Sicht ergibt sich folgender Prozess:

  1. Zunächst ist eine Sache nur durch Intuition zugänglich. Alle Intuition ist zunächst etwas individuierendes, insofern sie einzelne Eindrücke von sich gibt; sie werden natürlich gleichwohl in eine Umgebung hinein gedacht, aber dies immer erst nach dem Sehen. Denn im Sehen selbst kann ich die Sache überhaupt nicht fassen oder einordnen, da ich dazu wissen müsste, was sie ist; ich kann zwar mir sinnliche Muster merken, also eine Sache wiedererkennen, aber selbst das ist schon mehr als Intuition, erfordert es doch eine Erinnerung uns ein Bewusstsein der Gegenständlichkeit einer Sache.

  2. Der Übergang ins Sprachliche beginnt bei der Annahme der Existenz der Sache im Benennen. Dass ich der Sache einen Namen gebe, erschafft sie als Objekt des Denkens (und nicht nur des Sehens); aber insofern es nur Name ist, ist sie mir gleichsam ein innerlich fremdes. Ich kann hier noch gar nicht wissen, was eine Sache ist, blo0 dass sie da ist, wird mir in ihrem Erscheinen als zu benennendes Seiendes deutlich. (Damit ist dieser Schritt gleichbedeutend damit, jedem Erscheinenden auch ein Dasein als Gedanke zuzusprechen)

  3. Im nächsten Schritt meines Denkens wandelt sich der benannte Schatten, das unverständliche Etwas, zum Phänomen. Das Phänomen ist immer noch nicht gegenständlich, es ist keine bestimmte Sache, aber es hat Eigenschaften. Aber diese Eigenschaften sind sehr sonderbar, denn sie sind gerade keine positiven oder negativen Eigenschaften, sondern schlicht solche, die durch ihr alleiniges Wahrgenommen-Werden zugleich wahr und falsch sind. Sie sind, dass sie sind, und auch, dass sie nicht sind. Denn auf dieser Ebene des Phänomenalen können alle Eigenschaften des Gegenübers gehen und verschwinden wie sie wollen, da sie immer für sich genommen werden. Und da keine Aussage an sich wahr oder falsch ist, sind sie beides und keines.

  4. Nun wandelt sich das Phänomen zum Gegenstand. Dieser Wandel ist der eigentlich rätselhafte, denn hier werden nun einige Ideen als wirklich, andere als gespenstisch abgetan. Somit ist der Gegenstand ganz wesentlich seine positive und negative Determination, aber eine innere Determination. Denn noch darf kein anderer Gegenstand überhaupt angenommen werden, um solche Eigenschaften entsprechend zu werten; denn jeder Vergleich zu anderen Dingen beruht ja bereits auf Eigenschaften, die also in den Gegenständen schon vorhanden gewesen sein müssen, bevor man sie vergleich kann (Phänomene, Ereignis-Wolken lassen sich nicht vergleichen, insofern ihr zusammenbringen nur alle Eigenschaften des einen auch dem anderen Phänomen zuschreiben würde und umgekehrt, wie ja auch in unmittelbaren Erscheinungen erst Sachen erkannt werden müssen, bevor man sie unterscheidet). Wie das aber möglich ist, das ist mir ein Rätsel, denn ohne Bezug auf eine andere Sache kann ich ja gar nicht wissen, was konsistent als Welt zu denken ist. Ich kann eigentlich nur darauf hoffen, dass meine erste widerspruchsfreie Interpretation der Sache genau die Eigenschaften auch als wirklich zuschreibt, die sich im Vergleich zu anderen Gegenständen als richtig wird herausstellen können. (Ansonsten kommt man zu dem Punkt, wo man merkt, dass die ganze Frage falsch gestellt ist da die Grenzen der Gegenstände schlicht falsch gezogen wurde, wie etwa bei optischen Täuschungen über Zusammenhang und Trennung).

