Übersicht Text als PDF

Über die Metaphysik der Zeit und ihre Rückführung auf die kritisch-kindliche Weltsicht.

In diesem kurzen Text will ich eine Frage besprechen, über die viel gestritten wird, auch wenn sie meiner Meinung nach eine ziemlich einfache Antwort hat.
Es geht um die Frage, was Zeit ist. Bevor ich meine eigene Theorie vorstelle, will ich die wesentlichen Theorien zusammenfassen:

Ich glaube nun, dass die Frage nach einer Entscheidung zwischen diesen Theorien unsinnig ist.
Alle sind gleichermaßen richtig, allerdings unterscheiden sich hier jeweils unsere Begriffe von Gegenwart und Zeit.
Das zu zeigen ist mein Ziel. Die Vereinigung der vier Theorien bildet die kindliche Zeitauffassung.

Beginnen wir mit der B-Theorie. Sie entsteht, wenn wir die Zeit von Dingen außer uns betrachten.
Denn in jedem einzelnen Moment erscheint uns die Zeit, solange sie sich auf äußere Dinge bezieht, räumlich.
Diese Räumlichkeit bildet auch den Kern davon, dass sie nicht fließt. Sie ist nur, da sie nur die Relationen von bereits als existierend gedachten Ereignissen beschreibt.
Sie ist damit kein Prozess mehr, da sie sich nicht mehr auf etwas handelndes bezieht.

Aber das schließt das Fließen der Zeit nicht aus. Denn all jene Starrheit bezieht sich nur auf Relationen von Ereignissen.
Wir aber sind nicht in dieser Welt, sondern vor ihr. Deshalb können wir die Zeit fließen lassen, auch wenn sie starr ist.
Denn meine Sicht auf die Welt ist nie dieselbe, sie ändert sich. Wenn ich das erkenne, sehe ich Fließen.
Damit existiert hier auch die A-Theorie, sie enthält nur immer auch die B-Theorie auf unentwirrbare Weise.

Denn zu jedem Fließen in der A-Theorie gibt es eine ganze Zeitdimension, ja ein ganzes 4-dimensionales Universum als B-Theorie.
Zeit im fließenden Sinne ist damit die Beobachtung unseres eigenen Weltbilds. Aber was ist das anderes als das Transzendentale?
Hier kommen wir nun wieder zurück zur kantischen Auffassung der Zeit als innerem Sinn.
Da wir das Fließen nur an uns sehen können, ist es innerlich. Es kann auch gar nicht äußerlich sein, da es kein Fließen im starren Raum gibt.
Denn, wie schon Augustinus richtig bemerkte, gibt es Zeitdauer nur in der gegenwärtigen Ewigkeit (d.h. in der B-Theorie-Ebene, der Raumzeit).
Das kommt auch daher, dass wir im Fließen der Zeit wir ja unsere Perspektive beobachten, aber sie ja auch vorraussetzen, um sie beobachten zu können.
Somit können wir in der Zeit nach der A-Theorie nichts beobachten im physikalischen Sinne, wir können höchstens eine Veränderung der Sicht auf das Selbe betrachten.

Aber wir können das Fließen hier sogar von der Zeit noch auf den Raum übertragen. Auch im Raum fließen wir, und wir sehen unsere eigene Bewegung wie den Fluss der Zeit.
Eben darum macht es einen Unterschied, ob wir uns eine Bewegung vorstellen oder uns vostellen, dass wir uns bewegen.
Denn im ersten Fall ändert sich nur das Bewegende, im zweiten Fall aber die ganze Perspektive auf die Welt.
Nur wenn wir die Perspektive versuchten zu abstrahieren, als Teil von unserem Körper zu begreifen, der auch in der Welt ist, nur dann sind diese Bewegungen gleich.
Aber wir können unser Weltbild nicht unserem Körper zuordnen, denn es ist a priori. Es liegt vor der Welt, nicht in ihr.
Darin ist der Ankerpunkt der Perspektive von der Perspektive verschieden. Er ist nur der hypothetische Ort der Perspektive, der aber gar nicht existiert.
Und das Fließen im Raum kann ebenfalls nicht Messung sein, denn wir können gar nicht einschätzen, ob wir uns oder sich die Welt bewegt.

Somit lässt sich die A-Theorie als Selbstbewegung und B-Theorie als Fremdbewegung deuten.
Allerdings beobachten wir die Selbstbewegung von Innen, nicht von Außen.
Wir beobachten nicht die Veränderung vom Perspektivpunkt, sondern von der Perspektive.
Wenn wir nämlich nur den Perspektivpunkt als Teil der Welt betrachten, so ist das dasselbe, als würden wir uns als stehend und die Welt als sich bewegend sehen.
Denn beides ergibt dieselbe Beobachtung, wie es Einstein in der Relativitätstheorie so umfassend gezeigt hat.
Aber die Bewegung der Perspektive selbst ist etwas anderes. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine Änderung des Inhalts, sondern der Form.
So wie wir zu verschiedenen Zeiten die Welt auf andere Weise (und nicht nur blos anderes) sehen, so sehen wir die Welt auch anders an anderen Orten.
Diese Verschiedenheit ist aber nur im Bezug zu einem gedachten Fixpunkt denken, da wir sonst die Verschiedenheit der Sicht von der der Dinge nicht unterscheiden können.
Denn all jene Zeiten und Orte liegen in einer gemeinsamen Perspektive. Wir müssen in ihr die Veränderung der Perspektive erkennen, nicht über sie hinaus.
Das geht aber nur, wenn wir wissen, ob sich die Welt geändert hat, oder nur unser Blick auf sie.
Da wir das aber gar nicht feststellen können, können wir innerhalb unserer Weltsicht nur eine einzige Perspektive annehmen, für die beides dasselbe bedeutet.

Jene alles umfassende Perspektive nenne ich das Jetzt. Denn alle Zeit, sowohl die Relationen der Dinge als auch die Veränderungen in meinem Weltbild, sind mir gegenwärtig.
Sie müssen mir auch gegenwärtig sein, um sie denken zu können. Eben darum ist eine absolut vom Jetzt verschiedene Vergangenheit und Zukunft unmöglich.
Dieses Jetzt verneint also nicht die anderen Zeiten, sondern schließt sie geradezu mit ein als Erkenntnisgrund a priori in der Sinnlichkeit, wie Kant es richtig beschrieben hat.

Somit glaube ich, dass die 4 dargelegten Theorien keineswegs widersprüchlich sind, sondern sich im Gegenteil unbedingt benötigen.
Ihnen liegt die gleiche Logik zugrunde, wenn auch verschiedene Wörter, um sie zu beschreiben.
Ich hoffe, ich habe damit auf das Problem eine halbwegs zufriedenstellende Antwort gegeben. Zumindest, was diese Theorien betrifft.