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Der ewige Moment - Die kindliche Vorstellung des zeitllichen Daseins

Viel gestritten wird über den rechten Gang der Zeit
Gewunden wird er immer, und ist Grund für viele Qual
Das was er sollte sein, das kann er nimmermehr
Denn was noch einst so wahr, das kann nun nicht mehr sein.

Ich möchte mit diesem Text auf die sogenannte Zeitkrise eingehen.
Herangetragen wurde mir das Problem durch den Podcast Zeitgenossen, der es in sehr ausführlicher Form behandelte.
Doch es wunderte mich von Anfang an, wie so etwas entstehen konnte.
Mir erschien das eigentlich völlig unmöglich. Warum sollte Zeit denn verschwinden?
Ich will hier nun darlegen, warum es im kindlichen Denken so etwas nicht geben kann.
Dabei weiß ich nicht, ob mir irgendjemand glauben wird, was ich schreibe
Denn gebunden sind wir wie sooft in den Grenzen unserer eigenen, kleinen Sprache.
Doch will ich es klar erklären, so klar wie es eben geht.

Alles ist jetzt. Denn was ich jetzt nicht denken kann, ist nicht.
Vergangenheit und Zukunft sind eins - sie sind unerreichbar.
Wir sind immer jetzt, denn wir kommen über unseren Moment niemals hinaus.
Somit gibt es uns nur das Jetzt. Wir sind einzig.
Denn auch unsere vergangene Identität ist nicht wir. Sie ist in uns, als Vorstellung der Geschichte.

Zeit ist nur soweit, wie wir uns an sie erinnern. Geschichte sind Spuren der Zeit.
Spuren in unserem Denken - Spuren in unserer Welt.
Im Gedanken wird der Augenblick unendlich. Er vergeht nicht, denn nur in bezug zu ihm vergeht Zeit.
Aber damit ist der Moment kein Punkt. Er verstreicht nicht, weil nichts ist, worin er verstreichen könnte.

Unser Dasein muss jetzt sein, anders ist es nicht. Unser Denken ist die ganze Welt.
Damit ist unser Dasein weltumfassend. Es ist so, dass alles, was ist, nur darin wirklich ist.
Leben ist Welt. Denken ist Zeit. Unser Dasein ist ewig, ewig in der Gegenwart.

Die Zeit geht nicht vorüber, wir schieben sie voran.
Denn nur wenn wir denken, vergeht überhaupt Zeit.
Das unzeitige Leben bedeutet Gedankenstillstand.
Aber in uns ist die Zeit ewig.
Durch unser Denken schieben wir die Zeit doch hinweg
hinweg über die Unendlichkeiten aller Welten.

Zeit entsteht aber erst, wenn wir unser Denken zur Welt sehen. Denn nur in bezug zur Welt vergeht Zeit.
Der denkende Augenblick ist unendlich, eben das zeigt die Unzeitigkeit des weltlosen Denkens.
Zeit ist nicht an sich notwendig, sie ist es nur, wenn wir ein Bewusstsein der Welt haben.
Denn mit dem Bewusstsein der Welt kommt ein Bewusstsein der Geschichte.
Ohne Welt ist keine Geschichte. Denn Geschichte setzt voraus, dass sie über etwas ist.
Wir selbst sind uns kein Gegenstand. Wir haben keine Geschichte, nur Gegenwart.

Damit kann es gar nicht sein, dass wir keine Zeit haben.
Wir haben Zeit. Denn wir haben sie erschaffen.
Wir nehmen sie uns blos nicht. Darin liegt alle Zeitproblematik.

Worin liegt also die Lösung? Was ist es, dass uns hindert, uns unsere Zeit zu nehmen?
Ich denke, dass der einzige Grund in unserer eigenen Gleichgültigkeit liegen kann.
Denn unsere Neugier und Phantasie, der Kern unserer Kindlichkeit, nimmt sich Zeit.
Gerade das heißt ja denken, phantasieren, neugierig sein.
Damit kann Zeitnot nur aus Langeweile entstehen.

Man kann sich nicht für zu viel interessieren. Denn nur die Gegenwart zählt. Das, was uns jetzt interessiert.
Natürlich müssen wir dabei zwischen unendlich vielen Möglichkeiten auswählen, die uns alle interessieren.
Aber das genau bedeutet es, sich zu entscheiden.
Man kann sich nur dann nicht entscheiden, wenn man die Existenz der Welt als Ganzes verneint.
Zeitnot ist Weltverneinung. Denn es ist die Weigerung, sich zu entscheiden, sich zu konzentrieren.

Wenn man aber kindlich denkt, kann das nicht passieren.
Denn dann ist das jetzt wahr, und sonst nichts.
Das eben wollte ich hier zeigen, um zu zeigen, wie nichtig all das ist.

Ergänzung
Aus der Nichtigkeit der Zeitnot stammt auch die Nichtigkeit der Zukunft.
Der Tod, die Nichtigkeit des selbst, ist selbst nichtig. Denn er existiert nicht.
So mit der Zeit auch unser Denken endet, endet mit unserem Denken die ganze Welt.
So kann das Ende der Welt unmöglich in der Welt selbst stattfinden.

Konzentration, Entscheidung ist letztlich nichts als eine Ausprägung der Neugier.
Somit ist die Zeitnot ein Phänomen der Langeweile.
Die Zeitkrise ist nur ein weiteres Ergebnis der Langeweile, die die Welt durchzieht.
Nur wahres Interesse an der Welt selbst kann diese Langeweile brechen.

Diese Größe in sich zu finden ist Ziel der Philosophie der Kindlichkeit.
Sie will es durch die Erkenntnis der eigenen Nichtigkeit erwecken.
Denn wenn man begriffen hat, das man nichtig ist, ist das interessant.
Mag die Welt noch so langweilig sein – die Existenz der eigenen Phantasie überbietet die Langeweile des gewöhnlichen.