  5. Jetzt betrachte ich verschiedene Gegenstände im Kontrast zueinander. Da ich ja vorher bereits jedem Gegenstand alle mir denkbaren Eigenschaften bereits zu- oder abgesprochen habe, kann ich jetzt den Unterschied oder die Gleichheit dieser Gegenstände erkennen. (Bedenke, dass alle Eigenschaften hier wiederum stets Intuitionen sind, keine Abstraktionen, als solche überhaupt noch nicht gebildet sind).

  6. Wenn ich also diese Unterschiede oder Gleichheiten betrachte, dann kann diese wiederum als Sache erfassen. D.h. ich gehe den selben Prozess erneut durch, von dem unbenannten Schatten zum benannten Schatten zum Phänomen zum Gegenstand, bis ich diesen Unterschied wiederum im Unterschied oder in Gleichheit bestimmter anderer Dinge (womöglich ebenfalls Kontrasten) betrachten kann. Was aber bringt mir das?

    Ich behaupte, dass auf diese Weise alle abstrakten Begriffe entstehen. Denn wenn ich sage, eine Sache unterscheide sich in einer gewissen Intuition von einer anderen, und ich viele ähnliche solche Unterschiede habe, wo der Unterschied der Intuitionen in den Gegenständen die gleiche Eigenschaft betrifft, dann sind alle Unterschiede ja gerade darin gleich, dass sie dieselbe Eigenschaft betreffen. Diese Gleichheit aber kann ich erneut als Sache fassen, und der durch diese Sache erzeugte Gegenstand ist dann nichts weiter als die Eigenschaft, in deren Unterschied die Urteile bestanden haben.

    Ich kann also jede Eigenschaft, die als Intuition in den Gegenständen liegt, als Intuition gefasst selbst zum Gegenstand nehmen. Auf diese Art also stammt das Allgemeine, das Abstrakte, aus dem Konkreten und den Urteilen seiner Unterschiedlichkeit untereinander.

  7. Ich kann nun aber auch den umgekehrten Weg gehen. Denn nun, nachdem ich die Eigenschaft an sich (man mag auch sagen, die Idee) aus den Kontrasten der Einzeldinge gewonnen habe, kann ich ja genau diese Beziehung selbst wieder zur Intuition nehmen. Betrachte ich nun eine einzelne Sache, kann ich also genau das Verhältnis einer abstrakten Eigenschaft, die durch Kontraste konkreter Dinge in ihren Intuition entstand, zu dieser einzelnen Sache (die den entsprechenden Kontrast besitzt) nun aber selbst wieder als eine Intuition deuten, die auf die Sache zutrifft (als Eigenschaft des Gegenstandes, wie im 4. Schritt beschrieben). D.h. ich schreibe der Sache die abstrakte Eigenschaft rückwirkend zu, die durch die konkreten Kontraste auch in dieser Sache überhaupt erst erzeugt wurde.

    Ich kann sogar noch weiter gehen und diese abstrakten Eigenschaften der Dinge wiederum kontrastieren, und somit Kontraste der verschiedenen Teilhabe-Status von abstrakten Ideen betrachten, und somit Abstraktionen 2. Ebene schaffen, die die Eigenschaft, eine Eigenschaft zu besitzen, ausdrücken, usw. bis ins Unendliche und Transfinite. Wichtig ist, dass all diese Abstraktionen durch ihren Bezug auf die Gegenstände selbst fundiert bleiben, während umgekehrt die Zahl der Intuitionen im Bezug auf eine Sache unbegrenzt wächst.

    Auf diese Art hat daher das Abstrakte, das Allgemeine, einen deutlichen Vorrang vor den Einzeldingen, insofern die Begriffe der einzelnen Dinge (als Sammlung ihrer Eigenschaften) wesentlich durch die Teilhabe zu abstrakten Konzepten und deren Kontrastionen (den Ideen 2. Stufe) etc. bestimmt sind.

Wir gelangen zu folgendem Resultat: Im Vornherein sind Dinge intuitiv bestimmt, im Nachhinein als Gegenstände begrifflich (d.i abstrakt). Die Abstrakta stammen selbst aus den Intuitionen, sind aber später Teil von ihnen; insofern gibt es einen Vorrang der Sache vor ihrem Gegenstand.

Das alles gilt nur für subjektive Existenz. In Bezug auf das subjektive ist das alles auch einleuchtend, aber im objektiven wird es deutlich schwieriger. Denn das objektive selbst wird durch jene Begrifflichkeit ja mitkonstituiert, obwohl seine zentrale Aufgabe es ist, die Begrifflichkeit in Bezug auf Intuition zu erläutern!

Betrachte folgendes: Sofern du etwas objektiv benennen kannst, ist das immer nur darin, dass es zugleich begrifflich bestimmt und eindeutig bezeigbar ist. Es ist diese doppelseitige Be-Zeichnung, die Objektivität erst möglich macht. Denn würden wir zwar beide eine Intuition einer zeigbaren Sache haben, aber kein Wort, so wüssten wir nichts davon, weil wir es nicht sagen könnten, und hätten wir zwar Worte aber keine Intuition oder noch schlimmer Worte, aber nur nicht zeigbare Intuitionen, dann wüssten wir zwar, dass wir beide etwas denken, aber überhaupt nicht, dass wir etwas ähnliches denken. Nur weil ich sehe, dass wir gleichzeitig dasselbe sprechen und auf dasselbe zeigen, kann ich den Glauben an das Fremdpsychische (als regulative Idee) aufrecht erhalten, d.i. glauben, dass auch der andere sieht, dass wir gleichzeitig dasselbe sprechen und auf dasselbe zeigen. (Wir müssen überdies nicht annehmen, dass unsere Gedanken darüberhinaus irgend ähnlich ist, da jeglicher solchen Annahme die Unterstellung unterliegt, dass Verständigung im Inhalt auch Verständigung im Denken sei. Ich glaube aber vielmehr, dass jegliche gute Kommunikation nichts ist als eine Reihe von Missverständnissen, aus der wir alle unsere jeweiligen Schlüsse ziehen, insofern wir eben nur unmittelbar annehmen können, dass wir beide denken, auf dasselbe zu zeigen und zu sprechen, und uns dann vom Inhalt der Intuition des anderen in seiner Andersartigkeit zu unserer nicht durch Vermittlung, sondern gerade durch unser Missverständnis zu versichern)

Die wesentliche Frage aber ist doch folgende: Wie kann ich überhaupt objektiv von Gegenständen und nicht nur von zeigbaren Intuitionen oder Phänomenen sprechen, wenn die Konstitution der Gegenstände selbst zwar ursprünglich isoliert erfolgen kann (und man somit auf Zeigbarkeit hoffen mag), aber ja dann durch unsere Kontrastion und dann noch mehr durch die abstrakten Eigenschaften, die man den Gegenständen nachher zuspricht (und durch die selbst die Phänomene schon Kontraste enthalten), kein Gegenstand als einzelner mehr bezeichnet werden kann. Anders gesagt: Wie kann ich also auf dasselbe zeigen und dasselbe sagen, wenn, was ich sage (d.i. ein Wort und damit immer ein abstrakter Begriff, sofern er Bedeutung hat), immer schon durch den Bezug auf anderes bestimmt ist, und dabei auch durch solches, worauf ich nicht zeigen kann? (Denn die Kontraste, die die Begriffe der Eigenschaften bilden, sind ja rein gedanklich, bevor sie zur Intuition werden, und somit sicherlich nicht zeigbar).

Oder haben letztlich alle objektiven Begriffe, die wir benutzen, allein den Status von Namen? Sind sie doch nicht Begriffe 7., sondern eher 2. Stufe?

Das hätte gewaltige Auswirkungen auf die gesamte Wissenschaft. Es hieße, dass wir uns nicht einfach mit unseren Begriffen missverstehen, sondern dass wir die Rolle vom Begriffen im Gespräch selbst missverstehen. Wir glauben, mit anderen in komplexen Begriffen zu sprechen, die einen reichen Hintergrund in unserer Sprache haben; aber in Wirklichkeit sprechen wir nur die Namen von Gegenständen aus, auf die wir zeigen, und all der reiche Hintergrund, der Kontext unserer Wahrnehmungen in den Begriffen, geht völlig verloren.

Ich glaube in der Tat, dass das die einzige Möglichkeit ist. Denn allein so ein Begriffsverständnis kann uns irgendwie näherbringen, warum wir überhaupt unsere Begriffe erläutern müssen. Nur wenn alle Worte, die wir benutzen, nichts sind als Namen, dann kann unser Zeigen überhaupt mit unserem Reden übereinstimmen, ohne dass die mit dem Zeigen verknüpften Intuitionen (d.s. die Eigenschaften der Phänomene) gleich bleiben müssen (was wir ja als Voraussetzung von Kommunikation angenommen haben).

Das aber ist eine höchst seltsame Situation, denn sehr viele der Begriffe, die wir tatsächlich verwenden, sind eben keine Namen, Es sind Abstraktbegriffe, die erst durch Kontraste von Gegenständen gebildet sind, oder selbst Begriffe von Gegenständen, aber doch nicht nur ihre Namen als reine Bezeichnungen ihrer Andersartigkeit. Wie kann man das also erklären?

Wir müssen uns dazu bewusst werden, das der ganze oben beschriebene Prozess der Begriffsbildung selbst gerade kein intuitiver Prozess ist. Er benötigt die Fähigkeiten, zunächst Intuitionen miteinander zu verbinden (also Phänomene zu bilden), dann die Eigenschaften einer Sache zu- oder abzuschreiben, Kontraste zwischen Gegenständen zu bilden und diese Kontraste selbst als Begriffe zu nehmen, um sie den Phänomenen zuzuschreiben. Dies alles sind ja Fähigkeiten, die an sich vorhanden sein müssen, und die deshalb Teil des Denkvermögens a priori sind. Die Ideen Fremdheit, Existenz, Phänomen, Gegenstand, Kontrast, Abstraktion und Anwendung sind also als Abbilder der begriffsbildenden Stufen selbst im Denken desjenigen, der sich über sie bewusst wird, notwendig vorhanden, mithin sind sie selbst Transzendentalien.

Damit aber habe ich eine Möglichkeit, meine Gedanken zu erläutern: Ich kann eben diese Schritte also im Bezug auf konkrete, zeigbare und benennbare, d.i. be-zeichenbare Objekte, gerade dadurch erläutern, dass ich jeden Schritt durchgehe. Ich muss also erst alle Intuition benennen, dann angeben, welche ich für vereinbar halte, dann die Kontraste zwischen den Gegenständen erläutern und dadurch dann Abstrakta definieren und schließlich die Anwendung der Abstrakta auf das Konkrete vorführen.

Diese Demonstration meines Denkprozesses einem anderen gegenüber ist aber vom Vollzug dieses Prozesses selbst streng zu trennen. Während mein Denkprozess mir die Voraussetzung von ernsthafter Beschäftigung mit einem Thema ist, besteht dieser Kommunikationsprozess ja gerade daraus, dasjenige zu erläutern, was mir ermöglicht, zu denken (und nicht zu sprechen). In gewisser Form ist mir das Transzendentale auch nur auf diese Weise zugänglich, denn in meinem Denken selbst ist es ja bereits vorausgesetzt, in der Kommunikation wird es aber gerade durch ihren Status als Missverständnis in Frage gestellt, wodurch allein es dann überhaupt erst in seinem transzendentalen Wesen erkennbar wird (als es das ist, ohne was ich nicht fragen könnte).

In der Kommunikation ergibt sich somit folgende Abfolge, in Analogie zur subjektiven Erkenntnis:

  1. Unverständnis, Schweigen
  2. Benennen des Zeigbaren
  3. Beschreiben der Eindrücke
  4. Eingrenzen der Eigenschaften
  5. Unterscheiden von etwas anderem
  6. Definition von Abstrakta
  7. Anwenden von Abstrakta

Diese Schritte sind nun aber nicht mehr gedanklich, sondern kommunikativ. Und von ihnen ist einzig der zweite Schritt wirklich in der Kommunikation; die Gegenständlichkeit muss im Denken des Gegenübers vorausgesetzt werden, man kann sie in der Sprache nicht erkennen, insofern diese immer benennend und nie inhaltlich beschreibend ist.

Es ist nun aber so, dass jede solche Erläuterung selbst bereits diese Gegenständlichkeit voraussetzt; ob diese überhaupt zu vermitteln ist, und wenn ja wie, ist eine der schwierigeren Fragen, auf die ich (ähnlich wie auf das Rätsel der unkontrastierten Eigenschaftszuschreibung) noch keine rechte Antwort kenne.

Wörter, die sich nun aber nicht nach diesem Schema erläutern lassen, sind nun noch problematischer. Denn sie lassen sich eben nicht auf die Gleichzeitigkeit von Sprechen und Zeigen reduzieren, sondern haben intrinsisch subjektive Qualitäten; Wörter wie das Gute, Wahrheit, Gerechtigkeit, das Göttliche etc. Diese Wörter können also überhaupt nicht durch Erläuterungen dargelegt werden, weswegen man auch nicht über sie, sondern nur mit ihnen streiten kann. Ich muss immer schon eine Vorstellung von Gerechtigkeit oder Göttlichkeit haben, um über Politik oder Religion überhaupt reden zu können, ohne solche Vorstellungen werden diese Ausdrücke sinnlos (und sind dann im schlechten Sinne metaphysisch). Aber wenn man solche Vorstellungen besitzt, dann können solche Diskussionen durchaus inhaltlich reich sein und bilden dann sogar den eigentlichen Kern wirklichen Denkens.

Wichtig ist eben nur, dass es sich dabei nicht um objektive Diskussionen handelt. Es geht hier nicht darum, die Missverständnisse im kommunikativen Handeln zu erkennen, vielmehr geht es darum, aus meiner eigenen Perspektivität die Worte des anderen so zu verstehen, wie ich sie verstehe (und nicht, wie der andere sie versteht); denn jede Erläuterung meines Verständnisses würde fehlschlagen, als sie entweder zirkulär, dogmatisch oder regressiv sein müsste (wie es im skeptischen Trilemma ja seit der Antike dargelegt ist), weil es eben keine letzte Grundlage der einzelnen Sinneswahrnehmung gibt, auf die man sich stützen könnte. Aber ich kann versuchen, für mich selbst Aussagen über diese Begriffe zu bewerten, und sie als Ausgangspunkt meiner Überlegungen zu nehmen.

Nichts anderes ist Philosophie. In der Philosophie geht es immer darum, solche rein subjektiven Begriffe zu nehmen und aus ihnen mein eigenes Denken zu erklären. So kann die Ethik niemandem vermitteln, was gut ist, die Erkenntnistheorie niemals, wie man etwas erkennt, die Metaphysik nie erklären, was Wahrheit ist, die Theologie keinen Glauben erschaffen und die politische Theorie niemanden politisieren; nein, alle diese Disziplinen haben die Aufgabe, die Intuitionen, die schon immer in uns liegen, uns zu erläutern und damit sie unserer eigentlichen Fremdheit darzulegen.

Sie sind nämlich gerade darin fremd, dass sie vom Zeigbaren entfernt sind. Sie sind nicht dieses oder jenes, sie lassen sich nicht wirklich definieren, sie lassen sich nur darin deuten, worauf sie zutreffen. Und was den rätselhaften Begriff des Begriffes selbst und seinen ebenso unverstandenen Gegenbegriff des Namens betrifft, so hoffe ich, hier doch diese Fremdheit einigermaßen deutlich gezeigt zu haben.